Nach Kuss: Bundeswehr-Kommandeur Kurczyk in Ruhestand versetzt
Der Beschuldigte spricht von «Lügen»
Der Kommandeur des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr, Generalmajor Markus Kurczyk, ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.
Generalinspekteur Carsten Breuer habe ihm am Freitag in Bonn die entsprechende Urkunde ausgehändigt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Samstag. Eine solche Versetzungsurkunde muss von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnet werden.
Zu den Gründen für die Entlassung machte das Ministerium keine Angaben. Laut Soldatengesetz kann der Bundespräsident Berufsoffiziere ab einem bestimmten Dienstgrad jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
Laut Berichten des Spiegel soll der 59-jährige am Rande der «Invictus Games» in Düsseldorf versucht haben, einen Soldaten gegen dessen Willen auf den Mund zu küssen (MANNSCHAFT berichtete), die Bild-Zeitung schrieb später, er habe ausserdem versucht, ihn an den Po zu fassen. Andere Medien berichteten, Kurczyk sei an jenem Abend angetrunken gewesen. Nachdem das mutmassliche Opfer Beschwerde eingelegt hatte, wurde der Fall intern geprüft.
Zuletzt hatte sich Kurczyk in einem Interview mit der NZZ gegen die Vorwürfe gewehrt. Dort heisst es: «Es sind schwere Verdächtigungen, die hier anonym erhoben werden. Gezeichnet wird das Bild eines übergriffigen, betrunkenen Generals. Doch schon ein Schreiben der ‹Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Generalinspekteurs der Bundeswehr› – so heisst die für den Fall zuständige Rechtsbehörde – an Kurczyk vermittelt den Eindruck, dass die medial verbreiteten Vorwürfe mindestens überzogen sind.»
«Unterschiedliche Angaben» In dieser Nachricht, mit der Kurczyk am 6. Oktober über «disziplinare Vorermittlungen» gegen ihn informiert wurde, heisst es: «Sie gaben dem Oberleutnant S. (Name durch unsere Redaktion anonymisiert) am 16. September 2023 gegen 22.10 Uhr im Rahmen der Abschlussfeier zu den Invictus Games in der Business-Lounge der Merkur-Spiel-Arena in Düsseldorf ohne dessen ausdrückliches Einverständnis und gegen dessen Willen einen Kuss auf die Wange sowie zwei leichte Schläge auf das Gesäss sowie ca. 20 Minuten nach dem ersten Kuss am gleichen Ort einen weiteren Kuss auf die Wange.»
Dieses Schreiben zitiert die NZZ und ergänzt: «Vom angeblichen Versuch, den Soldaten auf den Mund zu küssen, steht da nichts. Auch der Vorwurf, Kurczyk sei angetrunken gewesen, wird nicht erhoben.»
«Was genau in Düsseldorf geschehen ist, dazu gibt es unterschiedliche Angaben», heisst es weiter. «Kurczyk schildert es so: Nach der Abschlussveranstaltung sei er gegen 22 Uhr, von der feierlichen Stimmung in der Arena aufgewühlt und emotional ergriffen, in die VIP-Lounge gekommen. Dort hätten sich etwa fünfzig bis sechzig Personen aufgehalten, unter ihnen die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Eva Högl, der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Andre Wüstner, mehrere Generale und ausländische Offiziere. Er sei mit seinem elfjährigen Sohn umhergegangen und habe Bekannte begrüsst. Sie hätten sich umarmt, wie sich Männer eben umarmten.»
«Umgang mit sexualisiertem Fehlverhalten» Das werfe die Frage auf, wie viel körperliche Distanz ein hochrangiger Offizier gegenüber anderen Soldat*innen wahren müsse, schreibt die NZZ: «Vor kurzem erliess das Verteidigungsministerium eine neue Regelung zum ‹Umgang mit sexualisiertem Fehlverhalten› in der Truppe. Kurczyk war an der Erarbeitung massgeblich beteiligt. Darin heisst es unter anderem, der Dienst in der Bundeswehr sei ‹frei von unerwünschten Berührungen und bedrängender körperlicher Nähe›.»
Nun wird der Fall zumindest offiziell abgeschlossen. Der Verteidigungsminister habe ihm und seiner Familie den Boden unter den Füssen weggezogen, sagte Kurczyk der NZZ. Er spricht von «Lügen und infamer Medienberichterstattung». Ob er weiter rechtlich gegen seine Versetzung in den Ruhestand vorgehen werde, ist bislang nicht bekannt.
Kurczyk hatte den Posten in Koblenz erst im vergangenen Jahr übernommen. Zuvor war er Kommandeur des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin gewesen. Das Zentrum Innere Führung bildet militärische Führungskräfte in Lehrgängen zur Führungskultur der Streitkräfte und zu den ethischen Grundlagen des Soldatenberufes aus und weiter. (mit dpa)
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