Marcel Mann: Urlaub am Pool – aber die Barbie bleibt draussen!

Eine neue Folge der MANNSCHAFT-Kolumne «Mannstruation»

Marcel Mann (Foto: privat)
Marcel Mann (Foto: privat)

Der Comedian Marcel Mann hat Urlaub gemacht. Es sei ihm gegönnt. Urlaub mit Heteros. Das geht nicht immer gut, so wie damals auf Djerba.

Es ist 22:13 Uhr am Strand von Port D’Alcudia auf Mallorca. Eigentlich wollte ich eine Kolumne darüber schreiben, wie ich als Kind meine Meerjungfrauenbarbie nicht an den Hotelpool auf Djerba (Tunesien) nehmen durfte. Es wäre deep geworden. Ich komme später darauf zurück. Nun muss ich aber einsehen, dass dieses Thema nicht für sich allein stehen kann.

Wie ihr schon vemutet habt, bin ich im Urlaub. Also ich schreibe Rechnungen, ärgere mich über die Hausverwaltung und telefoniere mit einer Lokalzeitung, während ein Strand zugegegen ist. Meine Art von Urlaub. So richtig frei hat man als Selbständiger nie. Aber gut, das ist der Deal.

Nun sitzen wir zu viert (Personenbeschreibung folgt in wenigen Sekunden) auf einer Picknickdecke unter Pinien fünf Meter von der Brandung entfernt und das einzige Licht ist das des Mondes und der Promenadenbeleuchtung. Niemand ausser uns vieren ist am Strand. Und das obwohl die Ausgangssperre heute mit sofortiger Wirkung auf der Balearen-Insel gekippt wurde. Wir sind wohl die einzigen, die regelmässig die Lokalnachrichten lesen.

Zusammen mit einem befreundeten Paar und einer Ariane, die ihrerseits mit dem Paar befreundet ist und deren Mann noch mit Kind im Hotel 400 Meter fussläufig verweilt bis es vollends eingeschlafen ist, geniessen wir den Abend und hoffen, dass wir es bis 0 Uhr schaffen und somit unsere Pflicht des Reinfeierns erfüllt haben. Ariane feiert morgen Geburtstag und will wissen, wovon meine Kolumne handelt, die ich doch schon hätte abgeben sollen.

Urlaub mit Heteros. Wie ist das so?

«Schreib doch was über Urlaub mit Heteros», ruft sie und klatscht freudig in die Hände. Okay, zugegeben, sie hat es unhysterisch erwähnt und ihre Handflächen haben sich nicht akkustisch berührt. Aber mein Gott, künsterische Freiheit zur Dramatisierung der Situation. Ich muss kurz darüber nachdenken.

Urlaub mit Heteros. Wie ist das so? Eigentlich fast genauso wie mit normalen Menschen. Ariane hingegen findet, ich urlaube ausserhalb meines natürlichen, von Gott liebvoll beäugten Habitats. Meiner Meinung sind Heteros auch nur Menschen. Ich hab nichts gegen sie, solange sie mich nicht anfassen. Manchmal gucken sie sich Fischerdörfer an, essen Wurst, trinken und baden. Und bevor Ariane meine Urlaubssituation als erwähnenswerten Zustand deklarierte, habe ich keinen grossen Gedanken daran verschwendet. Ich könnte mir sogar vorstellen, es wieder zu tun. Bisher hat keiner den anderen geschubst, und unangenehme Missverständnisse zu doppeldeutigen popkulturellen Referenzen blieben auch aus.

Ob ich hingegen mit meinen Eltern erneut in den Urlaub fahren würde – ungewiss. Die Familientragödie erreignete sich im Sommer 1994 in einem Strandhotel auf Mittelmeerinsel Djerba. Der kleine Marcel wollte voller naiver Vorfreude seine realitätsfern-gestaltete Meerjungfrauenbarbie namens Schmarüelle (Name von der Redaktion, bestehend aus Marcel, stark verändert) mit an den Hotelpool nehmen. Aber nein, sein vermutlich aus Angst und Schamgefühl handelnder Vater namens Marcel senior (Name auf jeden Fall nicht geändert), erklärte ihm, das gehe leider nicht. Der Chlorgehalt des Kinderpools würde die nicht ganz naturroten Haare der Meernixe ratzeputze auffressen und so irreparabel ihr Selbstwertgefühl zerstören.

Toxische Männlichkeit steckte damals noch in den Kinderschuhen

Der kleine Marcel vertraute zu dieser Zeit noch den Märchen seines Vaters (aber nicht mehr lange) und beliess die Puppe in den privaten Gemächern der Familie. Erst Jahre später, eigentlich viel zu spät, fiel Marcel diese Geschichte wieder ein und ihn überkam Sorge, ordentlich verarscht worden zu sein. Und ja, laut der Mutter lag er richtig. Als Hobbychemikerin beäugte sie schon damals diese butterkeksdünne Behauptung ihres Gatten, aber toxische Männlichkeit steckte damals noch in den Kinderschuhen und sie wollte schliesslich auch nur saufen während der Clubtanz lief. Also keinen Stress anfangen.

Mittlerweile fallen dem damaligen Barbiebesitzer vereinzelt immer wieder Anekdoten ein, an denen der Zahn der Zeit genagt hat und sie dadurch aus heutiger Sicht als handfester pädagogischer Mumpitz erkennbar sind. Seltsamerweise flogen sämtliche Arabella-Kiesbauer- und Sonja-Zietlow -Talkshowfolgen mit Themen wie «Du bist zu hässlich, um eine gute Mutter zu sein», die im heimischen Kinderzimmer zur Grundakkustik gehörten, völlig unter dem elterlichen Radar.

Die Moral aus der Geschicht‘: Marcel ist immer noch schwul, die Barbie gibt’s auch noch, und eigentlich hiess sie Arielle, und Homosexualität ist voll okay. Liebe Grüsse gehen raus nach Djerba!

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