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35’000 Menschen protestieren in Ungarn gegen queerfeindliche Politik

37 Staaten fordern Ungarn auf, diskriminierende Gesetze aufzuheben

Budapest Pride
Seit zwei Jahren gilt in Ungarn ein sogenanntes «Kinderschutzgesetz», das Homosexualität fälschlicherweise mit Pädophilie gleichsetzt. (Foto: Marton Monus/dpa)

Dipolomat*innen und Menschenrechtsorganisationen solidarisierten sich auf der Budapester Pride mit der queeren Community.

Die Regenbogenparade in Budapest gehört zu den wichtigsten und grössten queeren Demonstrationen in Osteuropa. Laut Angaben der Organisator*innen zogen am Samstag 35’000 Menschen bei glühender Hitze durch die Strassen der ungarischen Hauptstadt. Sie protestierten gegen die jüngsten Massnahmen der rechtspopulistischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán. Die Stimmung war friedlich. Hunderte Polizisten sperrten die Strassen entlang der Strecke grossräumig ab. Es gab nur kleinere Gegendemonstrationen.

Die prominentesten Teilnehmer*innen der Budapester Pride waren der Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony und David Pressman, US-Botschafter in Ungarn. Auch Diplomat*innen vieler EU-Staaten nahmen an der Parade teil. Pressman hatte Orban im Juni scharf kritisiert (MANNSCHAFT berichtete).

Die linken und liberalen Oppositionsparteien waren mit eigenen Gruppen und Fahrzeugen vertreten. Hinzu kamen internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Von Wien aus reiste die Sozialdemokratische Partei (SPÖ) mit einer Delegation von 30 Teilnehmer*innen nach Budapest, um ihre Solidarität mit der LGBTIQ-Community in Ungarn auszurücken.


Kurz vor der Parade forderten die Regierungen von 37 Staaten, darunter die USA und alle EU-Länder mit Ausnahme von Polen, Ungarn auf, die Rechte  von LGBTIQ-Menschen besser zu schützen und diskriminierende Gesetze aufzuheben.

Die Teilnehmer*innen der Parade solidarisierten sich auf Plakaten mit der Buchhandelskette Lira, die von den Behörden zur Zahlung einer Geldstrafe von umgerechnet 32’000 Euro aufgefordert wurde. Es ist die höchste Strafe, die in Ungarn je gegen einen Buchhändler verhängt wurde. Denn das Unternehmen hatte in seinen Filialen den Jugendcomic «Heartstopper» verkauft. Dabei handelt es sich um eine schwule Liebesgeschichte von Charlie und Nick. In vielen Ländern hatte das bewegende LGBTIQ-Drama renommierte Preise gewonnen. Das Buch ist für Personen ab 14 Jahren geeignet. Die Handlung wurde von Netflix verfilmt. Die zweite Staffel von Heartstopper ist im August zu sehen (MANNSCHAFT berichtete). Die ungarischen Behörden behaupten, dass das Buch Werbung für Homosexualität mache. Daher hätte die Buchhandelskette Lira das Buch gesondert – und in Folien verpackt – verkaufen müssen.

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35’000 Menschen nehmen an der Pride-Parade in Budapest teil. (Bild: Marton Monus/dpa)

Die Vorgangsweise gegen die Buchhandelskette ist kein Einzelfall. So haben Organisator*innen der Budapester Regenbogenparade einen Werbefilm von 30 Sekunden für die Budapester Pride gedreht. In dem Zeichentrickfilm sind zwei Frauen, die ihre Stirn berühren, zu sehen. Die ungarische Medienbehörde beschloss, dass der kurze Zeichentrickfilm nicht für Personen unter 18 Jahren geeignet ist. Daher durften die Fernsehsendern den Clip nur zwischen 22 Uhr in der Nacht und fünf Uhr in der Früh ausstrahlen. Die TV-Sender hatten Angst vor hohen Strafen und hielten sich an die Anordnung der Medienbehörde.


Anlass für die restriktive Vorgangsweise ist ein vor zwei Jahren von der ungarischen Regierung beschlossenes Anti-LGBTIQ-Gesetz, das angeblich Kinder und Jugendliche schützen soll. Zahlreiche EU-Länder haben sich einer Klage, die von der Europäischen Kommission eingereicht wurde, angeschlossen.

Vertreter*innen der LGBTIQ-Community sagten, dass das Gesetz anfangs nicht angewendet wurde. Doch in den vergangenen Monaten ist die ungarische Regierung innenpolitisch zunehmend unter Druck geraten. Schuld daran ist die hohe Inflation, die in keinem EU-Land vorübergehend so hoch war wie in Ungarn. Beobachter behaupten, dass Orban mit dem Kampf gegen queere Menschen von den wirtschaftlichen Problemen im eigenen Land ablenken will.


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