Nazi-Vergleich: Kardinal Koch will Aussagen nicht zurücknehmen
Ein Nazi-Vergleich belastet das Verhältnis der deutschen Bischöfe zum Vatikan. Der Kardinal, der die Parallele gezogen hat, bleibt bei seinen Aussagen. Eine prompte Reaktion kommt von der Stadt Schwäbisch Gmünd.
Der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch will umstrittene Aussagen mit einem Verweis auf die Nazizeit nicht zurücknehmen. «Ich antworte umgehend, kann aber meine grundsätzliche Aussage nicht zurücknehmen, und zwar schlicht deshalb, weil ich keineswegs den Synodalen Weg mit einer Nazi-Ideologie verglichen habe, und ich werde dies auch nie tun», schrieb der ehemalige Bischof von Basel in einer von der katholischen Tagespost veröffentlichten Stellungnahme (MANNSCHAFT berichtete).
Koch (72) hatte zuvor in einem Interview mit der Tagespost gesagt, es irritiere ihn, wenn nun neben den anerkannten Quellen des katholischen Glaubens auch neue Erkenntnisse hinzugezogen werden sollten, um die Lehre anzupassen. «Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten „Deutschen Christen“ Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.»
Die «Deutschen Christen» waren eine protestantische Strömung, die das Christentum an die rassistische Ideologie der Nazis anpassen wollte. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hatte Kochs Vergleich als «völlig inakzeptable Entgleisung» bezeichnet und eine sofortige öffentliche Entschuldigung gefordert. Andernfalls werde er offiziell Beschwerde beim Papst einreichen.
Im Rahmen des Reformprozesses Synodaler Weg erörtern die deutschen Katholiken derzeit, ob die katholische Lehre stellenweise weiterentwickelt werden muss. So sei die ablehnende Haltung der Kirche zu Homosexualität im Widerstreit mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Diese müssten berücksichtigt werden, fordern Reformer.
Koch bestritt in seiner Stellungnahme, dass er den Synodalen Weg mit der Mentalität der «Deutschen Christen» verglichen habe. «Ich muss wahrnehmen, dass Erinnerungen an Erscheinungen und Phänomene in der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland offensichtlich tabu sind», erklärte er. «Diejenigen, die sich von mir verletzt fühlen, bitte ich um Entschuldigung und versichere sie, dass dies nicht meine Intention gewesen ist und nicht ist. Meine kritische Rückfrage kann ich allerdings nicht zurücknehmen.»
Bischof Bätzing bezeichnete diese Stellungnahme in einer Reaktion als nicht zufriedenstellend. Koch mache sogar alles noch schlimmer, wenn er behaupte, die Erinnerung an die Nazi-Zeit sei in Deutschland offenbar tabu. «Mit Entschiedenheit weise ich diese neuerliche Unterstellung zurück», so Bätzing. «Nicht wir errichten ein Tabu, vielmehr ist es angesichts der Opfer des Nationalsozialismus ein Tabu, Vergleiche mit nationalsozialistischem Denken, das zu eben diesen Opfern geführt hat, mit irgendeinem heutigen Denken anzustellen.»
Kochs Behauptung, er habe den Synodalen Weg gar nicht gemeint, hält Bätzing für nicht überzeugend. Seine Aussagen ließen vielmehr keine andere Lesart zu, «als dass er die Synodalversammlung (…) den „Deutschen Christen“ gleichstellt und selbstverständlich, denn das ist der Sinn eines Vergleichs, stellt er die Synodalen damit in den Horizont des Regimes, das unvorstellbares Leid, insbesondere über das Jüdische Volk, gebracht hat». Er erwarte von Koch nach wie vor eine eindeutige Distanzierung.
Die Stadt Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg zog prompt Konsequenzen und lud Koch aus. Er werde sich an diesem Samstag nicht wie geplant in das Goldene Buch der Stadt eintragen, teilte ein Sprecher des Rathauses mit. «Im Rahmen der Äusserungen des kirchlichen Würdenträgers und die Diskussionen dazu ist eine solche Veranstaltung derzeit aus Sicht der Stadt nicht durchführbar», sagte der Sprecher.
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