Trotz EuGH-Urteil: Rumänien erkennt dieses schwule Ehepaar nicht an
Der Europäische Gerichtshof hatte 2018 entschieden, dass EU-Staaten im Ausland geschlossene Ehen gleichgeschlechtlicher Partner teilweise anerkennen müssen, auch wenn sie im Land selbst nicht erlaubt sind
Für den Rumänen Adrian Coman war die Ehe nicht nur ein Liebesbeweis, sondern auch eine Möglichkeit, für seinen amerikanischen Ehemann eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Doch die Behörden in Rumänien weigerten sich. Die Männer zogen bis vor den Europäischen Gerichtshof und bekamen 2018 Recht (MANNSCHAFT berichtete). Umgesetzt ist das Urteil bis heute nicht.
Fast drei Jahre nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden hat, dass Rumänien ein gleichgeschlechtliches Paar nach dem EU-Gesetz zur Freizügigkeit anerkennen muss, hat die dortige Regierung das Urteil immer noch nicht umgesetzt.
Im Juni 2018 erliess der Gerichtshof der Europäischen Union ein wegweisendes Urteil, in dem anerkannt wurde, dass gleichgeschlechtliche Ehegatten auch Ehegatten im Sinne des EU-Freizügigkeitsrechts sind. Fast drei Jahre später hat Rumänien das Urteil immer noch nicht umgesetzt und dem Mann von Adrian Coman immer noch keine Aufenthaltserlaubnis in Rumänien erteilt. Zusammen mit der rumänischen LGBTI-Organisation ACCEPT hat das Ehepaar den Fall nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht, um dieses Versäumnis zu beheben und endlich ihre Rechte anzuerkennen.
In dem bahnbrechenden Urteil von Adrian Coman u.a. gegen Generalinspektor Pentru Imigr Inspri und Ministerul Afacerilor Interne (Coman ua) vom 5. Juni 2018 stellte der EuGH klar, dass der Begriff Ehegatte in der EU-Richtlinie zur Freizügigkeit ( 2004/38 / EG) gleichgeschlechtliche Ehepartner*innen umfasst, und dass die rumänischen Behörden sicherzustellen hätten, dass das EU-Recht gleichermassen und ordnungsgemäss umgesetzt werde, ohne Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Doch dies ist nicht geschehen.
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Katrin Hugendubel von ILGA Europe erklärte am Dienstag: «Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass das Gericht nicht nachdrücklich dafür sorgt, dass Rumänien das wichtige Urteil in der Rechtssache Coman uneingeschränkt respektiert. Es ist schwer zu erkennen, dass das weitere Ignorieren eines solchen öffentlichen und wegweisenden Urteils drei Jahre später nicht auf eine systematische Weigerung hinweist, den vom EuGH eindeutig festgelegten Grundsatz der Nichtdiskriminierung anzuwenden. Es ist ein trauriger Tag für die EU, dass sich das Ehepaar jetzt noch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden muss, um Gerechtigkeit zu finden.»
Adrian Coman und Clai Hamilton lernten sich 2002 in New York kennen. Schon nach dem ersten Date war den beiden klar, dass aus ihnen etwas Ernstes werden sollte. Nach drei Jahren zogen die beiden zusammen und fühlten sich glücklicher als je zuvor. Aus Freunden werden gemeinsame Freunde, auch ihre Familien lernen sich gegenseitig kennen. 2009 fand Coman einen Job beim Europäischen Parlament und zog dafür nach Brüssel. Die Trennung belastete das Paar, aber beide mussten Studiendarlehen abbezahlen und aufgrund der Finanzkrise sahen sie wenig andere Möglichkeiten. Coman machte Hamilton 2010 einen Heiratsantrag per Skype. Weil ihnen die Ehe in den USA zu dieser Zeit noch nicht offen stand, heiraten sie in Belgien.
Nachdem Adrians Vertrag 2012 ausgelaufen war, suchte er sowohl in Belgien und den USA als auch in Rumänien nach einem Job. Umziehen kam nur gemeinsam mit Clai in Frage. Auf dem rumänischen Konsulat wollte er darum ihre Heiratsurkunde umschreiben lassen, damit sein Mann eine Aufenthaltserlaubnis in Rumänien erhielt. Adrian wurde mitgeteilt, dass das nicht möglich sei. Er fühlte sich wie ins Gesicht geschlagen, traurig und erniedrigt. «Ich verliess das Konsulat mit einem Papier in der Hand, das sagte, dass die rumänischen Behörden meine Familie nicht anerkennen», sagt er. «Für sie war das egal, ich war ihnen egal, meine Ehe war ihnen egal».
Drei Millionen Rumänen wollten Referendum 2013 ging das Paar dann zusammen mit ACCEPT und der Anwältin Iustina Ionescu gegen die rumänischen Behörden vor. In ihrer Klage bezogen sie sich auf die europäische Freizügigkeit, die Hamilton als Ehegatten miteinschliessen sollte. Nach drei Jahren entschied das rumänische Verfassungsgericht gegen sie. Doch Adrian und Clai gaben nicht auf und zogen ihr Anliegen an den Europäischen Gerichtshof EuGH weiter, der ihnen im Juni 2018 recht gab: Rumänien muss ihr Recht auf Zusammenleben als Familie anerkennen, auch wenn es im Land keine Regelung zur Verpartnerung oder Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren gibt.
Seit der Entscheidung am EuGH ist in Europa bereits einiges passiert. Ein bulgarisches Gericht entschied zum Beispiel, dass ein französisch-australisches Paar das Recht hat, zusammen in Bulgarien zu leben. Die Öffnung der Ehe scheint in Rumänien aber weiter weg, als je zuvor.
Das Thema blieb politisch umstritten: Im Oktober 2018 fand eine Volksabstimmung statt mit dem Ziel, eine mögliche Öffnung der Ehe von Vornerein zu verhindern und dies entspechend in der Verfassung zu verankern (MANNSCHAFT berichtete. Ein gültiges Resultat setzt eine Wahlbeteiligung von 30 % aus. Nur knapp 20 % der Bevölkerung nahm den Gang an die Urne auf sich, von ihnen sprachen sich allerdings mehr als 90 % für eine restriktive Definition der Ehe aus.
«Wir haben gezeigt, dass die meisten Menschen nicht an eine Abstimmung über Menschenrechte glaubt», sagte Teodora Ion-Rotaru, Sprecherin von ACCEPT. Vorerst änderte sich also nichts am Verfassungstext, ein kleiner Hoffnungsschimmer.
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