in

Warum Christian und Cyrill die Ehe für alle wollen

«Jedes Mal, wenn man seinen Zivilstand mit ‹In eingetragener Partnerschaft› angeben muss, wissen alle, dass wir schwul sind.»

hochzeit
Bei ihrer Hochzeit fühlten Cyrill und Christian viel Rückhalt von Freund*innen und Familie. (Bild: privat/zvg)

Christian und Cyrill Oertig aus Luzern haben vor zwei Jahren auf dem Standesamt offiziell Ja zueinander gesagt und ihre Partnerschaft registrieren lassen. Doch sie wollen mehr: die gleichberechtigte Ehe und somit auch keine Zwangsoutings mehr.

Cyrill und Christian, nach elf Jahren Beziehung habt ihr eure Partnerschaft 2019 registrieren lassen. Warum?

Cyrill zu Christian: Weil du gefragt hast…

Christian (lacht): Ja, eigentlich gab es ja keinen Grund, zu heiraten. Obwohl wir Kinder mögen und mehrfache Patenonkel sind, wollen wir keine eigenen Kinder haben. Zudem ist heiraten in der Schweiz für zwei Vollverdiener steuerlich nicht lukrativ. Und trotzdem: Wir fanden es wäre schön, wenn wir ganz offiziell eine Familie werden. Es waren wohl emotionale Gründe.


Cyrill: Obwohl wir eigentlich unsere Nachnamen behalten wollten, habe ich Christian zwei Monate vor dem Hochzeitstermin gefragt, ob ich seinen Namen annehmen dürfe…

Christian: Ich fand das anfangs zwar etwas eigenartig, aber dann überhaupt nicht mehr: Ein Paar, ein Name, eine Einheit.

Warum nach elf Jahren und nicht schon viel früher?


Christian: Für uns gab es einfach keinen Grund, diesen Schritt früher zu machen. Doch nun sind wir in ein Alter, in dem viele um uns herum heiraten und Kinder kriegen. Warum also nicht auch wir?

Cyrill: … also heiraten, nicht das mit dem Kinderkriegen.

Christians Antrag war total romantisch: Im Urlaub auf den Malediven fragte er Cyrill, ob er sein Mann werden wolle.

Sagt mal, ist so ein Heiratsantrag auf den Malediven nicht etwas gar kitschig?

(Beide lachen) Christian: Das war spontan und ungeplant. Unsere Ferien auf den Malediven hatten wir schon ein Jahr vorher gebucht. Ich dachte mir dann, dass ein Antrag dort gut passen würde und habe im Vorfeld die Ringe organisiert. Ich wollte es dann gleich am ersten Tag hinter mich bringen, so nervös war ist.

Cyrill: … ich hatte null damit gerechnet!

Christian: Ja, er hat ein bisschen komisch geguckt und dann gesagt: «Ja, irgendwann schon.» Erst als ich die Ringe hervorholte, realisierte er, dass ich es ernst meinte… Zur Frage, ob wir kitschig veranlagt wären: Nein, überhaupt nicht. Von daher passte so ein Antrag auf den Malediven eigentlich überhaupt nicht zu uns. Ich habe dann auch nichts weiter organisiert und auch keine Rosenblätter gestreut oder dergleichen.

kuss hochzeit
Ein Antrag gehört zu einer Hochzeit einfach dazu, findet Cyrill. (Bild: privat/zvg)

Aber etwas traditionell ist ein solcher Antrag ja schon…

Cyrill: Ja, ein bisschen wohl schon. Ich finde, ein Antrag gehört zum Heiraten dazu. Es ist aber nicht so, dass Christian bei meinem Vater um meine Hand angehalten hätte oder so…

Nach der Registrierung auf dem Standesamt gab es zwei Tage später eine traditionelle Hochzeitsfeier. War das der berühmte schönste Tag in eurem Leben?

Christian: Ja, das kann man wohl sagen. Wir hatten überhaupt keinen Stress, weil wir für die Vorbereitung über ein Jahr lang Zeit und die Planung zwei Profis überlassen hatten.

Cyrill: Nicht nur für uns war es der schönste Tag, auch viel Gäste sagten, dass sie noch nie an einer schöneren Hochzeitsfeier gewesen waren.

Christian: Es herrschte eine ungezwungene, schöne, offene und lockere Atmosphäre. Unglaublich war der Rückhalt von Freund*innen und Familie, den wir spürten und wie viel Liebe uns entgegenschlug.

Cyrill: Nach der Hochzeitsfeier waren wir völlig fertig. Wir fragten uns, ob wir so viel Liebe überhaupt verdient hätten. Das war wirklich eine sehr, sehr emotionale Zeit.

Warum ist es euch wichtig, dass es künftig keinen Unterschied mehr zwischen einer eingetragenen Partnerschaft und der Ehe geben wird?

Christian: Da wir keine Kinder wollen, haben wir in der Tat nicht allzu viel von der Ehe. Aber dennoch: Es geht um den rechtlichen Schutz der Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Und zudem ist dieses Zwangsouting bescheuert.

hochzeitstorte
– Ein bisschen Regenbogen durfte an der Hochzeit von Christian und Cyrill nicht fehlen. (Bild: zvg/privat)

Wie meinst du das?

Christian: Jedes Mal, wenn man seinen Zivilstand mit «In eingetragener Partnerschaft» angeben muss, wissen alle, dass wir schwul sind. Nicht dass uns das stören würde, aber nerven tut das trotzdem. Wir wollen vor dem Gesetz gleich sein – mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten.

In Bezug auf die kommende Abstimmung: Seid ihr politischer aktiver als sonst? Wie äussert sich das?

Cyrill: Ja, auf unserer Terrasse hängt die offizielle «Ja, ich will»-Fahne und auch auf Whatsapp und Instagram mobilisieren wir für ein Ja. In unserem Freundeskreis ist ein Nein zur Ehe für alle eh gar kein Thema.

Christian: Eine gute Freundin von uns hat ebenfalls eine Fahne bestellt und aufgehängt. Nicht weil wir sie dazu überredet hätten, sondern weil sie ebenfalls findet, dass es höchste Zeit für Gleichberechtigung sei.

Falls die Ehe für alle kommt, werdet ihr eure Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen?

Beide (ohne zu überlegen): Ja.

Warum?

Christian: Weil wir Gleichheit wollen und Schluss mit dem Zwangsouting sein soll.

Für die Abstimmung am 26. September gilt es diejenigen zu überzeugen, die laut Umfragen «eher ja» oder «eher nein» sagen werden. Wie überzeugt man diese Unentschlossenen?

Cyrill: Indem man mit ihnen redet und das Gespräch sucht.

Christian: Viele wissen nämlich nichts über die rechtlichen Unsicherheiten von Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Wenn wir das ansprechen, sehen sie ein, dass dies unhaltbare Zustände sind.

Ich oder du?

Wer würde sich eher…

…. ein Tattoo stechen lassen?

Ohne zu zögern: beide. Beide haben schon Tattoos

…. seine Haare pink färben?

Beide sind sich einig, dass das eher Cyrill wäre.

…. auf eine Schlagerparty gehen?

wenn’s passt, gehen die beiden zusammen.

…. eine Schlange als Haustier halten?

Beide lachen: «Die Schlange haben wir schon. Eine Königspython namens Lisha. Sie ist die einzige Frau in unserem Haushalt und schon seit zehn Jahren bei uns.»

…. Veganer werden?

Christian: nie im Leben,

Cyrill: Wenn, dann eher ich. Aber die Gefahr ist klein…

…. den Hochzeitstag vergessen?

Cyrill zeigt auf Christian.

Christian: wohl eher ich, aber wenn, dann hoffentlich erst in 20 Jahren.

…. einen Monat ohne Internet klarkommen?

Cyrill: Christian, ich bin eher der Social-Media-Süchtige.

Christian sieht das auch so.


Papst Franziskus

Papst trifft Viktor Orbán in Budapest und wirbt für Diversität

Lil Nas X

Video des Jahres! Lil Nas X gewinnt mit «Montero»