Zürich: Neonazis stürmen Dragqueen-Vorlesestunde für Kinder
Der Vorfall ereignete sich während der «Drag Story Time» im Tanzhaus
Vermummte Rechtsradikale störten die «Drag Story Time» im Zürcher Tanzhaus, indem sie Parolen skandierten, Transparente entrollten und Rauchfackeln entzündeten. Es wurde Anzeige erstattet.
Seit bereits vier Jahren findet im Zürcher Tanzhaus regelmässig die «Drag Story Time» statt. Den drei- bis zehnjährigen Kindern soll dabei nicht nur die Kunst des Drag, sondern auch die Vielfalt der Geschlechter aufgezeigt werden. Die Vorlesestunde vermittle Diversität, Inklusion und Toleranz und lebe von einem offenen Diskurs über Geschlechteridentitäten und Rollenvorbildern, schreiben die Gastgeber*innen vom Tanzhaus.
Rauchfackeln und Parolen Der «Jungen Tat» sind solche Werte ein Dorn im Auge. Am vergangenen Sonntag mischten sich vermummte Personen der Neonazi-Gruppierung unters Publikum der Veranstaltungsreihe, wo sie anfingen, vor den anwesenden Kindern rechtsradikale Parolen zu skandieren. Sie wollten ausserdem ein Transparent entrollen, was die Veranstalter*innen jedoch verhindern konnten.
Wie die Gastgeber*innen in einer Mitteilung schreiben, blockierte ausserdem eine Gruppe von etwa neun Personen den Weg vor dem Tanzhaus. Sie hätten Rauchfackeln entzündet und ebenfalls Parolen geschrien.
Die Familien und auch die Täter*innen seien bereits weg gewesen, als die Einsatzkräfte beim Tanzhaus eingetroffen waren, schreibt Züri Today. Laut Polizei wurde inzwischen Anzeige erstattet und die Ermittlungen seien im Gange.
Leichtes Ziel gesucht Die relativ junge Neonazi-Gruppe «Junge Tat», die ursprünglich aus Winterthur stammt und mittlerweile schweizweit ihr Unwesen treibt, bekannte sich in den sozialen Medien zu diesem Hassverbrechen. In der Vergangenheit zeigte sie auch – stets vermummt – an Massnahmendemos und an Veranstaltungen zum Tag der Arbeit Präsenz.
Dass sie sich eine harmlose Vorlesestunde für Kinder als Ziel aussucht, sei wenig überraschend, sagt Dirk Baier, Professor für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW, gegenüber Züri Today. «Die Junge Tat sucht sich leichte Ziele für ihre Aktionen aus, bei denen man nicht mit solchen Störaktionen rechnet. Gleichzeitig sind es Ziele mit hoher ideologischer Bedeutung und auch mit Potenzial für öffentliche Aufmerksamkeit.»
«Mehr Glitzer!» Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, kann nicht verstehen, dass gegen Gruppierungen wie die «Junge Tat» nicht mehr unternommen werde. «Rechtsextreme werden in der Schweiz kaum beobachtet. Sie können machen, was sie wollen. Da versagt der Staat», sagt er gemäss Züri Today. «Wir als Gesellschaft müssen uns ganz klar gegen den Hass positionieren. Das beginnt bereits am Stamm- oder Familientisch.»
Organisatorin Brandy Butler äusserte sich in den sozialen Medien ebenfalls zum Vorfall: «Ich habe keine Angst vor Neonazis. Es ist ihnen nicht gelungen, mich von meiner Arbeit abzuhalten.» Sie sei zwar schockiert über das Verbrechen, lasse sich aber nicht «die Party ruinieren». «Wir werden sie einfach noch grösser machen, mit mehr Glitzer und Drag-Performern!»
Einen ähnlichen Vorfall gab es im Sommer bereits an der Zurich Pride: Der Abschlussgottesdienst in der Kirche St. Peter und Paul wurde damals von vermummten Personen gestört (MANNSCHAFT berichtete).
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