Trans in der Gay Sauna: «So darfst du hier aber nicht sein»
Neulich in Köln
Anastasia Biefang war die erste trans Kommandeurin der deutschen Bundeswehr und ist Protagonistin des Films «Ich bin Anastasia». In Köln hatte sie ein diskriminierendes Erlebnis in der Gay Sauna. Davon berichtet sie in ihrem Kommentar*.
Es begab sich am CSD-Wochenende in Köln, Stadt der Vielfalt und der weltoffenen Toleranz (MANNSCHAFT berichtete), irgendwann morgens zwischen sechs und sieben Uhr. Nachdem das allgemeine Feiergelage verebbt war, zog ich mit meinen schwulen Freunden in die Phoenix Sauna (eine der beliebtesten Gay Saunen in Deutschland – MANNSCHAFT berichtete). Ich war erstaunt von der Offenheit, die mir scheinbar begegnete, als Frau in eines der letzten schwulen Bollwerke Einlass gewährt zu bekommen. «Nein, transgender sind hier willkommen.» Gut! Am Eingang kurz den Ausweis geprüft, die Altersgrenze von 18 Jahren hatte ich nachweislich leicht erreicht, 22 Euro für Eintritt und Handtuch bezahlt und hinein ins Vergnügen.
Es war toll. Schon viele Jahre war ich nicht mehr in einer Sauna. Mir war es auch egal, dass ich die einzige Frau war. Die Klamotten abgestreift, das Handtuch lose um die Hüfte gelegt und auf ins dampfige und feuchte Vergnügen. Die Atmosphäre erotisch und geil, erkundete ich die Sauna in Begleitung und später auch alleine, machte meine zufälligen und gefälligen Bekanntschaften, anfänglich mit einer mir ungewohnten Zurückhaltung, zunehmend aber mehr entspannter und sicherer in dieser sehr schönen, schwulen Welt.
Hier dürfen nur Menschen mit Penis rein!
«Du bist ja komplett umoperiert!» Dieser Satz riss mich jäh aus meiner kurz gefühlten Sicherheit. «So darfst du hier aber nicht sein.» Wie meinen, dachte ich? Der Typ hinter der Bar, aufmerksam zwischen meine Beine schauend, als ich das lose Handtuch neu um meine Hüfte ordnete, erkannte es sofort. Mensch ohne Penis. Er kam geschwind um die Bar zu mir herum, stellte sich zwischen mir und einem meiner Freunde und sagte kurz: «Hier dürfen nur Menschen mit Penis rein. Transgender gerne, aber nur mit Penis. Da ist am Eingang wohl ein Fehler passiert.»
Ein Fehler? An eine Genitalkontrolle vermochte ich mich nicht zu erinnern, weder in Form einer Frage noch durch physisches Ertasten. Aber da ich ja einmal drin sei, dann könne ich jetzt auch bleiben. Damit beliess er es und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Ich ging leicht verwirrt mit meinem Freund zurück in die dampfigen Bereiche, verarbeitete das Erlebnis im Gespräch.
Ich fühlte mich erniedrigt und gedemütigt, reduziert auf meine Körperlichkeit.
Ich zog weiter und vergnügte mich, wie es in diesen Räumen üblich ist. Die anderen Gäste, allesamt «regelkonform ausgestattet», störten sich augenscheinlich nicht an mir. Aber etwas später wurde das fehlende Glied erneut Thema, diesmal für die Geschäftsführung, die mich aufgrund meines körperlichen Zustandes nun endgültig der Sauna verwies. Ich als Frau habe hier nicht zu sein. Das hätte ich wissen sollen. Dass nirgends ein Hinweis auf die körperliche Ausstattung und Anforderung stand, störte die Herren nicht. Fällt wohl in den Bereich des Offenkundigen. Ich wurde vehement gebeten zu gehen, es sei nichts Persönliches. Es gehe auch gar nicht um mich, aber so seien nun einmal die Regeln. Von Empathie keine Spur.
Die Unterhaltung und der Verweis wurde deutlich inmitten der anderen Gäste ausgesprochen. Ich fühlte mich erniedrigt und gedemütigt, reduziert auf meine Körperlichkeit. Das ich trotz Frau-sein auch trans bin, machte für die Herren der phallischen Ordnung keinen Unterschied. Dass sich keiner der anderen Gäste an mir störte, ganz im Gegenteil sogar, war nicht von Belang. Kein Gespür eine Situation gütig zu bereinigen, beharrend auf die selbst erlassenen Einlassregeln, mir aufzeigend, dass ich hier nicht rein gehörte, wurde ich dieses Raumes verwiesen. Fühlte ich mich diskriminiert? In diesem Moment sehr.
*Jeden Samstag veröffentlichen wir auf MANNSCHAFT.com einen Kommentar oder eine Glosse zu einem aktuellen Thema, das die LGBTIQ-Community bewegt. Die Meinung der Autor*innen spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
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