Erstmals outet sich ein britischer Abgeordneter als trans
Jamie Wallis spricht offen über Identität und sogenannte «Konversionstherapien»
Auf Twitter schrieb der britische Abgeordnete Jamie Wallis, über die grosse Unterstützung, die er durch seine Kollegen erfahren habe. Und damit meinte er nicht die politische Ebene. Denn, so schrieb er weiter: «Ich bin trans. Oder um genauer zu sein, ich will es sein.»
Seit seiner Kindheit würde er sich nicht mit seinem zugewiesenen Geschlecht identifizieren können. Weiter erklärte er, dass er nie vorgehabt sich zu outen, sondern eher die Politik aufgeben würde. 2020 hätte er sogar kurz davor gestanden, als er erpresst wurde und eine Person 50 000 Pfund forderte, damit entsprechende Fotos von Wallis nicht an dessen Familie versendet würden. «Die Polizei war eine Unterstützung, so verständnisvoll und in diesem Fall hat das System funktioniert», berichtete der 37-ährige Torie-Abgeordnete.
Selbst zwei Jahre später fühlte er sich als Politiker und Mensch allerdings noch immer nicht der Tatsache gewachsen, einen derart grossen Teil seiner Persönlichkeit zu verheimlichen.
Dieses Gefühl habe sich umso mehr verstärkt, als er im September letzten Jahres vergewaltigt wurde. «Ich habe mich mit jemandem getroffen, den ich online kennengelernt habe. Als er kein Kondom benutzen wollte, sagt ich nein, und er vergewaltigte mich», erklärte Wallis. «Seitdem war ich nicht ich selbst und ich denke nicht, dass ich mich jemals davon erholen werde. Das ist etwas, was du nicht vergisst.»
Seit der Vergewaltigung habe er unter Schock gestanden und infolge seines Posttraumatischen Stresssyndroms nach einem Unfall Ende November sogar Fahrerflucht begangen. «Ich habe es getan, weil ich solche Angst hatte», sagte Wallis.
Grossbritannien war zuletzt in den Medien, weil Premierminister Boris Johnson Anfang April in die Kritik geraten war, nachdem er vom geplanten Verbot sogenannter «Konversionstherapien» Abstand genommen hatte (MANNSCHAFT berichtete). Laut einem Regierungsdokument sollte das Verbot für umstrittene Praktiken, mit denen die Identität von LGBTIQ-Menschen verändert werden soll, fallengelassen werden. Nach heftiger Kritik aus der eigenen Partei, von Oppositionsabgeordneten und Gruppen, die sich für LGBTIQ-Rechte einsetzen, machte die konservative Regierung jedoch nur Stunden später eine erneute Kehrtwende.
«Ich bin tief enttäuscht», schrieb Wallis vor wenigen Tagen in einem Tweet. «Ich war immer der Meinung, dass diese Debatte unnötige Hysterie und Toxitizität erzeugt.»
«Konversionstherapien» sind in Deutschland verboten. Sowohl bei Minderjährigen sowie bei Menschen, deren Zustimmung beispielsweise durch Zwang, Drohung, Täuschung oder Irrtum herbeigeführt wurde (MANNSCHAFT berichtete).
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