«Arise» feiert Premiere – The Show DOES Go On
Zu den Gästen gehörten Conchita Wurst, Jean Paul Gaultier und Nicolas Puschmann
1.267 Zuschauer*innen, darunter zahlreiche prominente Gäste aus Gesellschaft und Politik, feierten am Mittwoch die Uraufführung der «Arise»Grand Show im Berliner Friedrichstadt-Palast mit lang anhaltenden Ovationen. Die auf zwei Drittel der Sitzplätze begrenzte Saalkapazität tat der Stimmung keinen Abbruch.
In der RTL-Show «Alles nichts oder» mit Hella von Sinnen und Hugo Egon Balder wurden früher reichlich lustige Spiele gespielt. Man musste etwa Zungenbrecher möglichst einwandfrei aussprechen. Zu den einfacheren gehörte dieser: Es tanzt das Friedrichstadt-Palast-Ballett auf dem Friedrichstadt-Palast-Parkett. Seit Mittwoch tanzt es tatsächlich wieder: In Berlin wurde am Abend die neue Show «Arise» uraufgeführt.
Dabei stand man vor Beginn der Show vor einer ziemlichen Herausforderung: Ausgerechnet die Erst- und Zweitbesetzung der Hauptfigur, des Fotografen Cameron, fielen aus – verletzungsbedingt, nicht wegen Corona. Bei der Uraufführung spielte darum Dimitri Genco die Hauptrolle: ein Tänzer des Balletts, während die Stimme der Erstbesetzung Frank Winkels vom Band kam.
Bevor die Show losging, gab es mächtigen Applaus, als Intendant Berndt Schmidt die Gäste begrüsste: «Willkommen zurück in Ihrem Palast!» Ohne die Politik gäbe es das Theater nicht mehr, sagte Schmidt und bedankte sich artig bei den anwesenden Senatoren für Kultur und Finanzen, Lederer Linke) und Kollatz (SPD), für die Unterstützung in der Corona-Pandemie. Der Dank des Intendanten galt ausdrücklich auch den Berliner Oppositionsparteien, die die Massnahmen mitgetragen hatten.
Den Titel «Arise» – (wieder) aufstehen – hat man klug gewählt, nach 18 Monaten Pandemie. Im Mittelpunkt steht der Fotograf Cameron. Mit seiner Muse reist er um die ganze Welt. Als er sie verliert, reisst es sein Glück in Stücke. Versunken in Dunkelheit starrt Cameron auf seine Fotos an der Wand, als diese plötzlich wieder zum Leben erwachen. Es ist das personifizierte «Licht», das ihn magisch hineinzieht in die emotionalsten und schönsten Erinnerungen der gemeinsamen Zeit.
Soweit die Story, wie der Palast sie seinen Grand Shows gerne unterstellt. Sie hilft in der Regel nur bedingt, aber sie stört auch nicht
Ein bisschen ist es in den Shows im Friedrichstadt-Palast ja wie beim Eurovision Song Contest: Die Zuschauer*innen hören die Musik zum ersten Mal, das heisst: Sie muss auf Anhieb funktionieren. Und das kann man uneingeschränkt über alle Songs sagen. Die Genres reichen von HipHop über Funk und Dancehall bis House – zwei Songs stammen aus der Feder von ESC-Gewinnerin Conchita Wurst (MANNSCHAFT berichtete). Daneben gibt es etliche schöne Balladen. Gesungen wird auf Englisch und Deutsch, wobei die deutschsprachigen Textstellen angenehm geschmackssicher ausfallen. Die Rapeinlagen der Figur «Zeit» klingen bisweilen arg nach dem 90er-Jahre-Phänomen Mr. President, aber so eine Zeitreise in die Vergangenheit passt ja irgendwie zum Charakter.
Mit einem Produktionsbudget von 11 Millionen Euro ist die neue Grand Show weltweit betrachtet die personell und technisch aufwändigste Uraufführung, die seit März 2020 Premiere feierte. Dafür werden hohe Schauwerte geboten. Eurovision-Song-Contest-Set Designerin Frida Arvidsson schuf das überwältigende Bühnenbild, zu dem u.a. Wasserbecken mit Springbrunnen gehören. Vom bereits erwähnten Friedrichstadt-Palast-Ballett mit Beinen bis zum Mond ganz zu schweigen.
Man muss in der ersten Hälfte lange auf die erste Artistik-Nummer warten, dafür ist sie umso atemberaubender. Die Herrschaften vom Russian Swing Act, die schon beim Cirque de Soleil für Furore sorgten, liefern sich Sprungduelle auf der Doppelschaukel. Die Nummer gilt als eine der aufregendsten und gefährlichsten Akrobatikdisziplinen der aktuellen Zirkuswelt.
In der zweiten Hälfte sind es die Artist*innen der New Flying Caceres am Schwungtrapez, die beim Publikum Herzrhythmus-Störungen auslösen. Ein einzigartiger Nervenkitzel, wie man ihn zuletzt bei den Triells der Kanzlerkandidat*innen arg vermisst hat und der zu Recht mit Standing Ovations belohnt wurde.
Am Ende sind alle happy und geflasht: Die Künstler*innen, die Verantwortlichen auf und hinter der Bühne und natürlich das Publikum. Zu den prominenten Gäste gehören Conchita Wurst, Klaus Wowereit, Jean Paul Gaultier und «Prince Charming» Nicolas Puschmann (der zuletzt selber als Tänzer auffiel – MANNSCHAFT berichtete).
Ihm hat die Show «sehr sehr gut» gefallen. «Wenn ich hier her komme, hab ich die Erwartung, etwas zu sehen, das ich noch nie vorher gesehen habe, und das habe ich heute wieder erlebt. Die Kostüme waren der Wahnsinn! Man konnte alles vergessen, was da draussen gerade los ist. Ich habe mich gut abgeholt gefühlt.»
Auch die offen schwulen Senatoren, Klaus Lederer (Kultur) und Dirk Behrendt (Justiz und Antidiskrimierung) haben die Show genossen. «Man kann sich schön zurücklehnen und zwei Stunden lang träumen», sagt Behrendt. «Die Musik war toll, und hübsche Männer spielten auch noch mit.»
Moderatorin Kim Fisher ist ebenfalls bestens gelaunt an diesem Abend. «Wir sind zum ersten Mal wieder alle zusammen. Wir drehen alle zusammen durch. Es ist so toll, dass der Palast überlebt hat und alle, die hier auf und hinter der Bühne mitwirken. Die Stimmung ist super! Sowas kann man nach dem langen Lockdown überhaupt nicht negativ finden. Das gehört sich nicht.»
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