Queere Pornos aus der Schweiz als «fröhliches Happening»

Eine Gruppe junger Frauen aus Lausanne dreht «ethische und kritische Pornos»

Die Gründer*innen von Oil Productions (Foto: Oil Productions / Climage)
Die Gründer*innen von Oil Productions (Foto: Oil Productions / Climage)

Die Doku «Ardente-x-s» beschreibt die Arbeit von Melanie, die als queere Frau Oil Productions zusammen mit ihren Freund*innen gegründet hat, um «die Freude und die Lust am angst- und unterdrückungsfreien Pornodreh zu vermitteln».

Melanie arbeitet zum Geldverdienen als Verkäuferin in einem Laden für Käsespezialitäten. Dokumentarfilmregisseur Patrick Muroni hat zu ihr und den Pornoaktivist*innen um sie herum ein Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis aufgebaut und ihnen einen Safe Space vor seiner Kamera geschaffen, wo sie vertrauensvoll über ihre Arbeit sprechen können.

«Die Experimentierfreude und die Lust vermitteln sich auch bei den expliziten Drehs, die Muroni dokumentiert», schreibt Michael Sennhauser in einem SRF-Artikel: «Da wird eine Bondage-Szene an einem Baum in lauschiger Wiese zum fröhlichen Happening, ebenso wie ein fröhliches Pissritual über die Windschutzscheibe des knallgelben VW-Transporters.»

Lust als Abstraktion Was diese Pornofilme beim Publikum auslösen wollen, fragt Sennhauser. Das sei nicht so einfach zu vermitteln: «Das liegt einerseits daran, dass die Grundkonstellationen des klassischen Pornos – Dominanz und Unterwerfung, Verfügbarkeit der Körper und das Spiel mit klaren Machtverhältnissen – in diesen Oil Productions tatsächlich entfällt. Was zu sehen ist, sind ritualisierte Inszenierungen. Und die zeigen auch Dominanzgesten wie Peitschen, Bondage oder Penetration mit völliger Selbstverständlichkeit als gleichberechtigt und einvernehmlich.»

Aber: «Die dargestellte demonstrative Lust ist eine Abstraktion, die sich mitteilt oder eben nicht.» (MANNSCHAFT berichtete über aktuelle LGBTIQ-Trends im Porno.)

Szene aus «Ardente-x-s» (Foto: Oil Production / Climage)
Szene aus «Ardente-x-s» (Foto: Oil Production / Climage)

In einer Szene in der 96-minütigen Doku erzählt Melanie, wie sie fröhliche Spatzen im Gebüsch beobachtet habe und beim Gedanken daran, dass zwei der Tiere gerade am Vögeln seien, selbst zum spontanen Orgasmus gekommen sei. «Dieser indirekte Rapport öffnet mehr erotischen Gedankenraum als jede sichtbar gefilmte Handlung», meint Sennhauser.

Alle Körper sind schön Das «fluide Kollektiv» aus Lausanne hat ein Manifest veröffentlicht, in dem die Grundsätze und -werte eines ethisch-kritischen Pornos dargelegt werden. Darin wird darauf hingewiesen, wie wichtig Diversität sei und dass «alle Körper schön» seien. Es gehe zudem um «Einwilligung und Genuss» sowie «Sicherheit» aller Mitwirkenden – vor und hinter der Kamera. (MANNSCHAFT berichtete über die Ausgrenzung von afro-amerikanischen Pornodarstellern in der schwulen Pornobranche.)

Der Film «Ardente-x-s» feierte gerade beim Dokumentarfilmfestival «Visions du Réel» Premiere. Die 53. Ausgabe des Festivals findet noch bis zum 17. April 2022 in Nyon statt.

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