Mannstruation: Einatmen, ausatmen und nicht dabei platzen
Unser Kolumnist Marcel Mann mannstruiert wieder
Viele glaubten, in der Corona-Pandemie werde ihnen aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Selbstquarantäne die Decke auf den Kopf fallen. Auch Marcel Mann glaubt das. Das hat aber weniger dem Virus zu tun als mit den Nachbarinnen über ihm.
Manchmal möchte ich die Welt brennen sehen!! In diesem Sinne: Hallo ihr Lieben und entspannte Grüsse an eure beurlaubten Yogalehrer.
Die MANNSCHAFT kommt jetzt auch nach Österreich
Ihr fragt euch nun sicherlich erstaunt, wie so ein ausgeglichen wirkender junger Mensch wie ich, trotz gesunder Ernährungsweise und regelmässiger körperlicher Ertüchtigung am Weinregal, dermassen erbost sein kann? Es sind meine Nachbarn. Die Menschen, die mich von einer freistehenden Stadtvilla mit angrenzendem Ackerland träumen lassen,. Eigentlich sind sie ganz nett, aber auch irgendwie scheisse. Im Grunde genommen wie Popmusik Anfang der 2000er. Shout out an Atomic Kitten an der Stelle!
Über mir leben seit wenigen Monaten zwei junge Frauen mit Vibrationshintergrund. Um die Wohnung zu bekommen, haben sich die beiden platonischen Schulfreundinnen als lesbisches Paar ausgegeben. Ein wirklicher Bossmove – Respekt! Warum auch immer die Hausverwaltung lieber ein Paar als eine Zweier-WG mit der Ignoranz von Grenzbeamten über mir trampeln lassen möchte, weiss man nicht. Ich forsche noch. Aber es spricht für progessive Vermieter. Hätte in Russland so nicht funktioniert.
Neue Studie: LGBTIQ-Sichtbarkeit erhöht Akzeptanz
Wobei wir auch schon bei der Crux des ganzen Zusammenlebens wären. Meine Nachbarinnen aus dem 3. Stock sind nett, zwei Sonnenscheine gar, zwar heterosexuell, aber gut – niemand ist perfekt. Niemand treibt es über mir, doch die beiden treiben den ganzen Tag mutmasslich eine Elefantenherde durch ihre vier Wände. Anders kann ich mir die Erschütterungen nicht mehr erklären. Ich bin kurz davor vertrauensvoll auf die Expertise eines Statikers zurückzugreifen.
Das Aufeinandertreffen ihrer Fersen mit dem Eichenparkett sind die ersten Geräusche, die ich täglich höre und manchmal auch die letzten. So verbunden wollte ich mich nicht mit der Nachbarschaft fühlen. Kennt ihr die Szene aus Disneys «Der König der Löwen» in der die Stampede aus Wasserbüffeln über die Leinwand staubt? Eine meiner frühesten Kinoerinnerungen und jetzt täglich gegen 7:30 meine Realität. Bis auf heftiges Schütteln gegen den Uhrzeigersinn habe ich schon viel ausprobiert um die Thematik an die Frau zu bringen. Durch die Blume, ein Wink mit dem Zaunpfahl, dezente Textnachrichten.
Ja wir haben Nummern getauscht. Sie sind ja irgendwie nett. Sie grüßen auch freundlich im Hausflur. Doch egal wie ich die Geräuschproblematik thematisiere, es ändert sich, ihr ahnt es, nichts. Kein Erkenntnisgewinn auf der anderen Seite. Meine Erkenntnis hingegen: Selbst die etwa 60 Kilo wiegende Grossstädterin in Ballerinas kann klingen als würde Bud Spencer für die Musicalfassung seines Lebenswerkes proben. Inklusive Fernsehballett und Huftieren.
Ich verstehe es nicht, sehe dieses Verständnis aber auch nicht mehr als meine Aufgabe an. Mittlerweile bin ich in einem Stadium der Resignation angekommen, dass man ansonsten hauptsächlich durch lange Geiselhaft im tropischen Dschungel Südostasiens oder Heilfasten auf Hiddensee erreichen kann. Es gibt vermutlich Menschen, deren kognitiven Fähigkeiten eher für hochflorigen Teppich konzipiert sind und unter diesen lebe ich. Aber ich versuche es positiv zu sehen. So wie eigentlich alles in meinem Leben. Ausser Leggins. Die kommen direkt aus der Hölle. Keine Diskussion. So wie Stretchanteil braucht kein gesunder Mensch. Wie auch immer.
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Zurück zu meiner positiven Grundeinstellung: Auch ein lesbisches Fake-Liebespaar trennt sich irgendwann und wird eventuell durch einen leichtfüssigen Metzgermeister abgelöst. In der Zwischenzeit freunde ich mich mit den Mietern aus dem vierten Stock an und versuche sie von einem gemeinsamen Stepkurs zu überzeugen. Ich gebe nach unten zurück, was mir von oben dargeboten wird. Als katholisch aufgezogener Regenbogenministrant weiss ich: Geben ist seliger denn nehmen. Und immer schön freundlich grüssen. Also grüssen wir. So freundlich wie sonst nur Serienmörder in der Retrospektive ihre Nachbarn.
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