Über die schlichten Gemüter von Menschen mit sexuellem Begehren
Ein queeres Begehren gibt es nicht, schreibt unser Autor
Warum lesbische Radikalfeministinnen trans Frauen ablehnen, Begehren nicht fluide ist und für Partner*innen nach einer Transition oft nur Freundschaft bleibt – dazu unser Samstagskommentar*.
Der Streit in unserer Community um die Frage, ob trans Frauen auch Frauen sind, könnte eigentlich leicht beigelegt werden. Denn es ist eine theoretische Erwägung, nur dies zunächst: Wer sich selbst identitär als Frau versteht, ist eine. So die Wünsche aus der transaktivistischen Bewegung. Und zwar selbst dann, wenn diese Person, also biologisch ein Mann mit entsprechender Hormonstruktur und Geschlechtsteilen, sich nicht zu einer medizinischen und pharmakologischen Transition entscheidet. Das Selbstverständnis zähle, nichts weiter. So weit, so verstehbar. Freiheit muss auch in puncto Geschlechtsidentität gelten – niemand kann sich ernsthaft dieser Forderung verweigern.
Andererseits ist auch klar, dass, wer in der politischen Arena Ansprüche anmeldet, auch Resonanzen erntet, die den Fordernden nicht gefallen. Lesbische Radikalfeministinnen etwa sagen, dass Frauen, die mit ihrer Geburt und ihren Jahren bis zur Selbsterkennung männliche Wesen waren, nicht als Frauen aufwuchsen und deshalb nicht wirklich patriarchalen Druck auf Mädchen und junge Frauen kennengelernt haben. Andere fügen ausserdem an, dass Frauen, die sich als solche identifizieren, aber biologisch in einer männlichen Körperlichkeit leben, nicht Teil des Frauensports sein können, denn eine männliche Physis ist der weiblichen in allen Disziplinen, in denen es auf Muskelkraft ankommt, prinzipiell überlegen.
Aber sei’s drum: Über diese Probleme lässt sich debattieren, vielleicht mit etwas weniger moralischem Druck seitens des Transaktivismus gerade radikalfeministischen Frauen wie Joanne K. Rowling gegenüber (MANNSCHAFT berichtete) – und darauf möchte man hoffen.
Elliot Page und Emma Portner lassen sich scheiden
Knitterig, unbügelbar nicht glatt zu kriegen, ist indes ein anderes Problem, ebenfalls aus diesem queeren Themenspektrum: Das des Alltags, und in diesem das sexuelle Begehren. Und die Kränkungen, ganz generell gesprochen, nicht wirklich begehrt zu werden, in die Nacht hinein alleingelassen zu lassen. Und dieses Problem ist eines, das wie ein weisser Elefant im queeren Raum steht: Dass es auch als qua Selbsterklärung transitionierte identifzierte Person keine Garantie auf sexuelles Glück gibt.
Neulich erzählte mir eine Bekannte kummervoll, eine lesbische Frau, dass sie sich von ihrer Frau getrennt habe, denn diese war keine mehr, sondern war auf dem Weg zu einer Person männlichen Geschlechts inklusive Mastektomie – chirurgisch entfernte weibliche Brüste – und einem Geschlechtsorgan wie ein Penis statt einer Vagina. Sie sagte nur, erotisch sei der Ofen aus, denn bei aller Liebe: Sie begehre als Lesbe nur Frauen ohne Penis oder Penisplastik, also Frauen, die es schon immer waren, biologisch, körperlich, einschliesslich der Sexualorgane. Nun sei Freundschaft geblieben, vielleicht, so hoffe sie.
Der weisse Elefant im Raum beschreibt das Begehren von Menschen – eines, das nicht fluide ist, flüssig, anpassbar, eines, das bei Lesben und Schwulen eben körperlich auf das gleiche Geschlecht gerichtet ist. Das heisst: Ein queeres Begehren gibt es nicht, wer vor Trieblust einem anderen Menschen an die Wäsche gehen will – Einverständnis vorausgesetzt –, sucht im homosexuellen Fall eine Person des gleichen Geschlechts.
Für schwule Männer heisst das: Die Präsenz eines echten Penis ist in 99 Prozent aller Fälle die erste und wichtigste Voraussetzung aller sexuellen Akte. Und im lesbischen Fall – das Vorhandensein von Brüsten und Vagina. Das ist auch nicht verhandelbar, sozusagen änderbar: Ein Triebschicksal ist psychisch so fundiert, wie es auch bei heterosexuell orientierten Menschen ist.
Ich kenne Frauen, die auf das freundschaftlichste intim mit ihren besten Frauenbuddies sind, auch Heteromänner dieser Art kenne ich, wirklich auch körperlich nah mit ihren besten Kumpels – aber eben nicht sexuell begehrend. Schwule Männer und lesbische Frauen mögen noch so freundlich und offen in erotischer Hinsicht sein: Am Ende des Tages, wenn’s um Begehren geht, zählt ein gleichgeschlechtliches Gegenüber mit allen Originalgeschlechtsteilen. Begehren ist nicht transitionierbar, jedenfalls, auch in sexualwissenschaftlicher Hinsicht, nur äusserst zufällig und sowieso sehr selten.
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Insofern ist der Wunsch von trans Menschen, mit der angenommen geschlechtsangepassten Identität sei auch in sexueller Hinsicht alles möglich, schwules oder lesbisches oder heterosexuelles Begehren, ein schwierig zu erfüllender. Man muss das vielleicht in diesen woken Zeiten einmal nüchtern aussprechen: Freundschaften hängen nicht am Geschlecht, müssen es jedenfalls nicht, aber sexuelles Begehren braucht das jeweils ersehnte biologische Originalgeschlecht. Viele trans Männer und Frauen wissen das und akzeptieren dies. Wer es nicht tut, übersieht die unüberwindlich schlichten Gemüter von Menschen, die ein sexuelles Begehren in sich tragen.
*Die Meinung der Autor*innen von Kolumnen, Kommentaren oder Gastbeiträgen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
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