Privilegiertes Verhalten? Lesbisches Paar wird ausgeschafft
Die US-Amerikanerin hatten Indonesien als preiswertes und LGBTIQ-freundliches Land beschrieben
In ihrem Buch bezeichnet Kristen Gray Bali als kostengünstigen und queer-freundlichen Ort zum Leben und gibt Tipps, wie man die strengen Einreisebestimmungen umgehen kann. Jetzt müssen sie und ihre Partnerin Indonesien verlassen.
Für Kristen Gray ist Bali das ultimative Paradies: günstig zum Leben und «queer-friendly». So preist sie die indonesische Urlaubsinsel in ihrem Buch «Our Bali Life is Yours» an (etwa: «Unser Leben in Bali kann auch deins sein»). Die Regierung hat wenig Freude an der Gratiswerbung. Im Gegenteil: Kristen Gray und ihre Partnerin sind nun in Ausschaffungshaft.
Wie die indonesische Einwanderungsbehörde in einer Mitteilung schreibt, habe Gray mehrfach gegen das Einwanderungsgesetz verstossen, indem sie in ihrem Buch Informationen verbreitet habe, wie man als Ausländer*in die strengen Einreisebestimmungen aufgrund von COVID-19 umgehen könne.
Des Weiteren störe Gray mit ihren Aussagen die «öffentliche Ordnung», so die Behörde. Dazu gehöre unter anderem die Bezeichnung, Bali sei «queer-friendly» und «leicht zugänglich» für Ausländer*innen während der Corona-Pandemie. Zudem seien die Aufenthaltsgenehmigungen von Gray und ihrer Partnerin bereits abgelaufen.
Auf Twitter hatte Gray von den Vorzügen ihres Lebens als «digitale Nomadin» auf Bali geschwärmt. «Die Insel ist fantastisch, weil sie uns einen höheren Lebensstandard und tiefere Lebenshaltungskosten ermöglicht», twitterte sie von ihrem mittlerweile auf privat gestellten Konto und bewarb die E-Version ihres Buchs, die für 30 US-Dollar erhältlich ist. «In Los Angeles bezahlte ich 1300 US-Dollar für mein Studio. Jetzt habe ich ein Baumhaus für 400.»
Grays Schwärmereien kamen vor allem bei indonesischen User*innen nicht gut an. Ihr Verhalten sei ein Beispiel westlicher Privilegien, lebe doch über ein Viertel der Bevölkerung Indonesiens knapp über der Armutsgrenze. Ausländische Staatsangehörige, die sich auf Inseln wie Bali niederlassen, würden die Kosten für Einheimische in die Höhe treiben.
Der Begriff «queer-friendly» stiess vor allem Mitgliedern der LGBTIQ-Community sauer auf. Für die meisten Indonesier*innen sei Bali kein queer-freundlicher Ort, sagte ein Aktivist gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP: «Aufgrund der frappierenden Homophobie, die wir täglich erleben, lebt eine Mehrheit von uns ungeoutet.»
Tatsächlich gerät die staatliche Verfolgung von LGBTIQ-Menschen in Indonesien immer wieder in die Schlagzeilen, jüngstes Beispiel von November 2020: Einem schwulen Paar in der Provinz Aceh an der Nordwestspitze der Insel Sumatra drohten 100 Peitschenhiebe wegen «illegaler sexueller Orientierung» (MANNSCHAFT berichtete). Selbst Comics mit schwulen Figuren sind den Behörden ein Dorn im Auge. Im Februar 2019 drohte die Regierung mit der Deaktivierung von Instagram im ganzen Land, sollte der Comic «Alpantuni» nicht sofort von der Social-Media-Plattform verschwinden.
Kristen Gray dementiert die Vorwürfe der indonesischen Regierung. «Ich bin nicht schuldig, mein Visum ist nicht abgelaufen und ich habe in Indonesien keine indonesische Rupiah verdient. Ich habe ein Statement bezüglich LGBTIQ gemacht und werde nun ausgeschafft, weil ich LGBTIQ bin», sagte sie gegenüber der Presse. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte Grays Anwalt, dass ihr Visum für soziale und kulturelle Zwecke bis 24. Januar 2021 gültig sei.
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