EKD beklagt Hate Speech bei Themen Gender und Homosexualität
Kirchen und die Diakonie sind in den Sozialen Netzwerken zunehmend mit Hate Speech konfrontiert. Immer wieder wird die Grenze zu Beleidigung, Verunglimpfung oder sogar Drohung überschritten. Viele dieser Mails und Kommentare in den sozialen Netzwerken sind mit dem Themenfeld „Vielfalt” verknüpft und äußern sich vor allem zu Flüchtlingen, aber auch zu Gender oder Homosexualität.
„Vertreterinnen und Vertreter von Theorien aus der Genderforschung begegnen in einem solchen Maße Verzerrungen ihrer Darstellungen, Aufrufen zur Gegenwehr und Hass schürenden Feindbildern, wie kaum an anderer Stelle. Angesichts dessen sah sich das Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie veranlasst, eine wissenschaftliche Studie durchzuführen, die analysiert, ob und wie Kirche und Diakonie von Hate Speech betroffen sind, wenn sie sich zu Vielfaltsthemen äußern. Darauf basierend haben wir ganz konkrete Hilfestellungen für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zusammenhang mit Hass und Diffamierungen im Internet erarbeitet”, sagt Ellen Radtke, Studienleiterin im Studienzentrum für Genderfragen.
Wichtig ist es, die Verunglimpfung nicht hinzunehmen
Die Studie wurde durchgeführt in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg und erscheint unter dem Titel „Verhasste Vielfalt. Eine Analyse von Hate Speech im Raum von Kirche und Diakonie mit Kommentierungen”. Sie untersucht unter anderem E-Mails und Kommentare, die an das „Wort zum Sonntag”, die Diakonie und den Info-Service der EKD geschrieben wurden. „Wichtig ist es, die Verunglimpfung nicht hinzunehmen, sondern die sprachlichen Muster, Argumentationsstrukturen und die Dynamik, mit der sich der Hass ausbreitet, genau zu betrachten”, sagt die Ludwigsburger Professorin Claudia Schulz, die die Untersuchung durchgeführt hat.
Besonders viele Fälle von Hate Speech richteten sich gegen den Präsidenten des Diakonie-Bundesverbandes, Ulrich Lilie, der für eine Aktion zur Flüchtlingshilfe geworben hatte, aber auch gegen den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm, der sich in der Sendung „Anne Will“ klar gegen eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen ausgesprochen hatte. Er hatte vor einer „Chaotisierung“ gewarnt und „Humanität und Sachlichkeit“ angemahnt.
Die Studienergebnisse und Empfehlungen wurden am Rande der diesjährigen Synode der EKD vom 12. bis 15. November in Bonn vorgestellt. In der Analyse „Verhasste Vielfalt“ heißt es:
Pastorin Annette Behnken spricht am 27. Juni 2015 das „Wort zum Sonntag“ zum Thema „Frauen im Test“ (Das Erste 2015). Im Zusammenhang mit den Geschlechtertests vor der Frauenfußball-WM in Kanada 2015 für alle Teilneh- merinnen sprach sie von einem „Rückfall in das Verständnis der Geschlechterunterschiede aus vergangenen Jahrhunderten“. Behnken kritisiert klare Zuordnungsversuche der Geschlechter, da man „wissenschaftlich keine klare Grenze zwischen männlich und weiblich“ ziehen könne. Diese Aussagen führten zu einer Flut an persönlich adressierten E-Mails und Facebook-Kommentaren sowie von Kommentaren auf Blogs und der „Wort zum Sonntag“-Homepage. Was mit der Kritik an der Auffassung, dass Geschlecht sozial hergestellt bzw. konstruiert wird und der Idee einer Vielfalt an Geschlechtsidentitäten begann, weitete sich im Netz zu einer sprichwörtlichen Hetze aus, die in Beschimpfungen und Drohungen gipfelt.
Mehr Menschen aus der Kirche sollten sich bei Facebook, in Blogs etc. zu Wort melden und zur Mäßigung aufrufen.
In der Untersuchung schildert auch Reformationsbotschafterin Margot Käßmann die Diffamierungen, denen sie ausgesetzt ist: „Es gibt meist einen Anlass, ein Interview, einen Zeitungsbericht, der eine Welle nach sich zieht, entweder per E-Mail oder in den entsprechenden Blogs und Kommentarfunktionen.” Ihrer Meinung nach kann die Kirche als Institution etwas tun, um die Kommunikation online und per E-Mail positiv zu beeinflussen. „Ich denke, mehr Menschen aus der Kirche sollten sich bei Facebook, in Blogs etc. zu Wort melden und zur Mäßigung aufrufen. Das kann die Kirche auch insgesamt durch Predigten, Beiträge und auch im Konfirmations- und Religionsunterricht kann das thematisiert werden, zumal viele Jugendliche massiv betroffen sind”, so Käßmann.
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