Ungarns Gesetz gegen LGBTIQ – «Greift die EU endlich durch?»
Wie sollte man umgehen mit Viktor Orbán? Das schreibt die internationale Presse
Die EU sei unter Zugzwang, Ungarns neuestes Gesetz soll nicht ungestraft bleiben. Das sind die Kommentare der internationalen Presse zur Zukunft der Beziehungen zwischen der Union und dem Mitgliedsland.
«Eine Schande», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (MANNSCHAFT berichtete). Doch nur das neue Gesetz zu verurteilen, das die Information von Kindern und Jugendlichen über LGBTIQ-Themen verbietet, reicht nicht aus. Die Kommentare in Zeitungen aus der ganzen Welt besprechen das mögliche Durchgreifen der EU und die Streichung von Hilfsgeldern an Ungarn. Währenddessen erklärt der ungarische Aussenminister, dass das Gesetz nur Kinder vor Pädophilen schütze (MANNSCHAFT berichtete).
Jetzt könnten Europas Regierende genug von dem ungarischen Demagogen haben.
Washington Post (USA): Greift die EU im Streit mit Orbán endlich durch? «Seit über einem Jahrzehnt heizt Ungarns rechte Regierungspartei ihre politische Basis an, indem sie Geflüchtete, Muslim*innen, Jüd*innen und die LGBTIQ-Gemeinschaft dämonisiert, obgleich sie die Vorteile der Mitgliedschaft des Landes in der Europäischen Union geniesst. Brüssel hat dabei versagt, entschieden gegen die Regierung von Viktor Orbán vorzugehen, selbst als diese demokratische Kontrollmechanismen wie unabhängige Gerichte und Medien demontierte. Jetzt, endlich, könnten Europas Regierende genug von dem ungarischen Demagogen haben. (…) Wenn es jetzt, angesichts einer solchen Intoleranz (durch das Gesetz zur Homosexualität), härtere EU-Reaktionen gibt, dann ist es ein guter Zeitpunkt dafür.
Durch Annahme des Plans, Milliarden an Mitteln zur Erholung der Wirtschaft an ihre Mitglieder zu leiten, hat sich die EU im vergangenen Jahr auch mehr Einfluss auf Regierungen verschafft, die gegen demokratische Standards verstossen. (…) Zufällig braucht Orban die EU-Mittel mehr denn je. Wie viele andere populistische Regierende vermasselte er es, auf die Covid-19-Epidemie zu reagieren, mit dem Ergebnis, dass Ungarn in der Welt eine der höchsten Sterblichkeitsraten pro Kopf hat. Oppositionsparteien von der extremen Rechten bis zur sozialistischen Linken haben eine Koalition gegen ihn (Orbán) gebildet, sodass der Ausgang der nationalen Wahlen im nächsten Jahr eine offene Frage bleibt.»
Financial Times (GB): EU muss ihre Werte verteidigen «Ursula von der Leyen und die Staats- und Regierungschefs, die sich auf dem Gipfel äusserten, haben recht, wenn sie Würde, Gleichheit und Respekt für die Menschenrechte als grundlegende EU-Werte auflisten. Diese nicht zu verteidigen, würde die Mission der EU, Freiheit und Gerechtigkeit zu fördern, untergraben. Viktor Orbáns Regierung lenkt mit dem Auslösen eines Kulturkampfes von den Sorgen der EU über deren Versuche ab, demokratische und juristische Kontrollen zu untergraben. (…)
Geplante rechtliche Schritte der EU gegen Ungarns Gesetz könnten langwierig sein. Und ein Mechanismus, der die Auszahlung von EU-Strukturfonds an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit bindet, wird von Ungarn und Polen noch juristisch angefochten. Aber da die Kommission in Kürze Ungarns Pläne zur Verwendung von sieben Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbauprogramm absegnen soll, könnten Brüssel und andere Hauptstädte Budapest signalisieren, dass sie besonders streng prüfen werden, ob die wirtschaftlichen Reformverpflichtungen eingehalten werden, wenn das Land nicht von seinem Kulturkampf ablässt. Um ihre Werte zu schützen, wird die EU sowohl finanzielle als auch rechtliche Druckmittel einsetzen müssen.»
Aftenposten (Norwegen): Ungarns Homophobie muss bekämpft werden «Sowohl die NATO als auch die EU sind Wertegemeinschaften. Beide werden durch Mitgliedstaaten herausgefordert, die in eine inakzeptable Richtung gehen. (…) Die Situation für LGBT-Menschen ist in vielen Ländern unter Druck. (…) Für die EU sind diese Staaten seit langem eine gewaltige Herausforderung. Sie können nicht so einfach aus der Union geworfen werden, was ausserdem die Situation ihrer LGBT-Bürger nicht verbessern würde. Aber sie können rechtlich und finanziell unter Druck gesetzt werden. Manchmal hilft das. Hoffentlich hilft es diesmal.»
Nepszava (Ungarn)»: Orbán kniet vor niemandem nieder «Warum er die Europäische Union (EU) nicht verlasse, fragte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte seinen ungarischen Amtskollegen. Schon bei seiner Ankunft in Brüssel hatte Rutte in Sachen «Pädophilie-Gesetz» gemeint, Ungarn sei «auf die Knie zu zwingen». (…) Orban hätte schon längst den «Krämerladen» EU verlassen, doch dann müsste jemand anderes sein Land finanzieren. Doch für Moskau und Peking ist Ungarn nur so lange interessant, als sich das EU-Land als Brechstange zur Destabilisierung der Union gebrauchen lässt. (…)
Die EU lehnt sich auf Orbans Schultern, damit er niederkniet. Er wird es nicht tun. Niemals. Eher steigt er aufrecht stehend aus dem Ring. Ihm nachtrotten wird ein gespaltenes ungarisches Volk. Ein Schamgefühl werden nur wenige verspüren.»
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