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«Warum ein Land finanzieren, das Queers foltert und tötet?»

Studie zeigt Bedarf bei LGBTIQ-Reisen

Foto: Unsplash

Wenn auf Reisen im Ausland getrennte Betten für gleichgeschlechtliche Paare bereitgestellt werden – das gehört noch zu den harmloseren Geschichten, wenn LGBTIQ reisen, zeigt eine Studie.

Über 1.500 Unterkünfte in Deutschland tragen die Booking.com-Zertifizierung «Travel Proud». Die Anzahl hat sich hierzulande fast verdoppelt, seit das gleichnamige Programm im vergangenen Mai  auch auf Deutsch eingeführt wurde. Das grosse Interesse der Gastgebenden an der Zertifizierung spiegle eine positive Entwicklung in der Reisebranche wider, heisst es in einer Pressemitteilung. Doch aktuelle Zahlen von Booking.com zeigen, dass weiterhin Handlungsbedarf bestehe.


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Im Rahmen der deutschlandweiten Pride- und CSD-Veranstaltungen hat Booking.com in Berlin eine Studie vorgestellt. Mit dabei u.a.: Ayan Yuruk, TV-Host von «Queer Eye Germany» auf Netflix, und die Dragqueen Bambi Mercury. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass grosser Bedarf für die Tourismusbranche besteht, weitere Schritte in Richtung Inklusion zu gehen, heisst es.


Wir haben das Hotel selbstverständlich sofort verlassen.

Moderator Ayan Yuruk konnte die Ergebnisse der Studie direkt vor Ort bestätigen: «Ich muss zugeben, dass ich als schwuler Cis-Mann noch keine extrem negativen Erfahrungen gemacht habe. Aber es gab manchmal wirklich unangenehme Situationen.» Der Klassiker sei, dass in vielen Fällen getrennte Betten für gleichgeschlechtliche Paare angeboten würden.

«Bei mir ging es sogar so weit, dass in einem Hotel in Istanbul mein Freund, der zwei Tage später angereist war, nicht einmal in meinem Zimmer wohnen durfte. Die Situation entwickelte sich zu einem Drama, bei dem mehrere Mitarbeitende zusammenkamen, um die Angelegenheit zu diskutieren – und das in der Lobby, vor allen anderen Gäst:innen, wohlgemerkt. Das war für mich ein traumatisches Erlebnis und wir haben das Hotel selbstverständlich sofort verlassen.»

Bambi Mercury, bekannt aus «Queen of Drags», teilte im Panel Talk persönliche Erfahrungen: «Ich möchte selbst sicher von A nach B kommen und mich wohl und nicht als Mensch 2ter klasse fühlen wollen. Leider kann ich nicht nur von positiven Reiseerlebnissen berichten. Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Reisebranche reagiert. Ich persönlich würde auch nicht unbedingt in bestimmte Länder reisen. Warum sollte ich ein Land finanzieren, welches mitunter Frauenrechte belächelt und queere Menschen ächtet, foltert und tötet.»


Die Travel Proud-Studie 2023 von Booking.com illustriere ein Dilemma für queere Reisende: Erfreulicherweise hätten 69 % der deutschen LGBTIQ-Reisenden den Eindruck, dass sie als Teil der queeren Community selbstbewusstere Reisende sind – 10 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. Dem stehe jedoch eine andauernde Diskriminierung gegenüber: 60 % der deutschen Befragten hätten auf ihren Reisen Diskriminierung erlebt – und fast ein Drittel habe auf Reisen das Gefühl, dass sie ihr Verhalten ändern müssen, um eine voreingenommene Beurteilung oder unangenehme Interaktionen mit anderen zu vermeiden.

Mit seinem Travel-Proud-Programm will Booking.com dort ansetzen mit dem Ziel, dass die queere Community an so vielen Orten wie möglich willkommen geheissen werde – und sich somit allein darauf konzentrieren könne, ihre Reise zu geniessen, ganz gleich, wen sie lieben oder wie sie sich identifizieren.

Zu den Schwerpunkten von Travel Proud gehört: Zertifizierte Unterkünfte würden durch die Travel-Proud-Kennzeichnung auf Booking.com transparent hervorgehoben. Und bei der Buchung einer Unterkunft müssen Reisende in den meisten Fällen keine geschlechtsspezifische Anrede mehr wählen.

Ein Hospitality-Training soll die Unterkunftspartner*innen von Booking.com sensibilisieren.  Francesca Schiano, General Managerin vom 25hours Hotel Bikini Berlin, erklärte: «Das Training steht allen Unterkunftspartner*innen auf Booking.com kostenfrei zur Verfügung und sensibilisiert sie für die Barrieren, mit denen LGBTIQ-Reisende weltweit konfrontiert werden. Dahinter steht das Ziel, das Reisen für alle einfacher zu machen – ganz unabhängig ihrer Gender-Identität oder sexuellen Orientierung.»

Nadine Stachel, Regional Managerin D-A-CH bei Booking.com, fügte hinzu: «In der Tourismus-Branche gibt es noch viele Hürden hinsichtlich inklusiveren Reisens, aber wir möchten mit unserem Travel-Proud-Programm und der Studie unseren Beitrag leisten, das Thema aktiv voranzutreiben.»

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