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Segen für homosexuelle Paare: Es geht auch liberaler als in Köln

Zum Beispiel in Münster und Aachen

Köln
Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Ein Pfarrer segnet gleichgeschlechtliche Paare und bekommt prompt einen Anpfiff «von oben». Das Kölner Erzbistum verweist auf Regeln des Vatikan, die nun mal einzuhalten seien. Andere Bistümer in NRW nutzen aber sehr wohl einen Spielraum, liberaler zu sein.

Ein Pfarrer in Mettmann hat Ärger mit der katholischen Kirche bekommen, nachdem er bei einem Gottesdienst auch gleichgeschlechtliche Paare gesegnet hat (MANNSCHAFT berichtete). Die Vorwürfe seien über den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki direkt aus Rom gekommen, teilte Pfarrer Herbert Ullmann am Dienstag mit. Das Vorgehen sei «irritierend und nicht im Einklang des Evangeliums in meinem Verständnis stehend», kritisierte der Pfarrer.

Eine dem Pfarrer schriftlich vorliegende Anweisung enthält seinen Angaben zufolge das Verbot, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Ullmann teilte mit, der von Kardinal Woelki beauftragte Generalvikar Guido Assmann habe ihm mündlich erklärt, die Auflagen entsprächen im bürgerlichen Recht einer Abmahnung. Das Erzbistum Köln teilte mit, man äussere sich zu Personalangelegenheiten grundsätzlich nicht.

Hintergrund ist ein Segnungsgottesdienst für alle sich liebenden Paare – also auch homosexuelle Paare – den Ullmann im März leitete. «Es war eine schöne Veranstaltung», sagte Maximilian Böhm, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft «Regenbogenkirche für alle» in Mettmann, die den Gottesdienst mit organisiert hatte. Vom Vorgehen Woelkis sei die Gruppe enttäuscht. Für sie sei es gar nicht vorstellbar gewesen, dass es noch einen Bischof gebe, der aufgrund eines Segnungsgottesdiensts arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehe.


«Die Kirche diskriminiert Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität, was menschenverachtend und würdelos ist», heisst es in einem an Woelki adressierten offenen Brief der Gruppe. «Wir bedauern, dass Sie im Jahr 2023 weiterhin an diesen diskriminierenden Regelungen festhalten.»


Kardinal Rainer Maria Woelki hat eine Liste mit den Namen missbrauchsverdächtiger Priester eigenhändig geschreddert. 


Der Kölner Generalvikar Guido Assmann sagte der Rheinischen Post, dass «für Priester im Erzbistum Köln die Regeln gelten, die der Vatikan 2021 noch einmal eindeutig erklärt hat». Im Erzbistum werde die Haltung gelebt, die die offizielle Haltung der katholischen Kirche sei. Daran solle sich auch jeder Priester halten. Sollte der Vatikan eine andere Haltung annehmen, würde das Kölner Erzbistum natürlich folgen.


Auch der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke verwies auf die Regeln aus Rom. Ein Pfarrer habe vor seiner Amtsübernahme zu bekennen, dass er sich mit allen verbindlichen Lehren der Kirche identifiziere, sagte er dem Express. «Und er hat geschworen, alle kirchlichen Vorschriften einzuhalten. Zu ihnen gehört auch, keine Nicht-Hetero-Beziehungen zu segnen.» Woelki sei wie alle Bischöfe verpflichtet, auf die Einhaltung kirchlicher Gesetze zu drängen.

Tatsächlich stehen andere NRW-Bistümer dem Thema aber liberaler gegenüber. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer sagte, die Frage solcher Segensfeiern stellten viele Priester vor ein Dilemma. «Sie wollen die Wünsche und Sehnsüchte von Menschen gerne erfüllen, die einen Segen für ihre Liebe erbitten – und geraten in einen Widerspruch mit der kirchlichen Lehre», teilte er mit. «Die Antwort darauf können keine Verbote und Ermahnungen sein, sondern nur das Gespräch und die Suche nach Lösungen, die den Menschen gerecht werden.»

Auch der Münsteraner Bischof Felix Genn stärkte Geistlichen den Rücken, die queere Menschen segnen. Er werde er «keine Konsequenzen oder Sanktionen gegen Seelsorger/innen aussprechen, die sich so verhalten, wie sie es aufgrund ihres seelsorglichen Auftrags und ihres Gewissens im Dienst an den Menschen für richtig halten», wird das Bistum in der Rheinischen Post zitiert. Auch der Aachener Bischof Helmut will demnach den Gewissensentscheidungen des jeweiligen Priesters vertrauen.

Woelki lässt zu, dass ein Zaun an seinem Dom zum Schutz gegen Hunde gesegnet wird. Sich liebenden Paaren hingegen wird der Segen verweigert.

Die Reforminitiative Maria 2.0 dagegen kritisierte Woelki: «Kardinal Woelki lässt es zu, dass ein Zaun an seinem Dom zum Schutz gegen Hunde gesegnet wird. Sich liebenden Paaren hingegen wird der Segen verweigert.» Er und der Vatikan entfernten sich immer mehr von der Lehre Jesu, hieß es in einer Mitteilung.

Pfarrer Ullmann will sich von dem Ärger nicht entmutigen lassen: «Ich werde andere Wege suchen, Menschen zu erreichen, die nicht im Einklang mit dem kirchlichen Lehramt trotzdem eine Beheimatung in Glaube und Kirche suchen», teilte er mit.

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