Zu schwulenfreundlich: Vatikan feuert Jesuiten-Rektor
Etliche Geistliche und Student*innen von Ansgar Wucherpfennig äußern Kritik am Vorgehen Roms
Allzu positive Aussagen zur Homosexualität und zur Segnung schwuler und lesbischer Paare hört man aus der katholischen Kirche nicht oft. Ansgar Wucherpfennig werden sie jetzt sogar zum Verhängnis. Sie werden den Rektor der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main wohl das Amt kosten. Nach Berichten mehrerer Medien verweigert die Bildungskongregation im Vatikan dem Geistlichen die Unbedenklichkeitserklärung und verlangt den öffentlichen Widerruf seiner homofreundlichen Positionen.
Was hatte Wucherpfennig gesagt? 2016 hatte der Professor für Neues Testament die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Interview als „tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen“ bezeichnet. Wucherpfennig, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch Homosexuelle seelsorgerisch betreut, sprach sich demnach für eine stärkere kirchliche Anerkennung von Schwulen und Lesben aus.
Am anderer Stelle sagte er, man könne nicht verantworten, „dass wir Menschen, für die die Homosexualität zur Identität gehört, von der Kirche ausschließen.“
Mit großer Mehrheit wiedergewählt Erst im Februar war Wucherpfennig für eine dritte Amtszeit von zwei Jahren wiedergewählt worden, und zwar mit großer Mehrheit. Ohne die römische Zustimmung darf er das Rektorenamt seit dem 1. Oktober allerdings nicht mehr ausüben. Die staatlich anerkannte, private katholische Hochschule wird nun kommissarisch von Prorektor Thomas Meckel geleitet.
Von Wucherpfennigs Äußerungen bekam offenbar irgendwie die Glaubenskongregation in Rom Wind. Beanstandet habe man dort übrigens auch dessen Aussagen zur Diskussion über Frauen in den geistlichen Ämtern der katholischen Kirche, berichten die Zeitungen
An seiner Loyalität und damit auch an seiner Eignung für das Rektorenamt bestehen nicht die geringsten Zweifel
Wucherpfennig will seine Äußerungen nicht widerrufen. „Nicht gegen meine Überzeugungen“, sagt der 52-Jährige. „Ich halte die Einwände Roms für ein Missverständnis von Aussagen, mit denen ich ganz und gar auf dem Boden der katholischen Lehre stehe.“ Sein direkter Vorgesetzter, Provinzial Johannes Siebner SJ, sagte den Zeitungen, er stehe uneingeschränkt hinter Wucherpfennig. Denn an seiner Loyalität und damit auch an seiner Eignung für das Rektorenamt bestünden nicht die geringsten Zweifel.
Der für Sankt Georgen zuständige Bischof von Limburg, Georg Bätzing, stellte sich ebenfalls vor Wucherpfennig. Er habe der Wiederwahl „uneingeschränkt“ zugestimmt, sagte ein Bistumssprecher. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass „Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten“. Der Bischof hofft auf eine gütliche Lösung.
In einem offenen Brief stellten sich aktuelle und ehemalige Studierende und Mitarbeitende der Hochschule hinter ihren „engagierten Lehrer“ und forderten, seine Entlassung zu überdenken.
Die Pfarrer der katholischen Pfarreien in Frankfurt erklärten gemeinsam, man sei „fassungslos“. Man halte die Anregungen von Wucherpfennig für einen wichtigen Diskussionsbeitrag und sei ihm dafür sehr dankbar. „Die zutiefst erschreckenden Erkenntnisse der MHG-Studie zum Missbrauch an Minderjährigen in der katholischen Kirche machen deutlich, dass auch der pathologische Umgang der Kirche mit dem Thema (Homo-)Sexualität sexualisierte Gewalt begünstigt. Der Versuch, das offene Gespräch über Sexualfragen innerhalb der Kirche zu unterbinden, ist daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt genau das falsche Signal.“
Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer zeigte sich ebenfalls über das Vorgehen des Vatikan fassungslos. „Wann hört ein solches autoritäres Gebaren in unserer Kirche endlich auf?“, schrieb er am Sonntagabend auf Facebook. Am Montag fügte er hinzu, der Fall zeige, wie groß der Reformbedarf in der katholischen Kirche sei.
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Auch der Frankfurter Stadtdekan, Johannes zu Eltz, reagierte mit Ärger und Unverständnis. Wucherpfennig sei „ein lauterer Priester und ein unbestechlicher Wissenschaftler“.
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sprach von einem „unerträglichen Vorgang“. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Thomas Andonie sagte am Montag in Rom, Akteure der Kirche missbrauchten hier ihre Macht. „Es wird versucht, einen Menschen kaltzustellen“, so Andonie. Ein solches Vorgehen lehne der BDKJ entschieden ab.
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