Polizei unerwünscht! Ärger um CSD in Słubice & Frankfurt/Oder
Beklagt werden Ausgrenzung und «links-identitäre Kräfte»
Der Landesverband queerer Polizist*innen Berlin-Brandenburg, VelsPol, hat den CSD Słubice/ Frankfurt-Oder verlassen, nachdem erklärt wurde, dass Vereine, politische Organisationen und auch die Polizei unerwünscht seien.
Schon zweimal war der CSD durch die europäische Doppelstadt gezogen (MANNSCHAFT berichtete), am gestrigen Sonntag war es in Frankfurt-Słubice wieder so weit. Während anderswo um die Teilnahme von Fetisch-Gruppen gestritten wird, wurden hier VelsPol-Mitglieder als nicht-erwünscht erklärt.
Marco Klingberg, Erster Vorsitzender des Vereins, erklärte gegenüber MANNSCHAFT: «Wir waren als VelsPol-Gruppe da. Als wir in Słubice ankamen, stürzte man sich sofort auf uns. Es sei untersagt, dass man als politische Organisationen, als Partei oder Verein, Verband oder Organisation hier Werbung macht. Das habe man kurz vor dem CSD über die sozialen Medien bekannt gemacht. Hatten wir nirgends mitbekommen. Erlaubt sei nur nur, wenn man einen Antrag zur Genehmigung gestellt hätte.»
Am Samstag hatten die CSD-Organisator*innen u.a. via Facebook erklärt: «Für Parteien und andere Organisationen: Wir sind keine Wahlkampfveranstaltung und erlauben daher keine Parteiflaggen oder ähnliche Artikel, die Werbung für eine Partei oder Organisation machen. Ausnahmen gibt es für Organisationen, die sich vorher mit uns abgesprochen haben.»
Das Team des Frankfurt-Słubice-Prides sei sich bewusst, dass die Regeln der diesjährigen Pride zu kurzfristig kommuniziert wurden; man nehme diese Erfahrung bei der Organisation der nächsten Pride mit, teilte uns Maike, Pressesprecher*in der Pride, auf Anfrage mit.
Das Team des Frankfurt-Słubice-Prides besteht aus verschiedenen Personen mit sehr diversen Erfahrungen. Beim Aufstellen dieser Regelungen haben wir uns u. a. an den Erfahrungsschatz polnischer Prides gehalten.
Zur Erklärung der Regeln schrieb man uns ausserdem: «Das Team des Frankfurt-Słubice-Prides besteht aus verschiedenen Personen mit sehr diversen Erfahrungen und Perspektiven, unter anderem aufgrund unseres deutsch-polnischen Teams. Beim Aufstellen dieser Regelungen haben wir uns unter anderem an den Erfahrungsschatz polnischer Aktivisten und polnischer Prides gehalten. Aufgrund dieser Regelungen wurden alle Organisationen, welche sich nicht angemeldet hatten, gebeten ihre Flaggen einzustecken bzw. T-Shirts umzudrehen. Einzelpersonen waren natürlich weiterhin auf der Pride willkommen.»
Als man diese Regelungen den Mitgliedern von VelsPol kommuniziert habe, trafen die Ordner*innen der Pride auf Unverständnis, so Maike weiter. Die Mitglieder hätten sich daraufhin freiwillig von der Pride entfernt. «Da es bei unserem Pride keine Hierarchien gibt, wäre eine Entscheidung, wie die von VelsPol verlangte Ausnahmeregelung eine Kollektiventscheidung. Die konnte vor Ort nicht von einzelnen Ordner*innen getroffen werden.»
Auf dem Vereinsprofil von VelsPol heisst es dagegen zu dem Vorfall: «Argumente, dass wir für eine vielfältige und offene Polizei stehen und darauf aufmerksam machen wollen, dass sich jeder der Opfer einer LGBTIQ-feindlichen Straftat an die Polizei vertrauensvoll wenden kann, wurden nicht akzeptiert», so der Verein bei Facebook. Selbst die Europäische Fahne habe auf diesem CSD nicht gezeigt werden dürfen.
VelsPol weiter: «Nicht nur wir als Verein werden von diesem CSD ausgegrenzt, sondern auch alle anderen queeren Vereine, die sich für Community einsetzen. Eine traurige und auch fragwürdige Entwicklung. Dies ist Ausgrenzung pur.» Geprüft werden sollte nun durch die Landesregierung, ob eine Förderung dieses CSD überhaupt in Zukunft stattfinden sollte. Es sei zudem bedauerlich, dass diese Aktion auch der Prozess der Fortführung und Weiterentwicklung des Aktionsplanes Queeres Brandenburg schade. Auch nach den Vorkommnissen in Münster wäre ein gemeinsames Zusammenstehen ein positives und sichtbares Zeichen gewesen. «Diese Chance wurde heute durch die Organisator*innen vertan.»
Mario Röllig, stellvertretender Kreisvorsitzender bei der LSU Pankow, erklärte bei Facebook seine Solidarität. «Das Verhalten der Veranstalter des CSD Slubice / Frankfurt/Oder ist einfach nicht zu akzeptieren und nicht hinnehmbar. Dies muss Konsequenzen haben. Wir stehen an der Seite von Marco Klingberg und VelsPol Berlin-Brandenburg, die eine wertvolle Arbeit für die queere Community leisten.»
Röllig teilte den Kommentar von Lutz Ermster, Fördermitglied bei Velspol, der ebenfalls bei Facebook erklärt hatte: «Dieselben Verantwortlichen dieses CSD, die Euch ausgrenzen, werden wahrscheinlich an anderer Stelle die Einheit der Community einfordern – einfach lächerlich. Aber diese beschämende Ausladung zeigt ein schön länger waberndes Problem: In kaum einer Community sind die links-identitären Kräfte so krass unterwegs wie in den queeren Communitys.»
Diese seien ausgrenzend und aggressiv und machten notwendige Diskussionen unmöglich, weil sie «Deutungshoheit» beanspruchten und vermeintlich unumstössliche Grundsätze aufstellten und jeden, der sich nicht zu 100 % dahinter einfindest, zum «Feind» erklären. «Die Auswirkungen dieser links-identitären Ansätze zögen sich in Teilen bis in die demokratischen Parteien hinein, da müssen wir besonders aufpassen», so Ermster.
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