«Zärtlicher Ungehorsam» gegen das Vergessen queerer NS-Geschichte

«Kein Wort von uns» feiert Premiere in Krefeld

Kein Wort von uns_Düsseldrama
(Bild: Lukas Marvin Thum)

Im Oktober zeigt das Theaterkollektiv Düsseldrama unter der künstlerischen Leitung von Regisseur und MANNSCHAFT-Autor Marvin Wittiber ein Stück über queere Liebe und Verfolgung unter §175 im Nationalsozialismus.

Am 11. Oktober hebt sich im Südbahnhof Krefeld der Vorhang für ein aussergewöhnliches Theaterprojekt: «Kein Wort von uns». Das Stück widmet sich der Verfolgung homosexueller Menschen im Nationalsozialismus unter dem § 175 – und richtet sich gezielt an Jugendliche und junge Erwachsene.

Hervorgegangen ist das Werk aus der «Rosa-Winkel-Trilogie» des Düsseldorfer Theaterkollektivs Düsseldrama, das seit mehr als einem Jahr queere Geschichte künstlerisch aufarbeitet. Autorin Simone Saftig hat den Text verfasst, Regie führt MANNSCHAFT-Autor Marvin Wittiber. In der Hauptrolle steht Victor Maria Diderich, der Teil der #ActOut-Initiative ist. Unterstützt wird die Produktion von zahlreichen queeren Organisationen in Nordrhein-Westfalen, darunter das Queere Netzwerk NRW, der Crefelder CSD, die Aids-Hilfe Krefeld, das Being Queer Referat der Hochschule Niederrhein und Queere Geschichte(n) Düsseldorf.

Zwischen Freundschaft und Gefahr Das Stück spielt im Krefeld der 1930er Jahre. Kaspar lebt im strengen Alltag eines Lehrlingsheims, wo Disziplin und Kontrolle herrschen. Trost findet er bei seinem Freund Wilhelm – bis er Franz begegnet. Mit ihm entdeckt Kaspar Gefühle, die im nationalsozialistischen Klima des Misstrauens und unter dem Verbot des § 175 hochgefährlich sind. Aus stiller Nähe wird ein Risiko, aus Freundschaft Misstrauen. «Kein Wort von uns» erzählt von Angst und Ausgrenzung, aber auch von Identität, Loyalität und dem Mut zur ersten Liebe.

Erinnerung neu erzählt Da queere Biografien aus der NS-Zeit oft ausgelöscht oder nie dokumentiert wurden, stützt sich die heutige Forschung meist auf Täterakten. «Kein Wort von uns» versteht sich als künstlerische Antwort auf diese Leerstellen: mit behutsamer Rekonstruktion und Coming-of-Age-Perspektive. Das Stück will eine Bühne schaffen für Stimmen, die lange unhörbar waren – und versteht sich als «zärtlicher Ungehorsam» gegen das Vergessen.

Vorstellungen und Rahmenprogramm Die Uraufführung findet am 11. Oktober um 19 Uhr statt. Weitere Aufführungen folgen am 13., 14. und 15. Oktober, jeweils um 20 Uhr. Alle Vorstellungen werden begleitet von Einführungen der NS-Dokumentationsstelle Krefeld sowie Podiums- und Künstler*innengesprächen.

Der Eintritt ist frei. Der Förderverein Villa Merländer und Düsseldrama bitten um Spenden zugunsten der Erinnerungsarbeit. Ticketreservierungen und weitere Informationen gibt es hier.

Nach Schätzungen wurden zur Zeit des Nationalsozialismus rund 10'000 Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung in Konzentrationslager gebracht, etwa 650 von ihnen nach Buchenwald (MANNSCHAFT berichtete).

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