WHO: trans Menschen bald nicht mehr «psychisch krank»

Der Entschluss wird als Meilenstein für die Menschenrechte gewertet. Auf Unverständnis und Kritik stößt die WHO-Entscheidung, eine Diagnose für trans Kinder vor der Pubertät einzuführen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angekündigt, die Pathologisierung von trans Personen zu beenden. „Transsexualität“ und andere Diagnosen in Zusammenhang mit trans Identitäten sollen aus dem Katalog der psychischen Krankheiten gestrichen werden. Man will so die Stigmatisierung von trans Menschen beenden, wie die WHO bei Twitter ankündigte. Die neue internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, kurz „ICD 11“, soll ab 2022 international gelten. Darin gilt übrigens Online-Spielsucht neuerdings als Krankheit: Im neuen WHO-Katalog zählt exzessives Online-Spielen wie Glücksspielsucht zu den Suchtkrankheiten.

Kinder brauchen keine aufgezwungenen diagnostischen Prozesse

Dazu erklärt Sven Lehmann, Grünen-Sprecher für Queerpolitik:

„Der Entschluss der WHO ist ein Meilenstein für die Menschenrechte. Transsexuelle und transgeschlechtliche Personen sind nicht krank. Sie leben einfach ihr gutes Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung. Es ist also längst überfällig, dass die WHO dies auch in ihrem Katalog der psychischen Krankheiten berücksichtigt. Die Ankündigung ist ein wichtiger Beitrag zur psychischen Gesundheit.“ Leider habe die WHO gleichzeitig eine Diagnose für trans Kinder vor der Pubertät eingeführt. „Das kritisieren wir scharf, denn Kinder brauchen keine aufgezwungenen diagnostischen Prozesse, sondern ein akzeptierendes Umfeld, das sie in ihrem So-Sein annimmt und stärkt.

Die Bundesregierung müsse die Entscheidung der WHO zum Anlass nehmen, das „Transsexuellengesetz“ abzuschaffen und durch ein Gesetz zur gechlechtlichen Selbstbestimmung zu ersetzen. Denn bisher würden trans* Menschen in Deutschland gezwungen, sich als psychisch krank diagnostizieren zu lassen, um ihren Personenstand zu ändern. „Das ist aber eine freie und selbstbestimmte Entscheidung“, so Lehmann. „Wir brauchen einfache Verfahren zur Änderung des Personenstandes und Vornamens, ohne psychologische Zwangsgutachten. Ebenso brauchen wir ein Verbot von geschlechtszuweisenden Operationen und Hormonbehandlungen an Säuglingen ohne medizinische Indikation.“

Wir werden weiter Druck machen!

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber auferlegt, bis Ende diesen Jahres das Personenstandsrecht zu überarbeiten und eine „Dritte Option“ beim Geschlechtseintrag zu ermöglichen. „Leider ist aus dem Hause Seehofer bisher nur ein Schmalspur-Gesetz bekannt, das die großen Fragen geschlechtlicher Selbstbestimmung ignoriert. Wir werden gemeinsam mit den Verbänden weiter Druck machen“, kündigte Lehmann an.

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