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Nur jeder Zehnte weiss: Unter Therapie ist HIV nicht übertragbar

Unter dem Motto #wissenverdoppeln startet die Deutsche AIDS-Hilfe eine neue Kampagne. Botschaft: Unter Therapie ist HIV nicht mehr übertragbar

Foto: DAH/Screenshot

Unter dem Motto #wissenverdoppeln startet die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) am Mittwoch eine neue Kampagne. Die Botschaft: Unter Therapie ist HIV nicht mehr übertragbar.

Nur 10 Prozent der Bevölkerung kennen diese wissenschaftliche Tatsache, ergab eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Kampagne #wissenverdoppeln fordert dazu auf, sich zu informieren und auch anderen davon zu erzählen. Erstes Etappenziel: Die Zahl der Informierten soll sich verdoppeln. Und dann immer wieder – bis alle Bescheid wissen. Die Kampagne wird mit Bundesmitteln gefördert.

«Verpflichtungen»

«Diese gute Nachricht sollte heute zur Allgemeinbildung gehören», sagt Ulf Hentschke-Kristal vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. «Sie nimmt unnötige Ängste vor HIV-positiven Menschen und wirkt damit auch Ablehnung entgegen. Das Wissen sorgt für Entlastung bei Menschen mit und ohne HIV.»


Im Alltag ist eine HIV-Übertragung ohnehin ausgeschlossen – unabhängig davon, ob jemand Medikamente nimmt. Trotzdem werden Menschen mit HIV noch immer oft als Gefahr wahrgenommen. Auch das illustriere die zitierte BZgA-Befragung, heisst es in einer Pressemitteilung der DAH.

«Wenn selbst beim Sex keine Übertragung mehr möglich ist, erscheint die Angst vor einer Infektion über gemeinsam benutze Trinkgläser, Fitnessgeräte oder Toiletten hoffentlich als das, wie sie schon immer war: vollkommen abwegig», so DAH-Vorstand Hentschke-Kristal.


Dass unter erfolgreicher Therapie selbst beim Geschlechtsverkehr keine HIV-Übertragung mehr möglich ist, beweisen mittlerweile mehrere große Studien. Beobachtet wurden in den Studien Tausende gemischt HIV-positiv-negative Paare, die über 100.000 Male auf Kondome verzichteten, ohne dass es zu einer Übertragung kam. So trägt «Schutz durch Therapie» heute zu einer erfüllten Sexualität ohne Ängste bei.

Es ist toll zu erleben, wie sehr diese Nachricht die Menschen erleichtert

«Es ist toll zu erleben, wie sehr diese Nachricht die Menschen erleichtert», erzählt Jonathan (27), Sozialarbeiter in Berlin und eines der Kampagnengesichter von #wissenverdoppeln. Und fügt hinzu: «Ich bin immer wieder überrascht, wie überrascht die Leute sind.»

HIV-Neuinfektionen in Deutschland deutlich zurückgegangen

David (38) aus Berlin berichtet: «Mit der HIV-Therapie geht’s mir gut – und meine Partnerin schützt sie auch.» Seine Freundin Silke (39) ergänzt: «Dank Therapie spielt die HIV-Infektion in unserer Beziehung keine Rolle. Für mich ist das so, als wäre er kurzsichtig: Beides ist nicht ansteckend.»

Alle können sich entspannen!

Franziska (35) hat drei Kinder, die auf natürliche Weise gezeugt wurden und zur Welt kamen. Doch sie musste lange suchen, bis sie eine aufgeklärte Geburtsklinik fand. Ihr Statement: «Dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist, hat nicht nur meine Lebensqualität verbessert, sondern ist auch eine wichtige Botschaft für die Gesellschaft. Alle können sich entspannen!»

Fabian (26) aus Frankfurt berichtet, wie er Angst hatte, sich zu infizieren und seinen Freund André (36) zu verlieren, als dieser sein positives Testergebnis erhielt. Drei Jahre später hat sich die Situation entkrampft: «Ich hätte damals mehr Informationen gut gebrauchen können», zieht Fabian Bilanz.

Grosser Rückgang bei den HIV-Zahlen in der Schweiz

Eine HIV-Behandlung unterdrückt die Vermehrung von HIV im Körper. Das Virus ist dann im Blut nicht mehr nachweisbar. Dann ist auch eine Übertragung auf sexuellem Wege nicht mehr möglich. «Schutz durch Therapie» setzt dabei die regelmäßige Einnahme der Medikamente und die regelmäßige Kontrolle des Therapieerfolges voraus.

Diskriminierung gehört noch immer zum Alltag
Dank der heute verfügbaren HIV-Medikamente kann man mit HIV alt werden und leben wie alle anderen Menschen. Erschwert wird der Alltag mit HIV aber durch Diskriminierung, die in allen Lebensbereichen vorkommt – vom privaten Umfeld über die Arbeitswelt bis zum Gesundheitswesen. Zugrunde liegen meist irrationale Ängste vor einer HIV-Infektion sowie moralische Bewertungen des (vermuteten) Lebensstils der HIV-positiven Menschen.

Für ein selbstverständliches Miteinander
«Unser Ziel ist das ganz selbstverständliche Miteinander, das heute möglich ist – ohne Ängste, ohne Zurückweisung und Abwertung», betont Hentschke-Kristal. «Das Wissen um die Nicht-Übertragbarkeit unter Therapie kann dazu entscheidend beitragen. In diesem Sinne: Geteiltes Wissen ist doppeltes Wissen!»


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