Prep und die Krankenkasse: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Sämtliche Schweizer Krankenkassen müssen die Kosten für die Prep übernehmen – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind
Ab 1. Juli 2024 können Versicherte in der Schweiz ihre Prep-Medikamente über die Krankenkasse abrechnen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
In anderen Ländern ist die Kostendeckung der Prep schon lange Realität, nun zieht die Schweiz nach. Ab 1. Juli können Personen mit erhöhtem Risiko ihre Prep-Medikamente über die obligatorische Krankenpflegeversicherung abrechnen. Die Massnahme wurde im Rahmen des neuen nationalen Programms «Stopp HIV, Hepatitis B-, Hepatitis C-Virus und sexuell übertragene Infektionen» (NAPS) vom Bundesrat im Herbst 2023 verabschiedet (MANNSCHAFT berichtete) und soll dazu beitragen, dass es bis 2030 zu keinen neuen HIV-Übertragungen mehr kommt.
Im Hinblick auf die Kostenübernahme informierte die Aids-Hilfe Schweiz über die Details der Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Wir haben die wichtigsten Informationen zusammengestellt.
#1 Für welche Personen werden die Kosten übernommen? Gemäss Verordnung des Bundesrats können nur Personen der folgenden Gruppen die Prep über ihre Krankenkasse abrechnen:
- Männer (cis und trans) sowie trans Frauen, die mit Männern Sex haben, und mindestens 1 der folgenden Kriterien erfüllen:
- Du hast Analsex ohne Kondom.
- Du möchtest Analsex ohne Kondom haben.
- Du hattest eine STI-Diagnose in den letzten 12 Monaten.
- Du hattest eine HIV-PEP in den letzten 12 Monaten.
- Du konsumierst Substanzen zum Sex.
- Männer (cis & trans) sowie trans Frauen, die mit Männern Sex haben
#2 Was sind die Bedingungen für eine Kostenübernahme? Für eine Kostenübernahme musst du vier Voraussetzungen erfüllen:
1. Du bist in der Schweiz krankenversichert. 2. Du erfüllst die Kriterien zur Kostenübernahme. 3. Deine medizinische Fachperson ist bei SwissPrEPared. 4. Deine medizinische Fachperson ist berechtigt, über die Krankenkassen abzurechnen.
#3 Was kostet die Prep? Die Kosten für Prep setzt sich zusammen aus den Kosten für das Medikament, die medizinischen Leistungen und für die Analysen im Labor.
Sie belaufen sich bei täglicher Prep-Einnahme auf etwa 2000 bis 2500 Franken pro Jahr. Diese Kosten werden – abzüglich der Kostenbeteiligung – von der Krankenkasse übernommen.
#4 Wird die Prep durch eine Kostenübernahme der Krankenkasse kostenlos für mich? Wie bei allen medizinischen Leistungen in der Schweiz fallen Kosten an. Diese werden auch bei Prep geltend gemacht. Die Kostenbeteiligung besteht aus drei Teilen:
1. Prämie: Du bezahlst einen monatlichen Beitrag. Die Höhe der Prämie hängt von diversen Faktoren (z. B. Wohnort) ab. Kläre ab, ob du in deinem Wohnkanton Anspruch auf Prämienverbilligung hast. 2. Franchise: Du kannst jährlich wählen, wie viel du selbst bezahlst, bevor die Krankenkasse übernimmt. Du kannst zwischen 300 und 2500 Franken wählen. Je höher diese Franchise, desto tiefer deine monatliche Prämie. 3. Selbstbehalt: Sobald du deine Franchise abbezahlt hast, werden dir fortlaufend 10% deiner Gesundheitskosten verrechnet – bis zum maximalen Betrag von 700 Franken pro Jahr.
#5 Soll ich meine Krankenkasse wechseln? Nein. Die PrEP wird durch die Grundversicherung übernommen und muss damit, wenn du die Voraussetzungen erfüllst, von jeder Krankenkasse bezahlt werden.
#6 Soll ich meine Franchise anpassen? Vielleicht. Oft ist die tiefste Franchise finanziell sinnvoller: Bei einer täglichen Einnahme verursacht die Prep bereits Gesundheitskosten von bis zu CHF 2500. Sobald noch weitere Kosten dazu kommen, z. B. eine STI-Behandlung, Psychotherapie oder eine Lungenentzündung, lohnt sich finanziell die tiefste Franchise für dich – auch wenn die monatliche Prämie dann höher ist. Wählen in jedem Fall entweder die tiefste (CHF 300) oder die höchste (CHF 2500) Franchise, alles dazwischen ist finanziell nachteilig. Du kannst die Franchise jeweils bis am 30. November für das nächste Jahr anpassen.
#7 Kann ich die Prep auch nicht über die Krankenkasse abrechnen? Das ist grundsätzlich möglich. Allerdings bieten nicht alle Ärzt*innen die Möglichkeit zur Selbstzahlung.
#8 Ich bin über meine Eltern krankenversichert und möchte nicht, dass meine Eltern erfahren, dass ich PrEP nehme. Was kann ich tun? Das ist im Schweizer System schlecht gelöst. Aber es gibt durchaus Möglichkeiten, dass deine Eltern nicht davon erfahren. Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet – Datenschutz und ärztliche Schweigepflicht gilt auch gegenüber den eigenen Eltern.
Lassen dich bei einer Fachstelle für sexuelle Gesundheit anonym und kostenlos beraten – die Aids-Hilfe Schweiz kann auch bei einem Gespräch mit den Eltern unterstützen.
#9 Meine ärztliche Fachperson ist nicht bei SwissPrEPared. Was kann ich tun? Es gibt drei Möglichkeiten: 1. Deine Fachperson schliesst sich SwissPrEPared an. Alle Infos dazu finden sich online. 2. Du bleibst bei deinem Arzt oder bei deiner Ärztin, bezahlst aber die gesamten Kosten selbst ohne Abrechnung über die Krankenkasse. 3. Du wechselst zu einem SwissPrEPared-Zentrum. Für Personen mit Hausarztmodell, Telemedizin oder ähnlichen Modellen braucht es dazu eine Dauerüberweisung.
#10 Muss ich bei SwissPrEPared teilnehmen, damit meine Prep über die Krankenkasse bezahlt wird? Nein, deine Teilnahme bei SwissPrEPared hat keinen Einfluss auf die Abrechnung der Prep. Es können aber nur Arztpraxen, Spitäler oder Gesundheitszentren abrechnen, die bei SwissPrEPared assoziiert sind.
#11 Wenn meine Prep von der Versicherung übernommen wird: Wissen dann alle, wie oder mit wem ich Sex habe? Deine persönlichen Daten, die bei SwissPrEPared erfasst werden, werden nicht weitergegeben. Allerdings kann die Krankenkasse bei deiner ärztlichen Fachperson für die Kostenübernahme nachfragen, ob du zu einer der qualifizierten Personengruppen gehörst – und zu welcher. Solche medizinischen Angaben dürfen nur an den vertrauensärztlichen Dienst weitergegeben werden. Die Krankenversicherung erhält lediglich die Information, dass du Prep einnimmst.
#12 Ich bin im Militärdienst und damit über die Militärversicherung krankenversichert. Wird die Prep übernommen? Das ist aktuell durch den Rechtsdienst der Aids-Hilfe Schweiz in Abklärung (Stand Mai 2024).
#13 Ich habe eine Franchise von 2500 Franken, denn ich kann mir die monatliche Prämie bei einer Franchise von 300 Franken nicht leisten. Was kann ich tun? Die Gesundheitskosten sind für viele Menschen in der Schweiz eine grosse Belastung. Kläre unbedingt ab, ob du in deinem Wohnkanton Anspruch auf Prämienverbilligung habst. Insbesondere, wenn du weitere Gesundheitskosten haben wirst, lohnt sich finanziell eine tiefe Franchise – auch wenn die monatliche Belastung höher ist.
#14 Meine Krankenkasse weigert sich, die Kosten (ganz oder teilweise) zu übernehmen. Was kann ich tun? Die verschreibenden Ärzt*innen müssen mit deiner Krankenkasse in Kontakt treten und mittels Schreiben auf die Indikation und die gesetzliche Verpflichtung zur Kostenübernahme hinweisen. Bei Uneinigkeit kann die Ombudsstelle Krankenversicherung weiterhelfen.
Wenn das nicht gelingt, sollen sich Ärzt*innen an den Rechtsdienst der Aids-Hilfe Schweiz wenden.
Diese Fragen und Antworten wurde gemeinsam von der Aids-Hilfe Schweiz und SwissPrEPared erarbeitet.
Mehr: True Crime und queere Geschichte – 3 Shows zum Start in den Pridemonat (MANNSCHAFT berichtete)
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