Gewalt durch Neonazi-Gruppe: 24-Jähriger gesteht vor Gericht

Es gibt einen Zusammenhang zu bundesweiten Störaktionen beim CSD

Berlin: Der Angeklagte (l) unterhält sich zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Berlin mit Mirko Röder, Rechtsanwalt des Angeklagten. Die Anklage wirft dem 24-Jährigen mutmaßlichen Neonazi Bedrohung, räuberische Erpressung sowie gefährliche Körperverletzung sowie versuchten schweren Raub vor. Er soll laut Ermittlungen eine leitende Funktion in der rechten Gruppierung «Deutsche Jugend Voran» einnehmen. Einer Aussteigerin aus der Gruppe soll er eine Todesdrohung geschickt haben. In drei weiteren Fällen soll er mit weiteren Personen Männer tätlich angegriffen haben. Foto: Christoph Soeder/dpa - ACHTUNG: Person wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
(Bild: dpa)

Mehrere Überfälle innerhalb von rund zwei Monaten sollen von einer Gruppe verübt worden sein, die als rechtsextrem eingestuft wird. Für einen mutmasslich führenden Kopf sprach ein Anwalt nun von Reue.

Nach mehreren Gewaltattacken hat ein mutmasslich führender Kopf einer rechtsextremen Gruppierung vor dem Berliner Landgericht gestanden. Der Verteidiger sagte zu Prozessbeginn, der 24-Jährige bereue die Taten. Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten vier Straftaten innerhalb von rund zwei Monaten zur Last. Die Anklage lautet auf Bedrohung, räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung sowie versuchten schweren Raub.

«Die Vorwürfe treffen in tatsächlicher Hinsicht zu», sagte Anwalt Mirko Röder in einer kurzen Erklärung für seinen Mandanten. Er kündigte an, dass sich der Angeklagte nach diesem Geständnis zu einem späteren Zeitpunkt «den Fragen stellen wird».

Der Angeklagte soll eine leitende Funktion in der Gruppierung «Deutsche Jugend Voran» einnehmen, die von der Staatsanwaltschaft als rechtsextrem eingestuft wird. Laut Anklage soll der 24-Jährige am 28. August 2024 einer Aussteigerin aus der Gruppe per Handymitteilung eine Todesdrohung geschickt haben - «ich werde euch alle töten», habe er unter anderem gedroht. Hintergrund sei «Unmut über ihren Austritt aus der Gruppierung am Vortag gewesen», so die Staatsanwaltschaft.

In drei Fällen soll der 24-Jährige mit weiteren Personen Männer angegriffen haben. Im September 2024 habe er mit sieben weiteren mutmasslichen Neonazis im Alter von 16 bis 23 einen Mann überfallen, weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift «Antifaschistische Aktion» getragen habe, so die Anklage. Die Angreifer hätten versucht, dem Mann das T-Shirt vom Leib zu reissen, ihn dabei auch geschlagen.

Wenige Tage später habe der Angeklagte mit einer Gruppe in Hellersdorf auf einen Mann eingeschlagen und eingetreten. Das Opfer sei geschlagen und geschubst worden. Zudem soll er ihm eine ungeladene Luftdruckpistole vorgehalten und gedroht haben: «Ich knall' dich ab!». Bei der Tat soll es sich um eine Racheaktion gehandelt haben.

Im Oktober 2024 befand sich der 24-Jährige laut Anklage in einer 19-köpfigen Gruppe, die in der S-Bahnlinie 7 einen Fahrgast mit Schlägen und Tritten traktiert habe, weil er eine Jacke mit Antifa-Emblem trug. Wie auch die anderen beiden Opfer erlitt der Angegriffene zahlreiche Hämatome.

Die Vorsitzende Richterin gab zu Prozessbeginn den rechtlichen Hinweis, dass nach bisheriger Einschätzung des Gerichts an einer «Bereicherungsabsicht» Zweifel bestehen würden. In den Fällen, in denen mutmaßlich Kleidung erbeutet werden sollte, komme bei einem Schuldspruch eine Strafbarkeit wegen Nötigung beziehungsweise versuchter Nötigung in Betracht.

Der 24-Jährige wurde am 23. Oktober 2024 im Rahmen von Durchsuchungen in Berlin und Brandenburg festgenommen. Die Ermittlungen richteten sich gegen neun Verdächtige im Alter von 16 bis 23 Jahren. Sie sollen teilweise in Verbindung zu den Organisationen «Jung und Stark» und «Deutsche Jugend Voran» stehen, die von der Staatsanwaltschaft als rechtsextrem eingestuft werden. Die beiden Gruppen sind zuletzt bundesweit durch Störaktionen beim Christopher Street Day aufgefallen.

Der Angeklagte, der sich seit fünf Monaten in Untersuchungshaft befindet, hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt. Sein Anwalt sagte am Rande, der 24-Jährige habe zuletzt Bürgergeld bezogen. Der Prozess wird mit der Befragung von Zeugen am 28. März fortgesetzt.

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