«Wählt mit Pride»: Hunderttausende gegen Bolsonaro auf der Strasse
In São Paulo fand nach zwei Corona-Jahren wieder die Pride-Parade als Präsenzveranstaltung statt
Mehrere hunderttausend Menschen nahmen am Sonntag in São Paulo an der jährlichen Pride-Parade teil, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Das Motto der Parade war dieses Mal: «Wählt mit Pride für eine Politik, die uns repräsentiert» – eine Anspielung auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl.
Zur Erinnerung: Im Oktober tritt der rechts-aussen Präsident Jair Bolsonaro gegen den ehemaligen linken Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva an, der laut Umfragen derzeit als Favorit gilt.
Die 26. Pride von São Paulo fand nach zwei Corona-Jahren erstmals wieder als Präsenzveranstaltung in der bevölkerungsreichsten Stadt Brasiliens statt. Es war – wie auch in den Jahren zuvor – ein gigantisches Fest voller Farben, Musik und mit vielen Menschen, die ihre Botschaften auf Spruchbändern am Strassenrand hochhielten.
So konnte man, laut AFP, vielfach Sätze lesen wie: «Kämpft gegen jede Form von Diskriminierung» und «Respektiert Diversität». (MANNSCHAFT berichtete darüber, wie Bolsonaro verhindern wollte, dass Brasilien ein «schwules Touristenparadies» wird.)
«Der Gesellschaft zeigen, dass wir viele sind» Ein 26-jähriger Mann wird von der Nachrichtenagentur zitiert mit der Bemerkung: «Die Parade zeigt der Gesellschaft, dass es uns gibt und dass wir so viele sind, um einen Unterschied in der Politik zu machen, ebenso in der Gesamtgesellschaft.»
Ein 31-jähriger Lehrer sagt, das Thema der diesjährigen Parade sei super: «Wir können nicht schweigen, wir können uns nicht unterordnen. Es ist an der Zeit, dass wir uns wachrütteln.» (Im O-Ton: «It’s time we slapped ourselves in the face.»)
Der Pride-Umzug ging morgens los in der Avenue Paulista, der zentralen Strasse der Metropole, danach bewegten sich die vielen Wagen und Menschen zum Roosevelt-Platz. Die Zahl der Teilnehmenden lag unter den von den Veranstalter*innen erwarteten drei Millionen Menschen.
«Raus mit Bolsonaro» Durchweg konnte man «Fora Bolsonaro»-Rufe hören, also «Raus mit Bolsonaro». Mit seiner Politik hat der derzeitige Präsident die Homo- und Transphobie in Brasilien massiv neu befeuert. Die Zahl der täglichen Übergriffe gegen LGBTIQ ist enorm.
Laut der National Association of Transvestites and Transsexuals of Brazil wurden 2021 insgesamt 140 trans Menschen im Land ermordet. (MANNSCHAFT berichtete über barbarische Gruppenvergewaltungen von LGBTIQ in Brasilien.)
In Deutschland hatte sich zuletzt das Schwule Museum Berlin dem Thema LGBTIQ-in-Brasilien gewidmet mit der Ausstellung «Queer City: Geschichten aus São Paulo», die einen historischen Überblick geben wollte.
Der erste queere indigene Heilige Südamerikas Die Ausstellung war das Ergebnis einer Einladung des Deutschen Auswärtigen Amts, das erstmals überhaupt ein deutsches Museum zu einer Reise nach Brasilien eingeladen hatte. Kooperationspartner*in war u. a. das Museu da Diversidade Sexual aus São Paulo, das Museum für sexuelle Diversität, das unter Bolsonaro stark unter Beschuss kam.
Aktuell zeigt das SMU 2022 die Ausstellung «Encantadas: Transzendentale Kunst aus Brasilien». 2017 hatte sich «Odarodle» dem ersten queeren indigenen Märtyrer Südamerikas gewidmet: Tibira do Maranhão. Er wurde 1614 von den spanischen Eroberern und katholischen Missionaren wegen homosexueller Handlungen brutal hingerichtet. Seither kämpfen brasilianische LGBTIQ-Aktivist*innen für seine Kanonisierung.
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