Die Vorsitzende der CDU war am Wochenende für ihre Äusserungen über trans- und inter Menschen auf einer Fastnachtsveranstaltung in Kritik geraten. Am Rosenmontag geht die Diskussion weiter.
«Toiletten für das dritte Geschlecht … Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen ist diese Toilette», lauten die Zeilen, die die aktuelle Diskussion um Annegret Kramp-Karrenbauer entfacht haben. Nachdem sich bereits Sven Lehmann, queerpolitischer Sprecher der Grünen, in einem offenen Brief an die CDU-Vorsitzende gewandt hatte, erhielt Kramp-Karrenbauer nun Rückendeckung aus den Reihen der eigenen Partei. Julia Klöckner etwa, Bundesministerin für Ernährung und Landschaft, fand den Witz in Ordnung:
Über Männer werden Witze gemacht, über Frauen werden Witze gemacht. Wer keine Witze übers dritte Geschlecht macht, weil es um das dritte Geschlecht geht, diskriminiert es. #Gleichberechtigung #Gleichbehandlung #ernstnehmenauchimWitz
— Julia Klöckner (@JuliaKloeckner) March 3, 2019
Deutliche Kritik aus den Reihen der CDU gab es bisher nur durch Alexander Vogt. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Lesben und Schwule in der Union (LSU) hatte im SWR-Hörfunk zu einer Entschuldigung aufgerufen, da es auch im Karneval Grenzen geben müsse.
«Political Correctness hin oder her, manche finden das ja übertrieben, aber solche Grenzen müssen klar sein. Man macht ja auch über andere Minderheiten keine Witze mehr.» Wenngleich er Kramp-Karrenbauer eine boshafte Intention absprach, machte er dennoch deutlich, das dies den Umstand nicht positiv verbessere. «Wenn das unüberlegt passiert, ist es ja auch ein Zeichen dafür, wie es landläufig verbreitet ist, dieses Denken.»
Ebenfalls homosexuelle Parteimitglieder wie Jens Spahn haben sich bisher zu dem Vorfall nicht geäussert. Der Bundesgesundheitsminister wünschte am Mittag lediglich «allen Närrinnen und Narren einen schönen Rosenmontag!»
Beatrix von Storch (AfD) solidarisierte sich wenig überraschend mit Kramp-Karrenbauer und findet alle Kritiker der Karnevals-Kalauer prinzipiell doof und humorlos:
Alles darf man durch den Kakao ziehen: Christen u Priester u #AfD‘ler u Seehofer vorneweg- aber ja nicht den #LSBTTIQ-Irrsinn. Deren Lobby ist nicht nur #doof, sondern auch #humorlos. Der Fehler von #AKK : Das #Klo fürs 3.Geschlecht IST für Unentschlossene. Das ist gar #keinWitz https://t.co/DBCT7YTmsk
— Beatrix von Storch (@Beatrix_vStorch) March 3, 2019
Ihre homosexuelle Partei-Kollegin Alice Weidel hielt sich in der aktuellen Diskussion bisher ebenfalls bedeckt.
Auch ausserhalb der politischen Reihen äusserten sich etliche Twitter-User zur aktuellen Diskussion. Thomas Altgeld brachte beispielsweise Kramp-Karrenbauers Titel als aktuelle Miss Homophobia ins Spiel, zu der sie Ende letzten Jahres gekürt wurde:
Ihren Titel als #MissHomophobia2018 scheint #AKK mit allen Mitteln verteidigen zu wollen, war für eine Niveaulosigkeit sich über intergeschlechtliche Menschen lustig zu machen. Gestern für mehr #Rüstungsexporte, heute gegen #Gender Gesetzgebungen, irre! https://t.co/hNUfILy3We
— Thomas Altgeld (@TAltgeld) March 2, 2019
Und während sich die Kommentatorin der Tagesschau wenig begeistert zeigte, die Rede «plump» nannte und der Politikerin «Feingefühl» absprach, eröffnete sich ein Lager, dass der CDU-Vorsitzenden zumindest im Karneval temporäre Narrenfreiheit einräumte:
Diese künstliche Aufregung nervt. Es ist Karneval, alles ist erlaubt. Wir sollten uns alle nicht so ernst nehmen. Auch Minderheiten sollten das nicht. Auch für die gilt: Ball flach halten. Gilt auch für dauerempörte Unsittenwächter.
— Moodytruth 🇩🇪🏴🇯🇵🇫🇮 (@EnryAhn1) March 4, 2019
Andere User, wie beispielsweise Robert Stein – ehemaliger CDU-Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag – prangerten die Nutzung des Karnevals als politische Bühne an:
Wie armselig von links und rechts die Karnevalskultur für Shitstorms missbraucht wird. Traurig, reaktionär kleingeistig 🤦♂️#AKK #Karneval #Sprachpolizei
— Robert Stein 🇪🇺🚀 (@Digital_RobertS) March 3, 2019
Andere hingegen meinten, dass dem Karneval schon immer politische Elemente innewohnten, diese aber nun gegen Minderheiten gerichtet würden:
Hab ich was verpasst? Irgendwann war Karneval doch mal 'ne Zeit in der das einfache Volk gegen "oben" schießen durfte … jetzt sinds Politiker die Witze auf Kosten von Leuten machen die jeden Tag um ihren Anspruch in der Gesellschaft kämpfen müssen. #akk Kramp-Karrenbauer
— Hans Meier (@mos6502c) March 3, 2019