Princess Charming: «Jugendliche schreiben mir wegen Queerfeindlichkeit»
Zum Coming-out-Day äussern Fachpersonen Besorgnis über Queerfeindlichkeit an Kölner Schulen. Auch Promis wie Princess Charming Irina Schlauch melden sich zu Wort.
Wie sicher ist ein Coming-out an meiner Schule? Diese Frage dürften sich einige Schüler*innen anlässlich des internationalen Coming-out-Day am 11. Oktober stellen.
Laut Berichten von Jugendorganisationen und Aufklärungsprojekten ist die Situation für LGBTIQ-Jugendliche an Kölner Schulen weiterhin besorgniserregend. Untersuchungen zeigen, dass etwa jede zweite Person in der Schülerschaft bereits Opfer von Queerfeindlichkeit durch Mitschüler*innen oder Lehrkräfte geworden ist.
Anhaltende Queerfeindlichkeit an Schulen
Die Ergebnisse einer im Juni veröffentlichten Studie hatten in Schulen und der Politik für Aufsehen gesorgt, jedoch wurden bisher keine spürbaren Massnahmen ergriffen, wie der Verein Anyway Köln in einer Medienmitteilung schreibt. «Obwohl wir die Zahlen in Jugendhilfeausschuss und Schulausschuss vorgetragen haben, gibt es bisher keine Konsequenz», sagt Vorstandsmitglied Jürgen Piger.
Anyway betreibt mehrere Jugendtreffs in der Stadt und engagiert sich in der Aufklärungs- und Antidiskriminierungsarbeit. «Lesbische, schwule, bisexuelle, trans, inter und queere Schüler*innen werden buchstäblich im Regen stehen gelassen», fügt Piger hinzu.
Zu einem Projekt von Anyway gehört auch das Aufklärungs-, Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt Wissen ist Respekt (WiR*). Junge queere Erwachsene engagieren sich dort und gestalten Workshops zur Sensibilisierung für LGBTIQ-Themen.
Prominente Unterstützung
Das Projekt zählt auch prominente Botschafter*innen, darunter Irina Schlauch, bekannt aus der Realityshow «Princess Charming». «Ich muss leider feststellen, dass mir immer mehr Jugendliche auf Instagram schreiben, die an ihren Schulen mit Queerfeindlichkeit konfrontiert werden», sagt sie. Sie habe bis vor kuzerm immer den Eindruck gehabt, dass Queerness an Schulen immer selbstverständlicher werde. «Umso schockierender ist die aktuelle Entwicklung, die ich zu einem grossen Teil auf die zunehmende Mobilisierung gegen queere Menschen durch rechtsextreme Parteien zurückführe, aber auch darauf, dass sich immer mehr junge Menschen abgehängt und allein gelassen fühlen.»
Auch der Journalist und Moderator Benni Bauerdick ist vom Projekt «WiR*» überzeugt. Sein eigenes Coming-out in einem Dorf im Sauerland sei nicht ganz einfach gewesen. Es fehlte an Vorbilder. «Queere Sichtbarkeit ist so wichtig, damit sich junge Menschen in ihrem Coming-out-Prozess nicht allein fühlen. Auch in einer Stadt wie Köln, die augenscheinlich so offen und bunt wirkt – in der Diskriminierung und Anfeindung von queren Menschen aber trotzdem noch an der Tagesordnung sind», sagt er.
«Ich hätte mir in meiner Schulzeit geschulte Anlaufstellen gewünscht.»
Nyke Slawik, Politikerin
Projekte wie «WiR*» seien wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagt Nyke Slawik, Mitglied des Deutschen Bundestag (Bündnis 90/Die Grünen) für den Wahlkreis Leverkusen – Köln IV. «Ich hätte mir in meiner Schulzeit geschulte Anlaufstellen und Peer-to-Peer-Projekte gewünscht, bei denen ich nicht erst für Verständnis werben muss», sagt sie.
«Queerfeindlichkeit gewinnt an Akzeptanz»
Laut Dominik Weiss, Projektleiter von «WiR*», nimmt die Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft insgesamt zu. «Wir bemerken, wie gerade ein Rechtsruck durch die Gesellschaft geht», sagt er. Jüngste Proteste gegen CSD-Veranstaltungen sowie die Normalisierung von queerfeindlichen Äusserungen, etwa aus dem Umfeld der AfD, würden zeigen, dass diese Einstellungen in der Gesellschaft immer weiter an Akzeptanz gewinnen.
Auch in den Aufklärungs- und Antidiskriminierungsworkshops des Vereins gibt es zunehmend Schwierigkeiten. Es komme immer häufiger zu verbalen Angriffen und Störungen durch Schüler*innen, schreibt Anyway in der Medienmitteilung. «Wir machen niemanden schwul und wollen auch niemandem eine Meinung überstülpen», sagt Weiss.
In Zeiten knapper Budgets befürchtet der Verein Anyway, dass auch bei Projekten wie den Aufklärungsworkshops gekürzt wird. «Das wäre angesichts steigender Queerfeindlichkeit genau der falsche Schritt», warnt Jürgen Piger. Er fordert mehr finanzielle Mittel, um der sich verschärfenden Situation für LGBTIQ-Jugendliche entgegenzuwirken und nachhaltige Unterstützung bieten zu können.
Welche Fragen zu Sexualität und Identität gehen Jugendlichen durch den Kopf? LGBTIQ-Menschen und Allys versuchen ihnen im Klassenunterricht eine Antwort zu geben. Wir drücken mit Barbara, Noeh und Peter die Schulbank.
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