Rechte Aktivisten greifen Wiener LGBTIQ-Zentrum an
Nächtliche Aktion vor Türkis Rosa Lila Villa
Das Wiener LGBTIQ-Zentrum erlebt einen erneuten Hassangriff. Symbolisch wurde von Rechten die amtliche Schliessung verkündet.
In der Nacht zum Mittwoch brachten rechte Aktivisten ein Transparent und Plakate an der Fassade der Türkis Rosa Lila Villa in Wien an. Zum vermeintlichen «Kinderschutz» wurde dabei die Schliessung der Villa propagiert und gegen die dort stattfindenden Kinderbuchlesungen von Drag Queens gehetzt. Hier würden kleine Kinder «indoktriniert», hiess es dazu von «patriotischen Aktivisten», die sich in Beiträgen etwa bei Twitter zu dem Angriff bekannten und die Villa als «Tatort» diffamierten. Die Behörden seien «untätig», daher müsse man selber aktiv werden, so die Gruppe «Widerstand in Bewegung».
Bewohner*innen der Villa hatten gegen 5 Uhr früh die Polizei gerufen. Drei österreichische Staatsbürger (18, 21, 21) sollen Flugzettel in der Linken Wienzeile verstreut sowie Plakate aufgestellt und aufgehängt haben, bestätigte die Wiener Polizei auf MANNSCHAFT-Anfrage. Die Texte darauf «machten den Anschein, dass diese darauf abzielen, eine bestimmte Gruppe in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.» Aus diesem Grund seien die drei Personen wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt worden, Flugzettel und Plakate habe man sichergestellt.
Marty Huber, seit den 1990er Jahren in der Villa aktiv, erklärte in einer Presseaussendung: «Regenbogenfamilien sind ein wichtiger Teil dieser Community und sie brauchen anerkennende Räume der Freude, der Kultur und Literatur. Kinderbuchlesungen sind Teil dieses Lebens, Drag Queens vermitteln diese Freude ohne Angst und ohne Stigma an den Möglichkeiten der Vielfalt teilzuhaben». Huber weiter: «Kinderbuchlesungen sind offen für alle Familien, die für sich und ihre Kinder eine andere Welt als das lächerliche Patriarchat erträumen.»
Wir sehen diese Form von Terrorismus mit grosser Sorge.
Die immer wieder aufkeimenden Sticheleien durch Politiker*innen und Personen des öffentlichen Lebens ermutigten Menschen, ihren Hass auszuleben und befeuerten ein Klima der Unsicherheit, dessen Folgen gefährlich werden können, so Huber. «Wir sehen diese Form von sogenanntem stochastischem Terrorismus mit grosser Sorge. Die Politiker*innen und öffentliche Personen, die in dieser Form Hass befeuern, sind für die Angriffe, die ihren Worten folgen, zur Verantwortung zu ziehen. Wir stellen uns ganz eindeutig gegen die Versuche der Spaltung und für eine solidarische und antipatriarchale Gesellschaft.»
Wenige Stunden nach dem Angriff besuchte SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner gemeinsam mit SPÖ-ler*innen Nicole Berger-Krotsch, Stephan Auer-Stüger und Markus Rumelhart die Türkis Rosa Lila Villa. Die Politiker*innen betonten ihre Solidarität mit dem LGBTIQ-Zentrum: «Einmal mehr greifen Rechtsextreme einen Ort der LGBTIQ-Community an – dieser feige Angriff traf heute ein Haus, in dem nicht nur Veranstaltungen stattfinden, sondern in dem auch Menschen leben. Das ist absolut inakzeptabel und darf in einer demokratischen Gesellschaft null Toleranz erleben! Unsere volle Solidarität gilt den Aktivist*innen der Villa!»
Für die SPÖ sei klar, dass dieser Angriff eine direkte Reaktion auf die Hetze gegen Kinderbuchlesungen seitens der Wiener FPÖ gewesen sei (MANNSCHAFT berichtete).
«Die rechte Hetze und der Kulturkampf in Trump-Manier haben handfeste Konsequenzen», betont Lindner, der den Angriff im Plenum des Nationalrats zum Thema machen will. «Rechtsextreme greifen ein Community-Zentrum an, während Menschen dort schlafen, und Familien müssen am Weg zu Kinderbuchlesungen durch einen Polizeikorridor: Die einzigen, die Kinder gefährden, sind die Hetzer*innen von der FPÖ!» Die SPÖ fordert angesichts der Ereignisse bundesweit erneut ein entschiedenes Vorgehen gegen Hasskriminalität und die bessere polizeiliche Überwachung rechtsextremer Aktivitäten.
In der Vergangenheit war die Türkis Rosa Lila Villa mehrfach homofeindlich beschmiert worden. «Tötet Schwule» war 2014 an die Hausfassade gesprayt worden, später auch in serbischer Sprache.
Im Rahmen der Vienna Pride 2022 hatte die Dragqueen Candy Licious zu einer Kinderbuchlesung geladen. Rechtsextreme mauerten den Eingang zur Bücherei Mariahilf in Wien zu (MANNSCHAFT berichtete).
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