«Queervets» gegründet – für mehr Diversity in der Tiermedizin
In den USA gibt es eine vergleichbare Organisation schon seit 1978 - nun auch in Deutschland
Ganzheitliches Diversity Management ist in der deutschen Tierärzteschaft kaum zu finden, stellt ein schwuler Tierarzt aus Dortmund fest und gründete eine Berufsvereinigung für Menschen aus der queeren Community.
Volker Borchers führt in Dortmund seit 1997 eine Tierarztpraxis mit 13 Mitarbeitern. In seinem Betrieb hat der 45-Jährige ein funktionierendes Diversity-Management installiert und im Rahmen dessen auch die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Stolz ist er auch darauf, dass seine Praxis Träger des LGBTIQ*- Diversity Siegels Pride 500 ist, das von der queeren Job- und Karriereplattform Sticks & Stones und dem Aktionsbündnis gegen Homophobie vergeben wird. «Diesbezüglich werden wir gleichberechtigt neben Weltkonzernen wie Pfizer und Johnson&Johnson geführt», so Borchers.
Im Job ist nur jeder dritte queere Arbeitnehmer geoutet
Leider, erklärt der Dortmunder Tierarzt, ist das Thema des ganzheitlichen Diversity Managements in der deutschen Tierärzteschaft einschliesslich der Berufsverbände noch nicht angekommen und dies trotz des Vorhandenseins eines Fachkräftemangels. «Der tiermedizinische Bereich in Deutschland ist wesentlich konservativer als der humanmedizinische», so Borchers gegenüber MANNSCHAFT. Mit einem funktionierenden Diversity Management glaubt er, auch langfristig etwas gegen den Fachkräftemangel tun zu können, weil so die Arbeit als Tierärzt*in oder Tierpfleger*in attraktiver werde.
Er selber wurde einst von einer lesbischen Tierärztin eingestellt, bevor er die Dortmunder Praxis übernahm, doch bis heute stellt er verbreitet LGBTIQ-feindliche Tendenzen in der Tiermedizin fest. «Überall wird gelästert wie bescheuert», sagt er und führt das Beispiel aus einem tiermedizinischen Forum an: Die «schwule Tussi im Röckchen bekommt auch keine Anzeige weil sie immer aufs Mädchenclo geht“, hatte eine Kollegin über eine trans Frau geschrieben. Borchers wies sie daraufhin im Rahmen des Forums zurecht.
«Zusätzlich bedauerlich nennen Sie hier in Verbindung mit der Bezeichnung schwul ein Beispiel für geschlechtlichen Ausdruck und nicht für sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität. Unabhängig von der rechtlichen Einschätzung, kommen ich und Freunde von mir gerne zu Ihnen nach Einladung durch Sie zu Besuch bei Ihnen. So hätten Sie die Möglichkeit die Vielfältigkeit schwuler Männer u.a. auch in Kleidungsfragen kennenzulernen.»
Es braucht mehr queere Sichtbarkeit – in Text und Bild!
In den USA gibt es eine vergleichbare Organisation schon seit 1978, die «Pride Veterinary Medical Community PRIDE VMC», ursprünglich als «Association for Gay Veterinarians (AG Vets)» gegründet. Viele andere Länder zogen nach, wie etwa die australischen Rainbow Vets, die 2017 ins Leben gerufen wurden. In Grossbrittannien, wo es die «British Veterinary LGBT+» gibt, hat nun die Tierärztekammer erstmals eine Umfrage über Diskriminierung bei der Arbeit gestartet. Das Problem, das Borchers beschreibt, ist offenbar nicht auf Deutschland beschränkt.
Seit vergangener Woche gibt es nun auch hierzulande die «QueerVets», von Borchers ins Leben gerufen: Die Berufsvereinigung für Menschen der queeren Community im Bereich der Tiermedizin – angesprochen werden sollen ausdrücklich nicht nur Tierärzte – ist auch bei Facebook zu finden und hat dort bereits rund 100 Follower.
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