«Ich weinte Nacht für Nacht um ihn» – Wenn Herzen schmerzen
Leser*innen lassen uns tief in ihr Herz blicken, eine Expertin ordnet ein
Mitch wurde von seinem Mann verlassen, Marcel hat zwei Jahre vergeblich gewartet, Sophie hat ihre erste Liebe als trans Frau verloren und Thomas seinen besten Freund. Jede Trennungsgeschichte ist so einzigartig wie der Liebeskummer selbst.
«Ich weinte Nacht für Nacht um ihn» – Marcel, 25 Mit dreiundzwanzig lernte ich Sascha kennen. Er schrieb mich auf einer Datingplattform an. Ein paar Tage später trafen wir uns in einem Café.
Vier Stunden lang redeten wir. Es kam raus, dass wir beide die gleiche Partei wählten, dieselben Interessen und Überzeugungen hatten, die norddeutsche Lebensart liebten, vernarrt in Salzgebäck waren, gerne kochten, nach einem Leben in einer Beziehung strebten mit Katze und Wohnung. Spätestens in diesem Moment verliebte ich mich – in seine Bartstoppeln, in die blauen Augen, die Sommersprossen, die braunen, wuscheligen Haare, in seine Stimme und in die feinen, anmutigen und grazilen Lippen.
Ich hatte das Gefühl, dass er mir tief in die Augen blickte und tatsächlich – das war recht selten – wissen wollte, wer ich war. Ich gab mich einer Hoffnung hin, badete in einem Meer aus Träumen und Fantasien, in denen ich mit ihm essen ging, eine Katze holte, eine Wohnung einrichtete und umarmt wurde. Ich dachte daran, ihn zu küssen – und er erzählte mir von seinem ersten Freund.
Er wollte nach Norddeutschland ziehen und vor den Fenstern seiner Wohnung zu Walzern tanzen – nur eben nicht mit mir. Denn er war seit fünf Jahren mit seinem Freund zusammen und in meine Stadt gekommen, um eine Pause zu machen. Aber ganz sicher wollte er in zwei Jahren zu ihm zurückkehren und zu ihrem Jahrestag am vereinbarten Ort sein, um den Rest seines Lebens mit ihm zu verbringen.
Wir verabschiedeten uns und er gab mir seine Handynummer. Während ich in mein Kissen weinte, schrieb er mir seine erste Nachricht. Wir trafen uns noch einige Male und stets hoffte ich, dass doch noch etwas passieren würde. Er schickte mir Gedichte von Goethe und sagte, sie erinnerten ihn an mich. Ich schickte eins von Heine zurück. Wir gingen ins Kino und jedes Mal gab er mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Bei jedem Film legte ich die Hand auf die Armlehne zwischen uns, aber er nahm sie nicht.
Ich sagte mir, dass ich ein Wunder verdient hätte, und nur jenem Wunder geschehen, der auch mit allem, was er hat, daran glaubt. Ich hoffte auf ein Happy End, aber dazu kam es nicht. Wir kannten uns zwei Jahre. Ich weinte Nacht für Nacht um ihn und fragte mich, warum ich wie ein Schwein im Kreis rannte, in der Hoffnung, die Karotte am langen Faden doch noch zu erwischen. Es wäre eine Lüge zu sagen, dass es mich unvorbereitet traf. Im Gegenteil, ich rechnete damit, aber wollte es nicht wahrhaben.
Bereut habe ich es dennoch nicht. Das Schöne an der Liebe ist doch, zu lieben. Und ich hoffe, dass er es irgendwie vielleicht wusste. Wer weiss, vielleicht kreuzt sein Freund doch nicht an ihrem Jahrestag am vereinbarten Ort auf. Vielleicht kann dann das, was mich zerstört hat, ihn wieder aufrichten. Daran glaube ich fest. Jeder Schmerz ist zu irgendwas gut.
«Ich fühlte mich noch nie so verraten und geopfert» – Mitch, 36 @dynamitchyoga Mein Mann und ich kennen uns seit über neun Jahren und heirateten 2018. Keine acht Monate später erfuhr ich über Umwege, dass er mich bereits zweimal betrogen hatte – einmal vor und einmal nach der Hochzeit. Diese Krise überstanden wir, ich vergab ihm.
2022 beschlossen wir gemeinsam nach Frankreich auszuwandern. Wir kauften dort ein grosses Haus, um es zu einem Bed’n‘Breakfast und Yoga-Retreat umzubauen.
Wir verbrachten mit Freunden und Familie dort einige Wochen und renovierten fleissig, um unseren Traum zu verwirklichen. Ich ging beruflich für ein paar Wochen nach Deutschland, mein Mann blieb in Frankreich, um weiter zu werkeln. Rasch bekam ich den Eindruck, dass er den Kontakt zu mir immer kürzer hielt. Am Telefon gab er es auch zu, wollte mir aber keinen Grund nennen. Diesen nannte er mir auf Nachfrage ein paar Tage später, als er für ein Gespräch mit mir nach Deutschland kam: Er habe sich über Monate, wenn nicht Jahre, immer weiter von mir entfernt, jedoch nie das Gespräch gesucht und sich, vermutlich unbewusst, verstellt, als ob alles in Ordnung gewesen wäre. Silent Quitting nennt man das wohl in der modernen Beziehungswelt. Zudem hatte er sich mittlerweile in einen Mann vor Ort verliebt und mit diesem schon eine Quasi-Beziehung begonnen. Ich fühlte mich noch nie so verraten und geopfert.
Mitch, welche Symptome hast du in deinem Herzschmerz durchlebt? Fast eine Woche lang hatte ich weder Appetit, noch dachte ich ans Essen. Ich wachte häufig auf und hatte ein starkes Brennen im Brustkorb wie eine Art Sodbrennen, aber mehr in der Herzgegend. Seelisch war es eine Folter, ihn nicht zu sehen und zu wissen, dass er an dem Ort, den wir für unseren Traum auserkoren hatten, mit einem neuen Partner zusammen war. Ich war zerstreut und vergass Dinge, als ob mein Hirn aus Selbstschutz einfach aussetzte.
Wie lange dauerte dein Liebeskummer? Der Herzschmerz klang nach vier heftigen Wochen ab, als mir klar wurde, dass ich diesen Menschen noch irgendwie liebte, aber nicht zurückhaben würde – und dann auch nicht mehr wollte.
Was hast du getan, um den Schmerz zu lindern? Reden, reden, reden. Ich weiss nicht, wie oft ich diese Geschichte erzählt habe, um sie aus mir herauszubekommen und von anderen zu hören, dass ich diesen Schmerz zurecht empfinden durfte. Mir hat auch geholfen, Männer zu daten. Zwar war ich nicht offen für eine neue Beziehung, aber der Ego-Push war nötig. Ich habe das meinen Dates offen kommuniziert.
Wie konntest du den Liebeskummer verarbeiten? Die Erkenntnis, dass ich mir selbst am meisten wert sein muss und nur Dinge tue, die mir guttun. Ich erkannte, dass ich diese Beziehung anders als mein Mann wahrgenommen hatte. Ich wollte ihn nicht mehr zurück, weil er sich so lange schweigend Schritt für Schritt von mir getrennt hatte, das war super unfair. Jemand, der mich so behandelt, hat mich nicht verdient. Ein klärendes Gespräch mit ihm war das Beste, um alles zu verarbeiten und ihm offen zu sagen, was er mir angetan hatte.
Wie erkennst du, ob es Zeit ist, weiterzugehen oder um die Beziehung zu kämpfen? Ich stelle mir die Frage: Wenn morgen wieder alles ok wäre, würde ich verzeihen können? Dann lohnt es sich zu kämpfen! Und das Wichtigste: Was will ich von meiner Zukunft und kann ich mir das mit dieser Person vorstellen, nachdem was passiert ist? In meinem Fall war die Antwort ein klares Nein.
Wie gelingt es dir wieder zu vertrauen? Wenn ich jemanden treffe, den ich potenziell gut finde, dann sage ich mir, dass er eine andere Person ist als die, die mir das Herz gebrochen hat.
Was rätst du anderen, die in einer ähnlichen Situation sind? Unabhängig davon, was das Umfeld für vermeintlich gute Ratschläge bereithält, würde ich zuerst in mich hineingehen. Was tut mir gut? Sehe ich einen Wert darin, um die Beziehung zu kämpfen? Wir sollten niemals uns selbst vergessen. Selbstachtung ist das höchste Gut für mich, egal, wie sehr wir uns die Vergangenheit zurückwünschen. Oft half mir, meiner Yogapraxis nachzugehen, zu unterrichten und anderen damit Freude zu bereiten. Diese Freude konnte auch mein Herz wieder erwärmen. So kam mir die Idee, Yoga-Retreats für queere Männer anzubieten. Auch wenn es hilfreich erscheint, die andere Person zu hassen… führt das zu noch mehr Verbitterung. Ich rate, mit den Gefühlen bei sich zu bleiben, statt sie auf die andere Person zu richten.
«Ich hätte sie geheiratet» – Sophie, 42 Jahre Mein Name ist Sophie. Ich bin eine bisexuelle trans Frau und habe im Oktober 2019 mit der Hormontherapie begonnen. Im Dezember 2020 lernte ich über Parship eine Frau kennen und es war zauberhaft. Die ewigen Dialoge, die Sprachnachrichten, das Interesse füreinander. In mein Profil hatte ich geschrieben, dass ich zwar eine ziemliche Powerfrau bin, mich aber auch danach sehne, auf der Couch zugedeckt zu werden, wenn ich müde und erschöpft bin. Und genau das passierte beim ersten Treffen am 10. Januar 2021.
Ich war 40 und hatte zwei Kinder, aber mit Susanna (Name von der Redaktion verändert) erlebte ich den ersten Kuss als Sophie. Das allererste Mal ein uneingeschränktes Begehren meines hybriden Körpers durch eine andere Person. Den ersten echten Sex in meinem Leben. Sex als Frau. Sex als Sophie. Susanna öffnete in meinem Kopf und Herzen versteckte Türen, zeigte mir meinen Körper, lehrte mir Lust und Liebe, gab mir Anerkennung, Zärtlichkeit, Respekt, Lachen, Zuneigung, Komplimente und schenkte mir Rosen.
Und sie fing mich auf, wenn ich an meinem trans Körper und meinem Wesen verzweifelte, mich selbst ablehnte, hässlich und männlich empfand. Wenn ich gegen die gläsernen Wände lief, die zwischen cis und trans Frauen verlaufen, und mir blutige Nasen holte. Nach vier Jahrzehnten war das meine erste Liebesbeziehung, die sich körperlich und seelisch komplett richtig anfühlte. Und ich hätte Susanna sofort geheiratet. Ich habe auf ein Leben und ein gemeinsames Ende gehofft.
Als die Beziehung nach zehn Monaten zerbrach, habe ich nicht nur eine Liebe verloren, sondern auch einen Menschen, der mein hybrides Wesen und meinen speziellen Körper zu hundert Prozent akzeptiert und begehrt hat. Das war schlimm. Menschen mit dieser Fähigkeit sind sehr selten.
Sophie, wie hat sich dein Herzschmerz ausgedrückt? In meiner Seele gab es nur Traurigkeit. Und mein Körper hatte Sehnsucht nach ihrer Haut, nach ihrem Geruch, nach ihren schönen Haaren.
Wie lange dauerte dein Liebeskummer? Nach der Trennung hoffte ich sechs Monate lang auf ein Happy End. Erst danach wurde mir klar, dass die Trennung dauerhaft war. Ich brauchte noch mal neun Monate, um mich endgültig zu lösen.
Was hast du getan, um den Schmerz zu lindern? 24 Stunden nach der Trennung meldete ich mich auf zehn verschiedenen Dating-Plattformen an. Aber das funktionierte natürlich nicht. Also war ich monatelang im Wald joggen.
Wie konntest du den Liebeskummer verarbeiten? Eintauchen. Immer wieder in den Schmerz eintauchen. Und mich hinterfragen, welche Illusion, welcher Traum, welche Hoffnung und welche Zukunft mir genommen wurde. Was davon hätte niemals stattgefunden und malte ich mir bloss zu schön aus?
Wie gelingt es dir, wieder Vertrauen in die Liebe und in Beziehungen aufbauen? Ich hinterfrage mich selbst, warum ich eine Beziehung suche. Ob es um meine Defizite geht, die ich kompensieren möchte, beispielsweise mangelnde Selbstliebe, oder um ein gemeinsames Lernen und Wachsen. Und solange es eine Kompensationshandlung ist, tue ich niemandem eine Beziehung an.
Was rätst du anderen, die in einer ähnlichen Situation sind? Es gibt kein Patentrezept. Es helfen vermutlich nur Vertrauen ins Leben und das Wissen, dass nach einer langen Winternacht, mindestens ein kurzer Wintertag folgt, und auf den langen Winter, irgendwann auch wieder ein warmer Sommer.
Warum tut Liebeskummer weh? Wenn wir die Verbindung oder Nähe zu einem geliebten Menschen verlieren, entstehen Gefühle, die sehr stark und belastend sind, wie Sehnsucht, Verlust, Ablehnung, Trauer, Eifersucht. Nicht selten rufen sie eine Auseinandersetzung mit uns selbst hervor. Wir hinterfragen eigene Erwartungen, den eigenen Wert. Das kann verunsichern.
«Erlaube dir zu trauern!»
Wie lange dauert er? So verschieden wie sich Liebeskummer für jede*n anfühlen kann, so individuell lange dauert er. Beeinflusst durch die Kombination aus Gefühlen und hervorgerufenen Gedanken, fühlt sich der Liebeskummer intensiver oder länger an. Zudem kann er alte Trennungserfahrungen reaktiveren und den empfundenen Verlust verstärken. Bei vielen kommt der Wunsch auf, ihn möglichst bald zu überwinden. Ein Gefühl der Ungeduld entsteht.
Ist Liebeskummer ein körperlicher oder psychischer Zustand? Beides. Körper und Seele brauchen Zeit, um das Erlebte, die Trennung und den Verlust zu verdauen. Nicht alle Menschen haben die gleichen Symptome. Zu Beginn entstehen Gefühle wie Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Angst, Unsicherheit und Verzweiflung – oft gekoppelt an Erschöpfung, Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder übermässiges Essen. Es kann zu Bauch- oder Kopfweh, Schlaflosigkeit oder Konzentrationsproblemen kommen. Menschen mit Liebeskummer ziehen sich meist zurück. Später verwandelt sich der Kummer oft in Wut, Reizbarkeit oder gar Aggression. Man fühlt sich weniger ohnmächtig, sondern will etwas gegen die Traurigkeit unternehmen. Die Wut hilft, aus der Erstarrung wieder ins Machen zu finden.
Was kann ich tun, um den Schmerz zu lindern? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die helfen können. Erstens: Sich erlauben zu trauern. Es gehört dazu, auch die kummervollen Gefühle zu durchleben. Sie brauchen Zeit und Raum, damit du Abschied von der geliebten Person nehmen kannst und von dem, was ihr miteinander erlebt und gefühlt habt. Zweitens: Teile deine Gefühle. Der Schmerz kann gelindert werden, indem du mit vertrauenswürdigen Freund*innen oder Familienmitgliedern darüber redest, was du fühlst. Sie können dich unterstützen und dir Trost spenden. Drittens: Hol dir professionelle Hilfe, falls der Schmerz und die Trauer lange anhalten und die Gedanken kreisen.
Weiterziehen oder um die Beziehung kämpfen: Wie erkenne ich, was richtig ist? Diese Entscheidung kann schwierig sein. Jede*r soll in einer Beziehung weiterhin persönlich und individuell wachsen können. Solange ihr euch mit Respekt begegnet, Konflikte angehen könnt und Lösungen findet, gibt es oft noch einen gemeinsamen Weg.
Wie kann ich in Beziehungen wieder vertrauen? Das braucht Zeit. Sei geduldig mit dir und nimm dir den Raum, den du brauchst. Es kann helfen, die Beziehung zu reflektieren. Vermeide dabei Vergleiche, bleib ganz bei dir. Was ist passiert? Was nimmst du aus dieser Beziehung mit? Hast du etwas über dich erfahren, was du noch nicht gewusst hattest und in Zukunft berücksichtigen kannst?
Wie schütze ich mich vor zukünftigem Liebeskummer? Es ist nicht möglich, sich gänzlich vor Liebeskummer zu schützen, da er wichtig ist, um eine Trennung verarbeiten zu können. Der Verarbeitungsprozess und seine Resultate können helfen, zukünftig eigene Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen in einer Beziehung auszudrücken.
Wie kann ich Freund*innen helfen, die Liebeskummer haben? Was dir hilft, kann auch anderen helfen. Höre zu, unternehmt etwas Schönes zusammen, sei geduldig, empathisch, tröstend und wertschätzend. Du darfst die Person ermutigen und je nach emotionalem Zustand auch ehrliche und konstruktive Ratschläge abgeben. Frage jedoch vorher nach und sei kritisch, falls dein Bauchgefühl dir sagt, dass die Person noch nicht dafür bereit ist. Du darfst über dein Bauchgefühl sprechen und sagen, dass du dir Sorgen machst und du sie beschützen möchtest vor weiterem Kummer.
Tina Beerli ist fasziniert von Liebe, Sexualität und Beziehungen. Sie bietet psychologische Beratung und Coaching an.
So lenkst du dich nach einer Trennung am besten ab:
- Verbringe Zeit mit lieben Menschen: Unternehme und plane Aktivitäten mit Menschen, die dir guttun.
- Bleib bei dir: Deine Interessen und Wünsche kommen nun an erster Stelle. Tu dir viel Gutes und Schönes. Nähre damit deine Stimmung und deine Seele.
- Probiere etwas Neues: Versuche etwas, wozu du nie Zeit hattest oder es in der vergangenen Beziehung keinen Raum gab.
- Sei aktiv: Geh liebevoll mit deinem Körper um, bewege dich an der frischen Luft, in der Natur, um Stress abzubauen und Positives freizusetzen.
- Gestalte neu: Verändere dein zu Hause und deine Umgebung so, wie du dich wohl fühlst und es zu deinem neuen Lebensabschnitt passt.
«Mein bester Freund brach mir das Herz» – Thomas, 29 Mein Kumpel und ich verstanden uns von Anfang an unverschämt gut. Wir sprachen nie über Mädels. Es gab einfach nur uns. In den Clubnächten vor unserem Auslandsjahr gab es zwar das eine oder andere Mädchen, aber ich war nie gut drauf, wenn er mit einer knutschte. Aber ich dachte nie, dass es dafür einen Grund geben könnte.
Gemeinsam gingen wir nach Australien. Diese Zeit schweisste uns noch enger zusammen. Irgendwann erkannte ich, dass ich meinen besten Freund mehr mochte als einen Freund. Aber was tun? Solche Situationen kannte ich nur aus Filmen. Keinesfalls wollte ich unsere Freundschaft durch mein Geständnis riskieren. Man kann sich nie sicher sein, dass der beste Freund, auf den man steht, auch schwul ist.
Irgendwann dachte ich mir: Give it a go. Damals funktionierte mein Schwulenradar wohl das erste Mal. Ich gestand ihm meine Gefühle und er hörte sich alles still an. Den Rest unserer Reise sagte er nichts mehr dazu. Wir lernten unterwegs eine Freundin kennen, mit der wir unseren letzten Monat im Outback verbrachten und uns die Wüsten und Küsten Australiens ansahen. Ich verstand mich sehr gut mit ihr, knutschte ein paar Mal mit ihr und verbrachte die letzte Nacht mit ihr.
Am Tag unserer Abreise war mein bester Freund abweisend zu mir. Ich wusste nicht warum, bis er mich am Flughafen fragte, was die Aktion mit der Freundin sollte. Es stellte sich heraus, dass er genauso fühlte wie ich, aber nicht so viel Mut hatte, es sich einzugestehen. Letztlich kehrten wir als Paar aus Australien zurück. Mein erster Freund war mein bester Freund. Ein Traum, oder?
Leider nicht für immer. Zuerst dachte ich diese Verliebtheitsphase höre auf, aber es war etwas anderes. Nach zwei Jahren Beziehung sagte er mir, er vermute, dass er asexuell sei beziehungsweise einen bestimmten Fetisch habe und nur mit diesem Fetisch intim werden könne. Etwas anderes wolle er nicht. Und dass er mich nicht so lieben könne, wie ich es verdiente.
Ihm zuliebe probierte ich seinen Fetisch aus, merkte aber, dass es nicht mein Ding war. Daraufhin bot er mir an, dass ich meine Bedürfnisse bei anderen holen könne, während wir ein Paar blieben. Das war für mich damals undenkbar. So habe ich meinen besten Freund und Partner verloren.
Ein gutes Jahr litt ich unter Liebeskummer. Ich hatte oft Magenschmerzen, war eklig zu meinen Mitmenschen und fühlte mich einsam. Um den Schmerz zu lindern, suchte ich mir neue Freund*innen, lenkte mich ab und fing in meiner eignen Stadt quasi neu an. Aber egal, wie oft ich verletzt werde, mein Vertrauen in die Liebe bewahre ich mir. Wenn es nicht funktioniert, funktioniert es eben nicht. Liebe kommt, Liebe geht.
Wenn das Herz gebrochen ist, fühle den Schmerz. Gehe ihm nicht aus dem Weg. Nichts zu fühlen, um nichts fühlen zu müssen, führt dazu, dass du vielleicht den nächsten Menschen, der dir Gutes will, verletzt. Liebe kann sehr weh tun, aber es wird besser und die Sonne geht wieder auf.
Wie lange dauert dein Liebeskummer? Verständlicherweise sind wir traurig, wenn eine Beziehung zu Ende geht oder man nicht von dem Menschen zurückgeliebt wird, in den man verknallt ist. Wie lange trauerst du in solchen Fällen? Zu den Ergebnissen unserer Umfrage.
Unterstütze LGBTIQ-Journalismus
Unsere Inhalte sind für dich gemacht, aber wir sind auf deinen Support angewiesen. Mit einem Abo erhältst du Zugang zu allen Artikeln – und hilfst uns dabei, weiterhin unabhängige Berichterstattung zu liefern. Werde jetzt Teil der MANNSCHAFT!
Das könnte dich auch interessieren
Unterhaltung
«Glücklicher als je zuvor»: Die Coming-outs 2024
Zum Ende des Jahres schauen wir noch einmal zurück und feiern die vielen nationalen wie internationalen Coming-outs der Promis aus den Bereichen Sport, Politik und Kultur.
Von Carolin Paul
Politik
Sport
Kultur
People
Coming-out
Österreich
Österreich: Verbot von «Konversionstherapien» durch die Hintertüre
Kurz vor der Bildung einer neuen Regierung hat das Gesundheitsministerium überraschend eine Stellungnahme über die Strafbarkeit von «Konversionstherapien» veröffentlicht.
Von Christian Höller
News
Aktivismus
Politik
Kolumne
Der Sirenengesang der Schokolade
Es beginnt harmlos: ein Nachmittag, ein Schrank, eine Tafel Schokolade. Doch kaum streckt unser Autor die Hand aus, meldet sich seine innere Stimme zu Wort.
Von Mirko Beetschen
Religion
Boykott oder Annäherung? Wie man mit Homophobie (auch) umgehen kann
Eine Geschichte aus dem niederländischen Bible Belt
Von Kriss Rudolph
Queerfeindlichkeit