Die Nominierten stehen fest – Ist der Grammy divers genug?
Die grössten Siegchancen hat Beyoncé bei der Grammy-Gala Ende Januar
Der Grammy ist der begehrteste Musikpreis der Welt. Kein Wunder, dass schon die Nominierungen Gefühle auslösen. Justin Bieber, The Weeknd und Nicki Minaj halten damit nicht hinterm Berg. Und eine schon früher heiss diskutierte Frage stellt sich wohl immer noch: Ist der Musikpreis divers genug? Von Lukas Dubro und Werner Herpell (dpa)
Die mit Spannung erwarteten Nominierungen für die Grammys 2021 haben bei Popstars Jubel, aber auch Enttäuschung oder Zorn ausgelöst. So beschwerte sich der Sänger Justin Bieber über die stilistische Einordnung seiner Musik. Wütender fiel die Kritik des R&B/Hip-Hop-Künstlers The Weeknd aus. Zudem ging die Debatte weiter, inwieweit die Grammys der zunehmenden Diversität in der Musikszene – etwa in puncto Hautfarbe – nach einigen Verbesserungsvorstössen nun tatsächlich gerecht werden.
Bieber (26, «Sorry») war am Dienstag in vier Kategorien nominiert worden – dreimal davon unter Pop, auch mit dem Album «Changes». Aus seiner Sicht ein Fehler: «Es war und ist ein R&B-Album. Es ist seltsam, dass es nicht als solches anerkannt wird», hiess es in einer Stellungnahme des Sängers auf Instagram. Von den Akkorden über die Melodie bis zu zum Gesangsstil sei seine neue Platte doch «unbestreitbar und unverkennbar» ein R&B-Album.
Der Kanadier, der bisher einen Grammy und 14 Nominierungen geholt hat, fügte hinzu: «Bitte versteht dies nicht als Undankbarkeit, es sind lediglich meine Gedanken. Nehmt sie an oder nicht.» Ein weisser Sänger, der sich darüber mokiert, dass seine Musik nicht als «schwarzer» R&B klassifiziert wird – darüber spottete umgehend der afroamerikanische Hip-Hop-Künstler Zé Taylor.
Abel Makkonen Tesfaye (30) alias The Weeknd, einer der erfolgreichsten Musiker Amerikas, ging bei den Nominierungen gänzlich leer aus. «Die Grammys bleiben korrupt. Ihr schuldet mir, meinen Fans und der Industrie Transparenz …», schrieb der Kanadier auf Twitter. Zuletzt hatte sein Album «After Hours» in den US-Charts abgeräumt – auf die begehrte Grammy-Kandidatenliste half ihm das nicht.
Auch The Weeknd gewann diesen Preis bereits – zuletzt 2018. Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass er beim American-Football-Grossereignis Super Bowl 2021 in der Halbzeitshow auftreten soll. Dies könne ihn nun eine Nominierung gekostet haben, schrieb das Promi-Portal «TMZ». Demnach hätten die Grammys The Weeknd exklusiv für ihre eigene Show buchen wollen. Harvey Mason Jr. von der zuständigen Recording Academy wies diese Auslegung zurück und tröstete den Musiker, dessen «Enttäuschung» er verstehe: «Unglücklicherweise gibt es jedes Jahr weniger Nominierungen als Künstler, die es verdient hätten.»
Kritische Worte fand auch US-Rapperin Nicki Minaj (37). Sie war zwar dieses Jahr gar nicht im Feld der Nominierten – dafür aber 2012 in der Grammy-Kategorie «Bester neuer Künstler» nicht als Siegerin zum Zuge gekommen, was sie noch heute ärgert. Nach Meinung der in den USA hoch erfolgreichen Musikerin lag der Misserfolg damals womöglich an ihrer Hautfarbe: «Sie gaben (den Award) dem weissen Mann Bon Iver.»
Damit spielt Minaj auf eine Diskussion an, die 2018 nach einem Diversitätsskandal so richtig Fahrt aufnahm: Haben die Juror*innen einen fairen Blick auf die Szene, werden etwa schwarze oder queere Künstler ausreichend gewürdigt? Im Jahr 2015 etwa konnte sich Sam Smith über 6 Trophäen freuen – MANNSCHAFT berichtete) Am Mittwoch urteilte Fachkorrespondent David Oliver in der Zeitung USA Today, zwar seien Fortschritte gemacht worden – «aber nicht genug». Harvey Mason Jr. von der Academy sagte, man sei über den Weg zu mehr Gerechtigkeit optimistisch, aber «wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt».
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Wie schwer der Job für die Grammy-Juroren ist, zeigt auch dieses Jahr wieder ein Blick auf wichtige Kategorien und Nominierte. So wird der britische Soul-Musiker Michael Kiwanuka mit «Kiwanuka» für «Bestes Rockalbum» gelistet. Die US-Sängerin Brittany Howard taucht auf bei «bestes Alternative-Music-Album» und bei «Beste R&B Performance». Manches erschliesst sich nicht. Dass bei der stilistischen Einordnung – nicht nur aus Justin Biebers Sicht – einiges durcheinander geht, ist indes nicht neu. Auch nicht, dass wichtige Künstler mit Meisterwerken gar nicht zu den Grammy-Nominierten gehören, diesmal beispielsweise Bob Dylan mit dem Album «Rough And Rowdy Ways».
Die aktuellen Nominierungen umfassen den Zeitraum vom 1. September 2019 bis zum 31. August 2020. Die begehrtesten Musikpreise der Welt werden in rund 80 Kategorien vergeben, etwa 13 000 Mitglieder der Recording Academy entscheiden über die Preisträger. Mit den grössten Siegchancen geht US-Sängerin Beyoncé (39) in die Grammy-Gala am 31. Januar: Sie sammelte neun Nominierungen in acht Kategorien ein – mit Werken, die sich konkret an die schwarze Community richten, unter anderem wurde ihr Song «Black Parade» nominiert.
Ebenfalls mehrere Nominierungen erhielten Vorjahres-Seriensiegerin Billie Eilish, Folkpop-Superstar Taylor Swift (die sich immer wieder für LGBTIQ-Rechte einsetzt – MANNSCHAFT berichtete), Dua Lipa, Roddy Ricch, Megan Thee Stallion und DaBaby. Einige Trophäen könnten nach Deutschland gehen: So wurde der Pianist Igor Levit in der Kategorie «Bestes klassisches Instrumentalsolo» für seine Beethoven-Sonaten nominiert, hier haben auch der Violinist Augustin Hadelich und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eine Chance. Im Jazz-Sektor ist die Frankfurt Radio Big Band nominiert, in einer Opern-Kategorie Orchester und Chor der Deutschen Oper Berlin.
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