LSVD wehrt sich gegen Spahn-Kritik
Das schwule CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hatte sich erst vergangene Woche in einem Interview mit der B.Z. zum Thema Gewalt gegen Schwule geäußert. „In der U-Bahn, beim Ausgehen in meiner Heimat im Münsterland oder beim Einkaufen mit meinem Freund in Berlin, wo wir uns kürzlich in der Schlange stehend als schwules Paar unflätig beschimpfen lassen mussten“, sagte er und fügte hinzu: „Der Akzent war jedenfalls nicht schwäbisch.“ Für ihn gehen Gewalt und Beleidigung oft von Migranten aus, die die deutsche „Leitkultur“ nicht akzeptierten: Ende Januar war vor der Kölner Homobar „Iron“ ein Türsteher mit dem Messer niedergestochen worden – Täter und Opfer sind nicht-deutsch. Spahn kritisiert, dass homophobe Gewalt, die von Menschen mit Migrationshintergrund verübt wird, in Deutschland tabuisiert wird. Bei der Akzeptanz von Homosexualität dürfe man aber keine Abstriche mache.
Nun kritisierte er gegenüber der WELT, dass der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Gewalt gegen Schwule und Lesben nicht ausreichend thematisierte. Es ärgere ihn, dass man dieses Problem „gar nicht bespreche“ – aus Angst, „man könnte sich irgendwie verheddern in seinem Multikulti-Wohlfühldasein“.
Gegen diese Vorwürfe wehrt sich LSVD-Sprecherin Stefanie Schmidt:
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Lösungen werden von Jens Spahn nicht angeboten, oder gar von seiner Partei, der CDU, regelmäßig blockiert.[/perfectpullquote]
„Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßt es, dass endlich auch mal ein CDU-Politiker Homophobie und Gewalt gegen Lesben und Schwule deutlich kritisiert. Leider bleibt es jedoch nur bei bloßer, undifferenzierter Kritik. Lösungen werden von Jens Spahn nicht angeboten, oder gar von seiner Partei, der CDU, regelmäßig blockiert. So ist es in diesem Zusammenhang skandalös, dass die Bundesregierung 2015 eine Reform des Hasskriminalitätsgesetzes verabschiedet hat, in der Homophobie im Gesetz als Motiv noch nicht mal genannt werden durfte. Das hatten wir mehrmals eingefordert, stießen aber auf taube Ohren. Auch bei Jens Spahn. Dass dieser sich als Teil der Bundesregierung beim Innenminister de Mazière oder beim Justizminister Maas dafür stark gemacht hätte, haben wir nicht mitbekommen.“ Eine zentrale Forderung des LSVD sei ein Bund-Länder-Programm gegen homo- und transphobe Gewalt sowie die Förderung und Aufstockung von Präventions- und Anti-Gewaltprojekten Es gebe in Deutschland keine wissenschaftlichen Erhebungen über ihr Ausmaß, ihre Erscheinungsformen und Motive, so Schmidt. „Diese wären jedoch Grundlage für zielgruppenspezifische und genaue Konzeptionen zur Gewaltprävention. Dafür sollte sich auch Jens Spahn stark machen.“
Die Politik müsste mehr tun
Die LSVD-Sprecherin weiter: „Zudem haben wir auch immer wieder betont, dass sämtliche Programme zur Integration sowie Materialien zum Spracherwerb auch darauf auszurichten sind, dass sie für Demokratie, Vielfalt und individuelle Freiheitsrechte einschließlich des Respekts für Lesben, Schwule, bisexuelle und trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) werben. Die Rechte und die Situation von LSBTI müssen verpflichtendes Thema in den Integrationskursen sein und dort angemessen breit thematisiert werden. Auch dort ist politisch nicht viel geschehen.“ Seit vielen Jahren fordere der LSVD auch Bildungs- und Aktionspläne gegen Homophobie sowie die rechtliche Gleichstellung LSBTI. Solange auch der Staat diese als Staatsbürger zweiter Klasse behandle, würden homo- und transphobe Einstellungen legitimiert. Dass es an all diesen Sachen fehle, daran seien nicht Geflüchtete, Einwanderer oder Muslime schuld – das liege in der Verantwortung der Bundesregierung. „Wer mit den Themen Homo- und Transphobie Ängste vor Flüchtlingen oder Muslim*innen schürt, gleichzeitig aber Lösungen und die volle rechtliche Gleichstellung blockiert oder gegen eine Pädagogik der Vielfalt kämpft, handelt scheinheilig. Der LSVD verwahrt sich entschieden gegen eine solche Instrumentalisierung der Themen Homo- und Transphobie.“
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