Sachsen: Polizei und Community wollen Gewalt gegen LGBTIQ stoppen
Queere Vereine und Vertreter der Polizei trafen sich jetzt im LKA
Anfang der Woche trafen sich Vertreter*innen von Sachsens queerer Community in grösserem Umfang mit der sächsischen Polizei im Landeskriminalamt in Dresden. Langfristig will man die Anzeigebereitschaft bei Delikten im Bereich der Hasskriminalität erhöhen.
Seit bald einem Jahr gibt es bei der Polizei eine zentrale Ansprechstelle für LGBTIQ in Sachsen (MANNSCHAFT berichtete). Sie ist im LKA in Dresden ansässig und im Gegensatz zu vergleichbaren Stellen in anderen Bundesländern wie etwa Berlin oder Hamburg (MANNSCHAFT berichtete) weniger gut ausgestattet. Aber: es ist ein Anfang.
Auf Einladung der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Queeres Netzwerk Sachen sowie der Zentralstelle für polizeiliche Prävention des Landeskriminalamtes fand nun ein erstes Treffen statt, zur Sensibilisierung und zum Netzwerken. In diesem Rahmen sollten «vorhandene Vorurteile abgebaut und die weitere Zusammenarbeit vertieft werden», wie es, sehr vorsichtig ausgedrückt, in einer Pressemitteilung heisst. Wie gesagt, man ist noch ganz am Anfang, auch wenn man im Rahmen des Landesaktionsplans zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen bereits seit zwei Jahren mit der sächsischen Polizei zusammen arbeitet.
«Dieses Treffen ist ein weiterer wichtiger Schritt, um eine Vertrauensbasis zwischen Polizei und queerer Community zu schaffen», erklärt Britta Borrego, geschäftsleitende Bildungsreferentin der LAG Queeres Netzwerk Sachsen.
Entscheidend sei, dass alle fünf hauptamtlichen Opferschutzbeauftragten der Polizeidirektionen teilgenommen haben. Denn diese fungieren auch als die polizeilichen Ansprechpartner für LGBTIQ in Sachsen.
Des weiteren waren Vertreter*innen des LSVD Sachsen, des Gerede e.V., des different people.V., Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V., des Präsidiums der Bereitschaftspolizei, der Polizeifachschulen, der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) sowie des Fortbildungszentrums Bautzen am Netzwerktreffen beteiligt. In Arbeitsgruppen wurden Erfahrungen ausgetauscht und erste Abstimmungen einer künftigen Zusammenarbeit auf regionaler und Landesebene getroffen.
Vera Ohlendorf, Projektmitarbeiterin der LAG Queeres Netzwerk Sachsen beschreibt die Arbeitsatmosphäre vom Montag als durchweg offen und konstruktiv. «So konnten wir auch Möglichkeiten einer gegenseitigen Unterstützung in der Aus-und Fortbildung besprechen sowie weitere Arbeitstreffen auf regionaler Ebene vereinbaren.»
Auf dieser Grundlage soll die Kooperation zwischen den Opferschutzbeauftragten, den Polizeidienststellen und Sachsens queeren Vereinen ausgebaut und gefestigt werden. Damit kämen alle Beteiligten der gemeinsamen Zielstellung näher, so Britta Borrego. Die Anzeigebereitschaft bei Delikten im Bereich der Hasskriminalität soll erhöht werden, also Straftaten, die als menschenverachtend und demokratiefeindlich zu sehen sind. Hehres Ziel sei es zudem, diese Straftaten schlussendlich einzudämmen.
198 Erfahrungen mit schwerer oder leichter Körperverletzung Eine Studie der LAG aus dem vergangenen Jahr zeigte, dass viele Vorfälle offenbar gar nicht zur Anzeige gekommen sind. Homo- und bisexuelle sowie trans Personen berichteten von insgesamt 1672 Fällen vorurteilsmotivierter Gewalt in den vergangenen fünf Jahren, davon waren 198 Erfahrungen mit schwerer oder leichter Körperverletzung.
Expert*innen gehen – nicht nur in Sachsen – von einer Dunkelziffer aus, die bei 80 % oder noch höher liegt. Einer der Gründe: Viele queere Menschen, vor allem die älteren, erinnern sich noch gut an die Zeiten, als die Polizei nicht ihr «Freund und Helfer» war, sondern der Gegner. Paragraph 175, der Homosexualität unter Strafe stellte, wurde in Deutschland erst 1994 abgeschafft.
«Auch wenn wir in unseren Bemühungen noch immer am Anfang stehen, so haben wir die Grundlage doch schaffen können. Wir ermutigen die sächsische Polizei ausdrücklich diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen», so Borrego. Langfristig bedürfe es dazu aber auch der Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften und auch hauptamtliche Ansprechpersonen für LGBTIQ bei den Behörden dürften dann kein Tabu mehr sein.
Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Queeres Netzwerk Sachsen ist der Dachverband der sächsischen Organisationen und Vereine, die sich für die gleichberechtigte Teilhabe von LGBTIQ in Sachsen einsetzen. Der Sächsische Landesaktionsplan zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen enthält ein Kapitel zu Gewaltprävention und Opferschutz von LGBTIQ und bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit von Polizei und queerer Community.
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