Er schrieb «Naked Lunch» und «Queer»– Vor 25 Jahren starb William S. Burroughs
Er war einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts
William S. Burroughs starb am 2. August vor 25 Jahren. Der homosexuelle US-Autor («Junkie») verstörte seine Leser*innen immer wieder mit bizarren literarischen Fantasien. Für Norman Mailer war er nicht weniger als ein Genie.
«Ein widerlicher Gifthauch ununterbrochener Perversion, literarischer Abschaum»: Mit diesen harschen Worten setzt der Supreme Court in Massachusetts den Roman «Naked Lunch» von William Seward Burroughs auf den Index.
Das Amerika von 1965 ist noch nicht bereit für einen nihilistischen Schriftsteller, der es wagt, Tabuthemen wie Drogensucht, Dealen, Homosexualität, Gewalt und Geisteskrankheit in einem Roman von verstörender Kraft zu verarbeiten. Zumal dieser weder eine lineare Handlung noch einen logischen Zusammenhang erkennen lässt.
Heute gilt «Naked Lunch» als eines der Hauptwerke der so genannten Beat Generation. Was wahrscheinlich auch David Cronenbergs kongenialer filmischer Adaption aus dem Jahr 1991 zu verdanken ist.
Bereits 1945 verfassen der damals 31-jährige Burroughs und der 23-jährige Jack Kerouac in ihrer New Yorker WG gemeinschaftlich den Roman «Und die Nilpferde kochten in ihren Becken». Zu dieser Zeit lernt der Harvard-Absolvent und Waffenliebhaber Burroughs seine zweite Frau Joan Vollmer sowie den schreibenden Stricher Herbert Huncke kennen. Von diesem Pionier der amerikanischen Schwulenbewegung lässt Burroughs sich Anfang der 1950er zu dem Roman «Junkie» inspirieren.
Eigene Frau erschossen Darin verarbeitet er einerseits seine eigene Heroinsucht, andererseits seine Erfahrung als Drogendealer. «Junkie» erscheint vorerst zwar nur im Format eines Groschenhefts unter dem Pseudonym William Lee, doch der Autor kann endlich beweisen, welches Talent in ihm steckt.
Gleichzeitig macht ihn das skandalöse Werk zum Ziel etlicher polizeilicher Untersuchungen. Zu diesen Unannehmlichkeiten kommt der tragische Umstand, dass der Waffennarr und Junkie seine Frau Joan 1951 in Mexiko City im Rausch versehentlich erschiesst – und zwar beim albernen Nachspielen von Schillers «Wilhelm Tell». Vermutlich hat Burroughs es seiner reichen, einflussreichen Familie zu verdanken, dass er für diese Tat niemals zur Rechenschaft gezogen wird.
1952 verarbeitet er seine Homosexualität in dem autobiografischen Roman «Queer». Es soll die einzige realistische Liebesgeschichte in seinem umfangreichen Werk bleiben. Anschliessend siedelt er ins marokkanische Tanger über, dort macht er neue spirituelle Erfahrungen und arbeitet an einem weiteren Roman.
«Naked Lunch» markiert einen Bruch in seinem Erzählstil; wendet Burroughs bei diesem experimentellen Buch doch erstmals die Cut-up-Technik an. Sie geht auf den Künstler Brion Gysin zurück. Dabei wird ein abgeschlossener linearer Text in kleine Stücke geschnitten, anschliessend werden die Wort- oder Satzfetzen assoziativ wieder zusammengesetzt, so dass am Ende ein völlig neuer Text entsteht. Dieser erinnert irgendwie an eine Jazz-Improvisation.
Schon bald zieht der rastlose Autor weiter, diesmal nach Paris, wo er «Naked Lunch» vollendet und seine «Nova-Trilogie» beginnt. Und zwar im so genannten «Beat Hotel» des Ehepaars Rachou, einer Absteige für mittellose Künstler im Latin Quarter. Hier lernt Burroughs den Briten Ian Sommerville kennen, seine grosse Liebe. Die beiden gehen nach London. Der Kontakt zu Paul McCartney entsteht. Der erlaubt Burroughs sogar, die Proben für den Song «Eleanor Rigby» aufzunehmen. Die Beatles verewigten ihn schliesslich auf dem Cover von «Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band».
1974 kehrt Burroughs nach New York zurück und schliesst Freundschaften mit Andy Warhol, Susan Sontag, Mick Jagger, Jimmy Page, Lou Reed und Patti Smith. Zudem wirkt der Senior in Filmen von Gus van Sant mit und lässt sich durch das legendäre «Ägyptische Totenbuch» zu einer ungewöhnlichen Roman-Trilogie inspirieren. Mit Nirvana-Frontmann Kurt Kobain nimmt er die sperrige Gitarrenplatte «The Priest They Called Him» auf, aus einer Zusammenarbeit mit Tom Waits und dem Theaterregisseur Robert Wilson entsteht das Theaterstück «The Black Rider». Es entwickelt sich in den 1990ern zu einem Welterfolg.
Am 2. August 1997 stirbt William S. Burroughs an einem Herzinfarkt.
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