Die Liebe fühlen in Slowenien
Eine Reise in das wohlhabendste und vielleicht schönste Land des ehemaligen Jugoslawiens
Im Norden Österreich, im Westen Italien und im Nordosten Ungarn und Kroatien im Südosten: In Slowenien muss man sich einfach wohlfühlen – mittendrin in Europa.
Slowenien rühmt sich gerne, das einzige Land auf der Welt zu sein, das die Liebe im Namen trägt – in der englischen Schreibweise jedenfalls. I feel slovenia lautet denn auch der Claim, den die Tourismus-Beauftragten dem Land verpasst haben. Nur etwas über 2 Millionen Menschen leben hier, im wohlhabendsten Land des ehemaligen Jugoslawiens. Wenn man übers Land fährt – und das sei allen Besucher*innen dringend empfohlen – und einem die Alpen den Blick auf den Horizont versperren, könnte man fast auf die Idee kommen, man sei im Allgäu gelandet.
Die Republik Slowenien hat zwei berühmte Töchter: Die eine heisst Ana Roš, ist Star einer «Chef´s Table»-Folge auf Netflix und gilt spätestens seit ihrer Kür zur Weltköchin 2017 zu den grössten Attraktionen des Landes. Ihr Restaurant Hiša Franco, wo sie u. a. «In Heu gekochte Kartoffel mit Eigelb und Lamm» serviert, findet man kurz vor der italienischen Grenze, in der kleinen Gemeinde Kobarid. Wer hier speisen will, sollte besser vorbestellen.
«Crêpe Melania» als Spezialität des Hauses Die andere, noch etwas berühmtere Tochter, hat einst für Gucci und Camel gemodelt und lebt längst in den USA, wo sie mit dem Präsidenten des Landes verheiratet ist. Melanija Knavs, besser bekannt als Melania Trump, stammt aus dem knapp 18 000-Einwohner-Städtchen Sevnica, 80 km östlich von Ljubljana. Hier werden seit ein paar Jahren «Melania Tours» angeboten.
Der Veranstalter wirbt auf seiner Homepage mit den Fragen: Was, wenn man sehen könnte, wo sie zur Schule gegangen ist? Wo sie mit Freunden gespielt hat? Antwort: Man kann, und da bei der Tour regionales Essen und ebensolcher Wein inklusive sind, dürfte sich der Trip auch kulinarisch lohnen. Zum Naschen empfiehlt sich möglicherweise auch ein Stück Torte aus weisser Schokolade mit Goldverzierung namens «Melania», die eine lokale Bäckerei anbietet, oder eine goldgesprenkelte «Crêpe Melania», die Spezialität des örtlichen Pfannkuchenhauses.
Und wenn man schon mal hier ist, dann sind es nur noch 40 km weiter südöstlich bis nach Brežice, kurz vor der kroatischen Grenze. Wer ein bisschen Zeit übrig hat, der/dem sei ein Besuch im Posavski Muzej empfohlen. Das Museum zeigt in einem seiner Räume einen Schrank voller «unpassender Geschenke»: Hier findet sich u. a. ein Titten-Teddy, den mal ein schwuler Slowene von seinen besonders lustigen Freunden zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen hat. Humor haben sie auch, die Slowen*innen.
Katholische Kirche macht Politik gegen LGBTIQ Den braucht man auch. Denn selbst wenn es in Artikel 7 der Verfassung heisst: Die Religionsgemeinschaften sind vom Staat getrennt, so mischt sich doch die katholische Kirche auf unangenehm penetrante Art immer wieder in die Politik ein. Nachdem das Parlament im Jahr 2015 ein Gesetz verabschiedet hatte, das gleichgeschlechtlichen Paaren eine vollwertige Ehe ermöglichte, wurde es in einem Referendum kurz vor Weihnachten 2015 wieder ausser Kraft gesetzt. 63,5 % der Stimmberichtigten sagten Nein zur Eheöffnung, mobilisiert von der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupt Papst Franziskus, die für ein Nein plädiert hatten. Ein gutes Jahr später, im Februar 2017, trat schliesslich ein Gesetz in Kraft, das gleichgeschlechtliche Partnerschaft der Ehe fast gleichstellte – die Adoption fremder Kinder bleibt verboten.
Wer sich in Ljubjlana umsieht, wo über eine Viertelmillion Menschen leben, erlebt eine junge Hauptstadt-Bevölkerung, die umwerfend gastfreundlich ist, gerne feiert und singt. Die Pride dagegen – eine der kleineren in Europa, aber dafür definitiv umso politischer – nimmt man hier sehr ernst.
Ohne Kommerz, gegen Hatespeech Bei der Pride in der wunderschönen und sehr europäischen Stadt legt man viel Wert auf Intersektionalität, ist beispielsweise klar antirassistisch ausgerichtet. Die politische Botschaft ist den Organisator*innen wichtig. Alljährlich gibt man sich einen Themenschwerpunkt, in diesem Jahr nahm man sich das Problem von Hatespeech vor.
Kommerz lehnt man ab, darum ist auch keine Werbung von Firmen und Unternehmen gestattet. Mit Leuten, die bloss eine grosse Party feiern, mit Besucher*innen, die sich nicht von politischen Aussagen stören oder sogar schockieren lassen wollen, findet man wenig Schnittmengen. Die gibt es sowohl unter Lesben wie offenbar vor allem unter Schwulen, was einer der Gründe ist, warum das Organisationskommitte der Pride fest und ausschliesslich in den Händen von Lesben und trans Personen liegt. Simona Muršec ist dessen Präsidentin.
Es begann mit 200 Leuten Die formell erste Pride fand in Ljubljana in 2002 statt, erzählt die Pride-Chefin Simona. «Wir zählen aber schon 2001 mit, damals gab es den ersten Protestmarsch in der Stadt, als Reaktion auf einen homophoben Vorfall auf der Terrasse eines Cafés mitten in Ljubljana.»
In den ersten Jahren kamen etwa 200 bis 300 Leute zur Parade. Mehr Teilnehmer*innen wurden es erst nach dem verlorenen Referendum im Jahr 2012, bei dem die Liberalisierung des Familiengesetzbuches abgelehnt wurde. Die von der katholischen Kirche unterstützte «Slowenische Zivilinitiative für die Familie und Kinderrechte» erzielte damals 55 % Zustimmung. Viele Mitglieder der LGBTIQ-Community waren schockiert von dem Ergebnis, erzählt Simona. Es wurden dann irgendwann 500 Teilnehmer, und in den letzten Jahren wuchs die Zahl sogar auf 2000 queere Demonstrant*innen und mehr (MANNSCHAFT berichtete).
Pride – und die Stadt feiert mit Seit ein paar Jahren findet sich sogar immer mehr Publikum. Tourist*innenen, die Pride-Paraden vielleicht aus ihren Ländern kennen, sehen vom Rand zu. Auch Anwohnende hängen inzwischen aus Solidarität Flaggen aus ihren Fenstern. Und dieses Jahr hat auch Maribo, die zweitgrösste Stadt des Landes, Kulturhauptstadt 2012, mit 800 Leuten die erste Pride gefeiert. Alles verlief friedlich.
Trotzdem bleiben Homo- und Transphobie ein Problem, auch in der Hauptstadt. Immer gibt immer wieder Übergriffe auf Menschen, die von Partys der LGBTIQ-Community kommen und nach Hause gehen. Die Pride-Organisator*innen raten darum, in Gruppen nach Hause zu gehen oder ein Taxi zu nehmen. Immerhin, man hat einen guten Dialog mit der Polizei in der Stadt, so die Pride-Präsidentin Simona. Die Einsatzkräfte zeigen sich bei Veranstaltungen der Community, wenn auch teilweise mit zusammengebissenen Zähnen.
Im Bürgermeister von Ljubljana, Zoran Janković, hat man einen wichtigen Verbündeten. Er ist bereits in der dritten Amtszeit und setzt sich für Minderheiten wie etwa die LGBTIQ-Community ein. Allerdings äusserte er sich zuletzt wenig hilfreich; so findet er etwa, die Stadt sei doch so liberal und freundlich, man brauche doch eigentlich keine Pride mehr. Und das, erzählt Simona, sagte er ausgerechnet auf der Pride-Bühne. Seither ist das Verhältnis zwischen ihm und den Organisator*innen angespannt. Mittlerweile lässt man bei der Pride lieber den Vizebürgermeister öffentlich sprechen.
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