Aidshilfe: «Erneut kein Ende der Diskriminierung» bei Blutspende
«Die Bundesärztekammer hat es geschafft, die meisten schwulen Männer weiterhin auszuschliessen»
Homosexualität gilt in den neuen Blutspende-Richtlinien nicht mehr als risikoreich, wohl aber Analverkehr. Das sei nach wie vor ein Ausschluss schwuler Männer, argumentiert die Deutsche Aids-Hilfe.
Die Deutsche Aidshilfe hat die erneuerte Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer (BÄK) als nach wie vor diskriminierend bezeichnet und neue Regeln gefordert. «Zum wiederholten Mal hat die BÄK eine inakzeptable Regelung vorgelegt und die Perspektiven zahlreicher kompetenter Verbände zuvor ignoriert», teilte der Verband mit. Das Ziel der Ampelkoalition, der Diskriminierung schwuler Männer und trans Menschen ein Ende zu setzen, sei gescheitert, hiess es in der Mitteilung.
Die Bundesärztekammer hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass am 4. September eine Erneuerung der Blutspende-Richtlinie in Kraft tritt (MANNSCHAFT berichtete). Demnach dürfen die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität künftig keine Rolle mehr bei der Risikobewertung spielen. Unter anderem Schwulenverbände hatten die bisherige Praxis immer wieder als diskriminierend bewertet. Als risikoreich zählt Sexualverhalten, wenn die Gefahr, sich mit einer schweren Infektionskrankheit anzustecken, deutlich erhöht ist. Dazu gehört künftig etwa Sex mit insgesamt mehr als zwei Personen und Sex mit einer neuen Person, wenn dabei Analverkehr praktiziert wurde.
Ziel der Risikoanalyse ist es, die Übertragung einer Infektion auf den Empfänger einer Blutspende möglichst zu verhindern. Künftig darf zunächst nicht Blut spenden, wer solchen risikoreichen Sex hatte. Ausschlaggebend sind dabei die letzten vier Monate vor der Spende. Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und für trans Menschen fallen weg.
Die Aidshilfe hält die Regelung für Analverkehr für falsch. «Die neuen Regeln sind weder wissenschaftlich evident noch beenden sie die Diskriminierung», sagt Aidshilfe-Vorstandsmitglied Sven Warminsky. «Die Bundesärztekammer hat es geschafft, die meisten schwulen Männer weiterhin auszuschliessen, ohne dies klar zu benennen.»
Analsex an sich sei kein Risiko. «Diese Annahme ist stigmatisierend», heisst es in der Mitteilung weiter. Auch die Regelung zur Rückstellung von Menschen, die Sex mit einer HIV-positiven Person hatten, sei nicht richtig. Dem Verband zufolge gibt es unter wirksamer HIV-Therapie beim Sex kein Übertragungsrisiko. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Schutzmassnahmen wie Kondome und HIV-Prophylaxe in der Risikobewertung nicht berücksichtigt würden.
Der Verband forderte neue Regeln, die nicht allein von medizinischen Fachgesellschaften erarbeitet werden dürften. Verbände müssten in den Prozess mit einbezogen werden.
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