Nacktfoto-Netiquette: Sollte man die intimen Bilder vom Ex löschen?
Sexting ist eine moderne Form des Flirtens. Aber was mit den Fotos machen, wenn Beziehungen enden?
«Ist es moralisch vertretbar, die Nacktfotos vom Ex weiterhin zu speichern?» Das fragt der Therapeut Dr. Chris Donaghue in einer Kolumne. Er ist Autor des Sachbuchs «Sex Outside the Lines: Authentic Sexuality in a Sexually Dysfunktional Culture».
Es geht um die «Nacktfoto-Etiquette», die jede*n betrifft. Über die aber selten öffentlich gesprochen wird, auch nicht in LGBTIQ-Kreisen.
«Stabile Beziehungen basieren auf tiefer Intimität und Übereinstimmung auf verschiedenen Ebenen», schreibt Dr. Donaghue. «Und Sex ist Intimität. Ob die Chemie zwischen zwei Personen stimmt, muss getestet werden. (…) Obwohl das Verschicken von Nacktfotos heute gang und gebe ist als Form des Flirtens, (…) sollte man sie mit Vorsicht versenden.» (MANNSCHAFT berichtete über Cybersex und Sexting als neuen Formen von Intimität.)
Denn: Sie seien nur für «die Augen einer anderen Person» bestimmt als «Zeichen von Vertrauen». Auch wenn Sexting ein «Geschenk moderner Technologien» sei, ein beliebtes Mittel der ersten Kontaktaufnahme, gäbe es leider genügend Leute da draussen, die das Ganze «gefährlich» machen würden.
«Rachepornos» Wegen des Phänomens von «Rachepornos» sei es vielerorts gesetzlich verboten, Nacktfotos bzw. Aufnahmen, die einem nicht selbst gehören, mit anderen zu teilen. Und es gelte, dass man Bildmaterial nicht legal besitze, bloss weil man es zugeschickt bekommen habe. (MANNSCHAFT schildert, wie häufig Menschen Nacktbilder, die ihnen zugeschickt wurden, mit anderen teilen.)
«Der einzige Zweck von Schnappschüssen unserer Körperteile ist der, zu flirten, Verbindungen aufzubauen, eine Beziehung zu starten, auch wenn sie auf Sex basiert. Dies in eine Waffe gegen uns zu verkehren – oder unser Vertrauen zu hintergehen und die Bilder anderen zu zeigen bzw. öffentlich zu machen – bricht dieses Vertrauen und bedeutet für alle anderen, dass uns eine schöne Sache vermiest wird.»
Dies in eine Waffe gegen uns zu verkehren (…) bedeutet für alle anderen, dass uns eine schöne Sache vermiest wird
Für Dr. Donaghue ist daher die Regel Nr. 1 der Nacktfoto-Etiquette: «Wenn ‹Dirty Pics› nicht länger gebraucht werden als Form von Sex und Intimität, weil die Beziehung beendet ist, sollte man die Bilder löschen.» Denn es gäbe, laut Donaghue, genügend neue Bilder von anderen Leuten, auf die wir uns freuen könnten, nicht zu vergessen, die unendlich vielen Amateur-Seiten, wo man sich entsprechendes Material zuhauf anschauen könne. Gepostet von Menschen, die wollen, dass man sich dieses Material anschaut und dabei erregt. (Hier geht’s zu einem MANNSCHAFT-Artikel, dass Masturbieren und 21 Orgasmen pro Monat Protatakrebs vorbeugen.)
Integrität und Marktwert Der Therapeut mahnt, dass unsere Integrität auch unseren Marktwert erhöhe, wenn es um künftige Dates gehe. «Seid vorsichtig, wenn Personen euch plötzlich Bilder von anderen zeigen, die ihnen geschickt wurden. Und animiert diese Freund*innen nicht noch, solches Material herumzureichen und zu teilen. Das ist Missbrauch von Intimität und Vertrauen», so Donaghue, der auch den Podcast «LoveLine» betreibt.
Sein praktischer Rat für alle, die neu in die Welt des Sexting einsteigen wollen: Zeigt niemals eure Gesichter auf den Fotos!
«Schon bald wird der Tag kommen, wo unsere nackten Körper draussen im Netz uns nicht mehr schaden und nicht mehr verwendet werden können, um unseren Ruf zu schädigen bzw. unsern Arbeitsplatz zu gefährden», schreibt Dr. Donaghue. «Stattdessen werden Nacktfotos dann als das gesehen werden, was sie sind: eine Spiegelung unseres Vertrauens in eine*n Sexpartner*in und Widerstand gegen Sexshaming sowie die Ausgrenzung von bestimmten Körperformen.»
Bis dieser Tag allerdings komme, solle man gefälligst etwas mehr Respekt an den Tag legen, wenn man eine «schöne Aubergine» im Posteingang vorfinde. (MANNSCHAFT berichte über die Verbindung von Emojis und besserem Sex.)
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