Zwei neue Stolpersteine für schwule NS-Opfer in Krefeld
Beide Männer sassen wegen homosexueller Kontakte im Gefängnis
Am Donnerstag wurde in Krefeld-Mitte (für Carl Becker) und in Krefeld-Uerdingen (für August Kaiser) jeweils ein Stolperstein verlegt. Becker starb acht Jahre nach dem Krieg, Kaiser kam im Gefängnis um – er wurde zwangskastriert.
Carl Becker, geboren am 13.2.1885 in Duisburg-Neumühl, hatte seinen letzten freiwilligen Wohnort vor Beginn der NS-Verfolgung in Krefeld in der Dreikönigenstrasse. 29. Der Elektromonteur war verheiratet und hatte einen Sohn, geboren 1922. Im Jahr 1938 gab es die erste Verurteilung wegen homosexueller Kontakte zu sechs Monaten Gefängnis. Im August 1940 wurde er von einem Hausbewohner denunziert wegen Nichtzeigens des Hitlergrusses.
Ab April 1941 sass Becker in Untersuchungshaft wegen «widernatürlicher Unzucht», im November 1941 fand die zweite Verurteilung statt, diesmal zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus. Nach Haftverbüssung im Mai 1943 kam er in sogenannte Vorbeugehaft durch die Gestapo. Im Mai/Juni 1943 kam er ins Gefängniskrankenhaus Düsseldorf, im Juli 1943 folgte die Deportation in das KZ Dachau. Unter der Häftlingsnummer 49907 war dort zunächst registriert als «polizeilich Sicherungsverwahrter», dann als Rosa-Winkel-Häftling. Er musste Zwangsarbeit in den Aussenkommandos von Dachau leisten, in Friedrichshafen und Saalgau (beides waren Standorte der Zeppelinwerke, hier fand die kriegswichtige Luftwaffenproduktion statt).
Becker erlebte die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau Ende April 1945. Danach lebte er zunächst weiterhin auf dem ehemaligen KZ-Gelände. Seine Ehefrau Elisabeth zog im April 1946 vom zerstörten Krefeld zu ihm, erst im Dezember 1946 zogen die Eheleute Becker vom ehem. Lager in ein Wohnhaus in der Stadt Dachau. Die Ehefrau starb bereits im November 1947, Carl Becker lebte bis zu seinem Tod im Sept. 1953 in der Stadt Dachau. Der gemeinsame Sohn Karl-Heinz Becker wurde Soldat im zweiten Weltkrieg, er wurde im Januar 1944 im Raum Newel vermisst und im Jahr 1954 durch das Amtsgericht Krefeld für tot erklärt. Schon zuvor waren in Krefeld Stolpersteine für schwule NS-Opfer verlegt worden (MANNSCHAFT berichtete).
August Kaiser, geboren am 7. Februar 1889 in Dülken (heute ein Stadtteil von Viersen) bei Mönchengladbach. Der Ingenieur hatte seinen letzten freiwilligen Wohnort vor Beginn der NS-Verfolgung in Krefeld-Uerdingen, Schützenstrasse 17. Am 20. November 1941 wurde er durch die Polizei Köln wegen «Widernatürlicher Unzucht» verhaftet, bis dahin war er nicht vorbestraft.
Am 8. Mai 1942 wurde Kaiser verurteilt durch das Landgericht Krefeld wegen homosexueller Kontakte zu der hohen Strafe von dreieinhalb Jahren Zuchthaus unter Anrechnung von 4 Monaten U-Haft. Rechnerisches Strafende sollte der 8. Juli 1945 sein. Im Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen sass er ab 27. Mai 1942 und wurde als «moorunfähig» eingestuft – als zu krank und zu schwach. Am 23. Juni 1942 wurde er zwangskastriert.
Während der Haft in Remscheid-Lüttringhausen starb er am 24. Januar 1944. Die angebliche Todesursache laut Zuchthauskarteikarte: Herzmuskelschwäche. Laut Sterbeurkunde aus Remscheid: hochgradige allgemeine Körperschwäche.
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Zu verdanken ist die Aufarbeitung der Schicksale beider Männer Jürgen Wenke. Über Jahre recherchiert er zum Teil an einem Schicksal, bevor ein weiterer Stolperstein verlegt werden kann, der an die Verfolgung oder Vernichtung eines homosexuellen Mannes durch die Nazis erinnert (MANNSCHAFT berichtete). Weitere Biografien homosexueller Männer, die von den Nationalsozialisten verfolgt und getötet worden, finden sich hier.
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