AfD-Kandidat gewinnt erstmals eine Wahl zum Oberbürgermeister
Bei der Landtagswahl in Sachsen will die gesichert rechtsextremistische Partei nun 40 Prozent holen
Die AfD stellt erstmals mit Tim Lochner einen Oberbürgermeister – im sächsischen Pirna. Die Parteiführung sieht darin eine Steilvorlage für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen.
Nach dem Sieg ihres Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Pirna geht die AfD selbstbewusst in das Wahljahr 2024. «Wir wollen hier in Sachsen gewinnen, wir wollen deutlich gewinnen, wir wollen an die 40 Prozent rankommen. Das ist eine Steilvorlage für unsere Partei für das nächste Jahr», sagte der sächsische AfD-Chef Jörg Urban der Deutschen Presse-Agentur. Die AfD habe gezeigt, «dass es geht», dass sie mit einem deutlichen Vorsprung auch gegen die CDU und die Freien Wähler gewinnen könne.
Im Vorfeld der Wahl hatte sich der CSD-Verein der Stadt mit Lochner getroffen und von einem «konstruktiven» und offenen Gespräch berichtet. Das war bei vielen LGBTIQ auf Unverständnis gestossen (MANNSCHAFT berichtete). Immer wieder werden queere Vereine und Organisation in Sachsen – wo die AfD bei der Bundestagswahl 2017 stärkste Partei wurde – angefeindet, teils auch bedroht oder sabotiert, vor allem in Pirna (MANNSCHAFT berichtete).
In Sachsen wird am 1. September 2024 ein neuer Landtag gewählt. Bereits im Juni stehen Kommunalwahlen und Europawahlen an. In Sachsen regiert derzeit eine Koalition aus CDU, Grünen und SPD mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an der Spitze. In einer Anfang Dezember veröffentlichten Umfrage in Sachsen stand die AfD mit 33 Prozent gleichauf mit der CDU.
Mit Tim Lochner hatte am Sonntag erstmals ein Kandidat der AfD eine Oberbürgermeisterwahl in Deutschland gewonnen. Der 53 Jahre alte Tischlermeister und Restaurator setzte sich im zweiten Wahlgang gegen Kontrahenten von CDU und Freien Wählern durch. Lochner selbst ist parteilos, trat aber für die AfD an. Laut Stadtverwaltung kam er nach dem vorläufigen Ergebnis auf 38,5 Prozent der Stimmen. Dahinter rangieren Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) mit 31,4 Prozent und der parteilose Ralf Thiele mit 30,1 Prozent, der für die Freien Wähler ins Rennen gegangen war. Die Wahlbeteiligung lag bei 53,8 Prozent.
AfD-Bundeschefin Alice Weidel schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): «Gratulation nach Pirna!» AfD-Kandidat Tim Lochner wurde dort mit grossem Abstand zu seinen Konkurrenten zum ersten AfD-Oberbürgermeister gewählt. Danke an die vielen Wähler, die dieses für die AfD historische Ergebnis möglich gemacht haben!»
Die unterlegene Kandidatin Dollinger-Knuth war im zweiten Wahlgang auch von SPD, Grünen und Linken unterstützt worden. «Obwohl wir fast alle Kräfte hinter unserem politischen Angebot versammelt haben, hat sich der Wähler anders entschieden. Leider haben sich die Freien Wähler entschlossen, allein weiterzumachen und damit den Weg für einen AfD-Erfolg geebnet», sagte sie. Beides gelte es zu akzeptieren.
Vor Pirna hatten AfD-Kandidaten schon zwei wichtige kommunalpolitische Ämter in Deutschland geholt. Im Juni gewann die AfD erstmals eine Landratswahl – mit Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg in Thüringen. Im August wurde Hannes Loth bundesweit erster Bürgermeister einer deutschen Gemeinde – in Raguhn-Jeßnitz (Sachsen- Anhalt). Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte die sächsische AfD unlängst als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Die Frage, ob er damit ein Problem habe, für die Partei in das Rathaus zu ziehen, verneinte Lochner auch am Sonntagabend.
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