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Schweizer LGBTIQ-Panel: «Es bleibt noch viel zu tun»

Trans, nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen sind vom Diskriminierungsschutz ausgeklammert

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Bild: iStockphoto

Die Ergebnisse der Schweizer LGBTIQ-Umfrage 2020 sind da. Trotz Ehe für alle und Diskriminierungsverbot geht gemäss Tabea Hässler und Léïla Eisner die Arbeit noch lange nicht aus.

In diesem entscheidenden Jahr für die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten gibt der Jahresbericht des «Swiss LGBTIQ+ Panels» Einblicke, wie LGBTIQ-Personen die aktuelle soziale und politische Situation wahrnehmen. Über 1400 LGBTIQ-Personen haben an der zweiten Befragung von Dr. Tabea Hässler (Universität Zürich) und Dr. Léïla Eisner (Universität Lausanne) teilgenommen. Unter anderem rief auch MANNSCHAFT die Leser*innen zur Teilnahme auf.

Am 18. Dezember steht in National- und Ständerat die Schlussabstimmug zur Ehe für alle auf dem Programm, inklusive künstlicher Befruchtung, erweiterten Adoptionsrecht und vereinfachten Einbürgerung (MANNSCHAFT berichtete).

Diese Gesetzesanpassung würde nicht nur bestehende rechtliche Ungleichheiten von gleichgeschlechtlichen Paaren reduzieren, sondern auch den Bedürfnissen der LGBTIQ-Community entsprechen. Denn, laut den Ergebnissen der neusten Umfrage, möchte eine Mehrheit (55%) der befragten Angehörigen sexueller Minderheiten gerne heiraten, wenn dies in der Schweiz möglich wäre.


Weiterhin möchten jede dritte befragte kinderlose LGBTIQ-Person gerne Kinder haben. Um diesen Bedürfnissen zu entsprechen ist es wichtig, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht nur heiraten dürfen, sondern auch Zugang zur künstlichen Befruchtung und vereinfachten Adoption erhalten. Während Kritiker*innen um das Wohl der Kinder besorgt sind, zeigen wissenschaftliche Studien übrigens, dass weniger die spezifische Familienkonstellation, sondern die Fürsorge von und Unterstützung durch die Eltern Auswirkungen auf das Kindeswohl haben.

Eine weitere Abstimmung, die die LGBTIQ-Community zu Beginn des Jahres bewegt hat, ist die Erweiterung des Antidiskriminierungsgesetzes auf die sexuelle Orientierung (MANNSCHAFT berichtete). Die LGBTIQ-Community mobilierste im Vorfeld der Abstimmung auf kreative Weise: Gespräche mit cis-heterosexuellen Personen wurden geführt, Beiträge in den sozialen Medien verfasst, Postkarten versendet und Regenbogenflaggen angebracht. Das Ergebnis der Abstimmung – die Erweiterung des Antidiskriminierungsgesetzes um die sexuelle Orientierung – wurde mit Erleichterung aufgenommen. Zeitgleich zeigten sich LGBTIQ-Personen allerdings auch enttäuscht über die hohe Anzahl an Personen, die gegen die Erweiterung gestimmt haben sowie verletzt über die teilweise offenen Hasskommentare im Vorfeld der Abstimmung. Weiterhin merkten einige Personen kritisch an, dass trans, nichtbinäre und intergeschlechtliche Personen vom Gesetz weiterhin ausgeklammert würden.

Die fehlende Berücksichtigung der Geschlechtsidentität ist auch insofern problematisch, als die Ergebnisse des aktuellen Jahresberichtes zeigen, dass Angehörige geschlechtlicher Minderheiten deutlich häufiger Opfer von körperlichen Angriffen (16% vs. 8%), struktureller Diskriminierung (78% vs. 40%) und sozialer Ausgrenzung (55% vs. 33%) werden im Vergleich zu Angehörigen sexueller Minderheiten. Diese alarmierenden Ergebnisse zeigen einerseits, dass Angehörige geschlechtlicher Minderheiten eine besonders verletzliche Gruppe innerhalb der LGBTIQ-Community sind. Anderseits rufen diese Zahlen ins Bewusstsein, wie wichtig es ist, dass die Polizei Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität erfasst. Dies wurde kürzlich von der Stadt Zürich beschlossen (MANNSCHAFT berichtete).


Der vollständige Jahresbericht ist auf der Website des «Swiss LGBTIQ+ Panels» abrufbar.


Kurt Capewell

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