LGBTIQ haben bei Bundestagswahl eindeutigen Favoriten
Insgesamt geht man in Deutschland von bis zu 3 Mio. LGBTIQ Wähler*innen aus
Der Online-Fragebogen der LGBTIQ-Wahlstudie zur Bundestagswahl 2021 bestand aus 26 Fragebatterien und war vom 15. Juli bis zum 15. August 2021 auf den Servern der Justus-Liebig-Universität Giessen online ausfüllbar.
Mehr als 8000 Menschen haben an der parteiunabhängigen Studie eines Wissenschafts-Teams der Justus-Liebig-Universität Giessen in Kooperation mit dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) teilgenommen. Sie ist nach Angaben der Forscher*innen parteiunabhängig und wurde ohne finanzielle Unterstützung von Dritten realisiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass LGBTIQ-Wähler*innen eine klare Präferenz für die Grünen haben. Über die Hälfte der Befragten (52,6%) wollen ihre Stimme bei der anstehenden Bundestagswahl den Grünen geben. Auch die Linke kann erfolgreich 17,4% der befragten Queers überzeugen. Insofern liegen diese Zustimmungswerte weit über den aktuellen Zustimmungswerten dieser beiden Parteien, wie sie konventionelle Wahlumfragen unter den allgemeinen Wahlberechtigten in Deutschland gegenwärtig erheben.
LGBTIQ gehören für die Grünen und die Linke bei der Bundestagswahl 2021 offenbar zu der stabilen Wähler*innenbasis. Abseits der im Bundestag repräsentierten Parteien äusserten einige der befragten LGBTIQ*-Wähler*innen eine Präferenz für kleinere Parteien für die paneuropäische Partei VOLT, die Piratenpartei, die Satire-Partei Die Partei sowie die Partei der Humanisten. Die Fallzahlen für diese Parteien seien jedoch zu gering, um hier detaillierte Analysen vorlegen zu können, so die Forscher*innen.
Auffällig sind auch die starken Veränderungen im Vergleich zur letzten Bundestagswahl. Im Vergleich zu den Daten der LGBTIQ-Wahlstudie 2017 ist die Zustimmung für die Grünen demnach um 23% gestiegen. Die Zustimmungswerte für die CDU/CSU (2017: 6,9%; 2021: 3,2%) und SPD (2017: 21,2%; 2021: 9,1%) sind bei ohnehin niedrigem Niveau im Vergleich zu 2017 nicht einmal mehr halb so hoch. Die Regierungspolitik der vergangenen Legislaturperiode hat bei LGBTIQ- Wähler*innen scheinbar Spuren hinterlassen.
Dazu dürften unter anderem die jüngsten Abstimmungen im Bundestag zum Transsexuellengesetz (TSG) und zur Blutspende mit beigetragen haben, erklärte Dorothée de Nève von der Uni Giessen. So finden etwa 82,8% der befragten SPD-Wähler*innen die Tatsache, dass die von ihnen präferierte Partei im Bundestag die Aufhebung des TSG abgelehnt hat, nicht richtig. Von ihrem Engagement für trans Personen haben Bündnis90/Die Grünen mit ihrer Bundestagsinitiative hingegen profitiert.
„Ich wähle die Grünen wegen dem Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz und damit das Abschaffen des menschenverachtenden Transsexuellengesetzes“, schreibt etwa ein*e Teilnehmer*in der Studie in einem der insgesamt 18 Freifelder des Online-Fragebogens.
Regionale Unterschiede spielen bei der Parteipräferenz von LGBTIQ* für die meisten Parteien eine nachgeordnete Rolle. Die Stimmenanteile für SPD, FDP, CDU/CSU und AfD sind in Ost und West sehr ähnlich. Bei Linken und Grünen gibt es freilich Unterschiede: Während die Stimmenanteile für die Grünen im Westen höher sind (West: 54,6%; Ost: 44,9), sind sie im Osten für Die Linke höher (Ost: 24,8%; West 15,4%).
Die Volatilität (Schwankungen im Wahlverhalten im Zeitvergleich) ist insgesamt sehr hoch. Nur ein Teil der befragten LGBTIQ-Wähler*innen möchte bei der Bundestagswahl 2021 dieselbe Partei wählen wie 2017. Bei der SPD (65,8%) und der AfD (62,1%) ist der Anteil dieser treuen Wähler*innen noch am höchsten. Doch auch die SPD hat 15,3% ihrer Wähler*innen von 2017 inzwischen an die Grünen verloren. Bei den anderen Parteien ist die stabile Parteibindung der LGBTIQ* noch schwächer ausgeprägt (CDU 58,4%; Linke 56,2%; Grüne 55% und FDP 51,5%).
Insgesamt betrachtet gibt es also bei der Parteipräferenz der LGBTIQ viel Bewegung. Die Zustimmungswerte für die einzelnen Parteien haben sich verändert. Und den Parteien gelingt es nur in bescheidenem Umfang, LGBTIQ-Wählerinnen dauerhaft an sich zu binden.
Schwule machten bei den Teilnehmer*innen mit 2500 Personen den grössten Anteil aus, rund 750 identifzierten sich als lesbisch. Deutlich zugenommen im Vergleich zur Wahlstudie von 2017 hat die Zahl der pansexuellen und asexuellen Wahlberechtigten. Bei den trans Teilnehmer*innen wurde dagegen ein Rückgang von 20 Personen festgestellt: Nur 58 haben diesmal bei der Studie mitgemacht.
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