«Der komplette Tequila» – Grace Jones wird 75
Die Diva und Queer-Ikone denkt nicht ans Aufhören
Sängerin, Schauspielerin, Mode-Ikone, Gesamtkunstwerk: Grace Jones feierte mit Andy Warhol, schauspielerte an der Seite von Roger Moore, brachte Erfolgsalben heraus – und all das immer mit ihrem ganz eigenen Stil. Jetzt wird Jones 75 – und macht einfach weiter.
Von Christina Horsten, dpa
Mindestens zwei grosse Festival-Auftritte will sich Grace Jones in den kommenden Monaten selbst zum Geburtstag schenken: Beim Blue Note Jazz Festival in New York und dem Festival Something in the Water in Virginia Beach ist die Musikkünstlerin, die an diesem Freitag 75 Jahre alt wird, fest auf der Bühne eingeplant. Alter? «Mein Gott, dieses Wort benutzte ich nicht. Ich nenne es Weisheit.»
Jones ist Model, Sängerin, Musikerin, Schauspielerin – Gesamtkunstwerk. Sie feierte mit Andy Warhol im berühmten New Yorker «Studio 54», modelte für die Vogue und schauspielerte neben «James Bond» Roger Moore. Für den Dreh einer Bettszene für «Im Angesicht des Todes» schnallte sie sich einen Dildo um, um ihren Filmpartner zu ärgern: Der hatte sich zuvor – von Jones‘ lauter Musik im Hotel genervt – über «Ruhestörende Ureinwohner» beschwert. Dafür rächte sich Jones. Das Filmteam war eingeweiht und lachte herzlich. Moore aber schmiss die Szene.
Im Sommer 2019 trat sie neben Kylie Minogue bei der Brighton Pride auf:
Geboren wurde Jones 1948 als Grace Mendoza in dem kleinen Ort Spanish Town nahe der jamaikanischen Hauptstadt Kingston. Anfangs wurde sie hauptsächlich von ihren streng religiösen Grosseltern grossgezogen, dann holten ihre in den US-Bundesstaat New York ausgewanderten Eltern sie und ihre Brüder in den 1960er Jahren nach.
Jones studierte Theater, bekam erste Film- und Fernsehrollen und schliesslich auch einen Plattenvertrag. Songs wie «I Need a Man» oder «Do or Die» wurden zu Disko-Hits. Nebenbei modelte sie und wurde von schwulen Künstlern wie Andy Warhol und Keith Haring und Star-Fotografen wie Helmut Newton porträtiert.
Auch mit ihrem Temperament machte Jones Schlagzeilen. Einen britischen Talkshow-Moderator schlug sie, als er ihr den Rücken zudrehte. «Ich habe mich geändert und bin nicht mehr so ungeduldig, wie ich früher einmal war», sagt sie heute. «Ich habe aufgehört, Menschen zu hauen. Lasst uns einfach sagen, ich schlage niemanden mehr zusammen.» Zu ihren Fehlern stehe sie offen, sagt Jones. «Ich mag keine Menschen, die Dinge verstecken. Wir sind nicht perfekt, wir haben alle Dinge, die andere Menschen möglicherweise nicht sehen wollen, aber ich zeige gerne meine Fehler.»
Mehrere Beziehungen scheiterten. Am stolzesten sei sie heute auf ihren einzigen Sohn Paolo – «Songschreiber, Produzent und unglaublicher Musiker» – und auf ihre «wunderschöne» Enkeltochter, sagt Jones.
Wie lange sie ihr volles Programm noch weitermachen und dabei so blendend aussehen kann? Ein Ende sei nicht absehbar, sagt Jones. Schönheitsoperationen lehnt sie ab. «Ich lasse mich nicht aufschneiden.» Ihr Aussehen sei einfach genetisch. Und ausserdem: «Ich rebelliere immer. Ich denke nicht, dass ich je aufhören werde. Wie man sich einst an sie erinnern solle? «Erinnert euch an mich wie an den kompletten Tequila.»
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