Trans Menschen sollen Geschlecht und Vornamen unbürokratisch ändern können
Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante sollen ihr Geschlecht und ihren Vornamen im Personenstandsregister künftig unbürokratisch ändern können.
Um die Situation von Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante zu verbessern, will der Bundesrat die Änderung des Geschlechts und des Vornamens im Personenstandsregister vereinfachen. Personen, die innerlich fest davon überzeugt sind, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören, sollen Geschlecht und Vornamen mittels einer einfachen Erklärung ändern können. Eine vorgängige medizinische Untersuchung ist nicht notwendig. Ist die betreffende Person verheiratet, bleibt die Ehe bestehen; für die eingetragene Partnerschaft gilt das sinngemäss. Auch Kindesverhältnisse bleiben unverändert bestehen.
Mit den vorgeschlagenen Änderungen passt der Bundesrat die Gesetzgebung an die spezifische Situation an, in der sich Menschen mit Transidentität oder Geschlechtsvariante befinden. Die Revision liegt damit auf derselben Linie wie verschiedene Reformen des Zivilgesetzbuches in den letzten Jahren, etwa im Sorge-, Unterhalts- und Adoptionsrecht. Ziel dieser Reformen ist es, das Zivilrecht auf die tatsächlichen Bedürfnisse und die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Bevölkerung auszurichten.
Trans-Organisation: «Grundsätzlich positive Stossrichtung» Für Transgender Network Switzerland entspräche der Bericht «in einigen Punkten den langjährigen Forderungen von trans Organisationen in der Schweiz, doch es besteht Nachbesserungsbedarf im nun begonnen politischen Prozess.» Und trans Menschen müssen sich weiterhin in Geduld üben. «Bevor diese Änderungen Wirklichkeit werden, geht ein langer parlamentarischer Prozess voraus, in dem wir viel Aufklärungsarbeit leisten müssen», schreibt TGNS in einer Mitteilung. Zuerst müsse der Vorentwurf im Detail analysiert werden und dann selbstverständlich vor und hinter den Kulissen daran gearbeitet werden, damit am Ende eine möglichst gute Regelung für alle trans Menschen herauskomme, so die Organisation. Und TGNS sieht im Vorentwurf auch Schwächen, die es noch zu begeben gibt. So schliesst der Vorentwurf nicht-binäre Menschen explizit weiter aus und für Minderjährige hält er gemäss TGNS sogar Verschlechterungen gegenüber heute bereit.
Stefanie Hetjens, Präsidentin TGNS, fasst zusammen: «Bereits auf den ersten Blick sticht hervor, dass Nachbesserungsbedarf besteht: für eine tatsächliche Selbstbestimmung, bei dem zu schützenden Kindeswohl und der Öffnung auf mehr als zwei Geschlechter.»
Änderung des Register-Eintrags heute schwierig Heute muss jedes Kind nach der Geburt innert drei Tagen mit seinen Familien- und Vornamen, seiner Abstammung und seinem Geschlecht beim Zivilstandsamt angemeldet werden. Für die rund vierzig Kinder mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung, die jährlich in der Schweiz geboren werden, ist die heutige Regelung schwierig und häufig belastend: Auch wenn das medizinische Fachpersonal das Geschlecht des Neugeborenen nicht bestimmen kann, muss das Kind trotzdem mit einem männlichen oder weiblichen Geschlecht beim Zivilstandsamt angemeldet werden. Das Geschlecht und der Vorname können später nur in einem administrativen oder gerichtlichen Verfahren geändert werden.
Auch Transmenschen, deren Geschlechtsidentität sich von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht unterscheidet, sind mit grossen Schwierigkeiten konfrontiert. Gemäss Hochrechnungen leben in der Schweiz gemäss Bundesrat 100 bis 200 Transmenschen, die bereits eine Geschlechtsanpassung vorgenommen haben oder die eine Operation in Betracht ziehen. Bis in die jüngste Zeit konnten sie das Geschlecht im Personenstandsregister erst nach einer chirurgischen Sterilisation und einer operativen Angleichung der Geschlechtsorgane ändern lassen. Waren sie verheiratet, mussten sie sich zudem vorher scheiden lassen. Heute wird von solchen Anforderungen zwar abgesehen. Da jedoch keine klare gesetzliche Regelung besteht, müssen Transmenschen weiterhin hohe Hürden überwinden: Sie müssen die rechtliche Anerkennung der Geschlechtsänderung gerichtlich einklagen. Die Rechtspraxis ist uneinheitlich und die Verfahren werden als ungebührend langwierig und teuer empfunden. Deshalb möchte der Bundesrat das Zivilgesetzbuch anpassen.
Unabhängig von der vorgeschlagenen Gesetzesrevision prüft der Bundesrat gegenwärtig, ob die Ausführungsbestimmungen und das Personenstandsregister angepasst werden sollen, um die dreitägige Frist für die Anmeldung des Geschlechts beim Zivilstandsamt zu verlängern, wenn das Geschlecht nicht unmittelbar nach der Geburt bestimmt werden kann. In der Vergangenheit wurden bei Kindern ohne medizinische Notwendigkeit aufgrund des gesellschaftlichen Drucks teilweise irreversible geschlechtsbestimmende Operationen durchgeführt.
Bericht zur Frage eines dritten Geschlechts Mit der vorgeschlagenen Änderung des Zivilgesetzbuches wird kein drittes Geschlecht eingeführt. Der Bundesrat zeigt sich jedoch überzeugt, dass sich die Schweiz mit der Frage nach der Einführung eines dritten Geschlechts auseinandersetzen muss. Deshalb hat er im Februar dieses Jahres die Postulate von NR Sibel Arslan (17.4121) und NR Rebecca Ruiz (17.4185), die eine solche Prüfung fordern, zur Annahme empfohlen und sich bereit erklärt, zu dieser Frage einen Bericht zu erstellen.
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