Muskeln, Mädchen und Marky Mark – Die Blattkritik von Frank Richter
Der Comedian hat «Men's Health» gelesen
Frank Richter durchforstet die Medienlandschaft nach den wahren Perlen unter den Zeitschriften. Seine humorvolle Analyse erschien jeweils in der Printausgabe von Mannschaft Magazin.
An dieser Stelle muss ich etwas gestehen. Ich war mal Abonnent von Men’s Health. Allerdings nicht wegen des publizistischen Inhalts. Damals gab es als Gratisgeschenk zum Heft eine Al-Bundy-DVD. Die wollte ich unbedingt mein Eigen nennen. Weil ich es jedoch verpasste, während des Probeabos rechtzeitig zu künden, landete das Heft danach für weitere acht Monate in meinem Briefkasten. Ich kenne mich also aus mit den gängigen Themen des Magazins. Sie lassen sich auf wenige Stichworte reduzieren. Mehr Bizeps, weniger Bauch, willigere Weiber. Das Ganze ein wenig garniert mit teuren Autos und deftigen Burgerrezepten, einer Prise Fashion et voilà, fertig ist die allmonatliche Bibel der Selbstoptimierung.
«Ein leckeres Eiweisssäftchen mit 930 Kalorien und 43 Gramm Fett, also mehr als ein Drittel meiner empfohlenen Kalorien-Tagesdosis.»
Das aktuelle Cover ziert Schauspieler Mark Wahlberg. Der hat derb krasse XL-Arme. Viele wünschten sich, ihre Oberschenkel hätten so einen Umfang. Weil das ehemalige Unterhosenmodel ein netter Mensch ist, teilt er sein Trainingsgeheimnis mit den «Men’s Health»-Lesern. Allerdings erst, nachdem er wirklich jede abgelutschte Hollywood-Plattitüde zum Besten gegeben hat. Er fängt an mit «Ich hole stets alles aus mir raus» gefolgt von «Der einzige Weg, erfolgreich zu sein, ist hart zu arbeiten und das Richtige zu tun» und garniert seine Aussagen mit «Egal, was ich tue, ich will gut darin sein.» Wow, und ich dachte die Dialoge in Wahlbergs Filmen wären flach. Jedenfalls hält der 45-Jährige Wort und präsentiert den Lesern die Zauberformel für seinen Monsterbizeps. Achtung, festhalten: Es sind gerade mal drei Übungen. Liegestützen, Trizepsdrücken und Einbeiniges Aufsteigen. Ja, ist klar, Mark, verarschen kann ich mich selber.
Doch «Men’s Health» bietet mehr als Wahlbergs persönliches Fitnessrezept. Auf sieben Seiten präsentiert das Heft ein Workout, das in den eigenen vier Wänden durchgeführt werden kann. Vorausgesetzt, die eigenen vier Wände sind mit Kurz- und Langhanteln, Kettlebells, einer Klimmzugstange und einer Hantelbank ausgestattet. Ach ja, und Teppich wäre auch noch praktisch, weil zu schnell abgestellte Gewicht das Parkett beanspruchen können. Und die Ohren der Nachbarn.
Nach dem Workout darf natürlich der Proteinshake nicht fehlen. Wie gut, dass gleich vier leckere Rezepte mitgeliefert werden. Zum Beispiel das für den Schokoschocker. Ein leckeres Eiweisssäftchen mit 930 Kalorien und 43 Gramm Fett, also mehr als ein Drittel meiner empfohlenen Kalorien-Tagesdosis. Aber für Wahlbergs Arme würde ich die Brühe auch literweise trinken. Apropos Wahlberg: Wer mit dem Aussehen des Muskelpakets gesegnet ist, der muss sich beim Flirten wahrscheinlich nicht gross anstrengen. Allen anderen bietet «Men’s Health» die besten Flirttipps und Anmachsprüche.
Besonders gut muss gemäss dem Heft folgende Nummer funktionieren: «Weisst du, wie schwer ein Eisbär ist? Nein? Zum Glück wohl schwer genug, um zwischen uns das Eis zu brechen.» Der Kalauer soll beim Gegenüber für den Oooh-Effekt sorgen. Abgeraten wird hingegen von: «Sag mal, hast du eine gute Haftpflichtversicherung? Du hast mir nämlich gerade eben eine dicke Beule in der Hose verpasst.»
Ich ziehe nach neunzig Minuten «Men’s Health» folgendes Fazit: Während bei Frauenzeitschriften der Gewichtsverlust sowie Beziehungsprobleme im Vordergrund stehen, sind es bei Men’s Health die Gewichtszunahme und die Eroberung des weiblichen Geschlechts. Die Tipps sind grösstenteils nicht alltagstauglich, aber immerhin vergeht beim Lesen die Zeit. Ausserdem sind Wahlbergs Arme ein Schmankerl für die Augen. Halt krass, was man mit hartem Training und Photoshop alles hinkriegt.
Kaufempfehlung für … Fitnessfreaks, Arztpraxen, Flirtunfähige
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