Nazi-Hetzjagd gegen Pride im ukrainischen Charkiw
Rechtsextreme griffen Demonstrant*innen an – es gab zwei Verletzte und 17 Verhaftungen
In der ukrainischen Stadt fand erstmals die Charkiw Pride statt. Selbst zahlreiche Drohungen aus unterschiedlichen Kreisen konnten die LGBTIQ-Community nicht davon abhalten, für Sichtbarkeit und Akzeptanz zu demonstrieren. Nach dem Marsch wurden jedoch zahlreiche Teilnehmer*innen angegriffen.
Rund 2’000 Menschen marschierten zu Parolen wie «Wir sind alle gleich, wir sind alle anders» über einen Platz in der Innenstadt von Charkiw. Die zweitgrösste Stadt der Ukraine liegt unweit der russischen Grenze und war zum ersten Mal Durchführungsort einer Pride. Am Tag danach twitterte die US-Botschaft in Kiew: Man sei traurig über die Gewalt, aber auch dankbar für die Bemühungen der Behörden, die freiheitlichen Grundrechte der Teilnehmer*innen durchzusetzen.
Grosses Polizeiaufgebot Im Vorfeld warnte Bürgermeister Hennadiy Kernes davor, rechtlich gegen die Organisator*innen vorzugehen. Ausserdem kündigten rechts-nationalistische Aktivist*innen gewalttätige Angriffe an, sollte es zur Pride kommen. Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International forderten die ukrainische Regierung auf, die Demonstration zu erlauben und den Beteiligten ausreichend Schutz zu bieten.
Schliesslich wurde die Pride auf einen Platz vor einer U-Bahnstation in der Innenstadt begrenzt. Die Teilnehmer*innen – vor allem junge Menschen – marschierten dort während zweier Stunden hin und her. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot vertreten und überwachte das Geschehen.
Eskalation nach Pride In der Nähe fand eine Gegendemonstration mit ein paar Dutzend Personen statt. Viele von ihnen waren maskiert, einige warfen Eier auf die Pride-Teilnehmer*innen. Ein weitaus grösseres Problem stellte eine Horde Rechtsradikaler dar, die in einem Park der Millionenstadt auf die Polizei traf. Die Einsatzkräfte mussten Tränengas einsetzen.
Morddrohung wegen Unterstützung für Pride in Katowice
Nach der Pride griffen rechtextreme Hooligans mehrere Teilnehmer*innen an und jagten sie regelrecht durch die Stadt. Mindestens zwei Personen wurden durch Schläge und Tritte verletzt. Als Folge dieser gewalttätigen Auseinandersetzungen wurden 17 Personen festgenommen.
Niedrige Akzeptanz Drei Monate zuvor erlebte Kiew die bisher grösste Pride des Landes. Anders als bei der Charkiw Pride gelang es der Polizei dort, die etwa 1’000 Gegendemonstrant*innen von den 8’000 Pride-Besucher*innen fernzuhalten.
Ukraine: Polizei führt aggressive Razzia in Schwulenclub durch
Homosexualität ist in der Ukraine zwar seit 1991 legal – doch die Akzeptanz in der Gesellschaft ist äusserst niedrig. In Umfragen zu LGBTIQ-Toleranz liegt der osteuropäische Staat sogar hinter Russland.
81,3 Prozent der Bevölkerung halten gleichgeschlechtliche Beziehungen gemäss einem kanadischen Meinungsforschungsinstitut unter keinen Umständen für akzeptabel. Homosexualität wird demnach in der Ukraine negativer bewertet als Ehebruch und Steuerhinterziehung. Die verbreitete Homophobie dürfte vom religiösen Konservatismus und von den Nachwirkungen der Sowjet-Zeit herrühren, als Homosexualität noch unter Strafe stand.
Ein Bericht über die Situation für LGBTIQ in der Ukraine folgt im (deutschen) Oktober-Heft der MANNSCHAFT. Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz.
Das könnte dich auch interessieren
Musik
Unterhaltung per Dekret: Russlands Anti-Eurovision «ohne Perversion»
Schon vier Mal hat Russland wegen seines Kriegs gegen die Ukraine nicht beim Eurovision Song Contest mitsingen dürfen. Nun muss eine Konkurrenzveranstaltung her - mit interessanter Gästeliste.
Von Newsdesk/©DPA
Unterhaltung
Queerfeindlichkeit
Eurovision Song Contest
Grossbritannien
Barleute als «Gender-Polizei»? Widerstand gegen britisches Anti-trans-Gesetz
Die britische Menschenrechtskommission EHRC steht massiv in der Kritik: Ein neuer Code of Practice könnte trans Menschen aus geschlechtsspezifischen Räumen ausschliessen. Hunderte Unternehmen warnen vor Diskriminierung und Konflikten im Alltag.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
TIN
Politik
USA
Attentat auf Charlie Kirk: Mutmasslicher Täter wegen Mordes angeklagt
Der Tod von Charlie Kirk entfaltet in den USA enorme politische Wirkung. Während das Verfahren gegen den mutmasslichen Attentäter anläuft, wird Kirk von vielen Anhänger*innen schon zum Märtyrer stilisiert.
Von Newsdesk/©DPA
Queerfeindlichkeit
News
TIN
Norwegen
Doku über Skandal-Paar: Die Prinzessin und ihr bisexueller Schamane
«Ein Schamane und eine Prinzessin verlieben sich ... und es gibt Bösewichte», so wird die Netflix-Doku angekündigt. Bei der Geschichte von Märtha Louise und Durek Verrett geht es also um mehr als nur eine royale Liebesgeschichte.
Von Newsdesk Staff
Gesellschaft
International
Liebe
Bi