«Im Dazwischen leben» – Bildband über queere Geflüchtete

In «Come Get Your Honey» portätiert Samet Durgun Geflüchtete in ihrem neuen Leben

Keil Li in Patricia’s Lap, 2020 © Samet Durgun
Keil Li in Patricia’s Lap, 2020 © Samet Durgun

Während sich andere Berichte über queere Geflüchtete hauptsächlich auf deren Leid fokussieren und dieses oftmals romantisieren, will sie der Fotograf Samet Durgun als komplexe menschliche Wesen zeigen.

Das Stichwort Geflüchtete assoziiert man meistens mit Bildern von weinenden Kindern und kaputten Gebäuden, Bildern von trauerden Eltern, Leid und Krieg. Der Kampf von Geflüchteten und ihre Geschichte wird in Berichten oftmals romantisiert. Nicht so der Bildband „Come Get Your Honey“.

Ganz subjektiv zeigt Samet Durgun, der selbst türkische und abchasische Wurzeln hat, das Leben seiner queeren Freunde. «Vor einigen Jahren habe ich mich mit geschlechtsuntypischen, transgender und queeren Flüchtlingen und Asylbewerbern in Berlin angefreundet», so der Fotograf. Entstanden ist ein aussergewöhnlicher und berührender Tribut, der queere Geflüchtete in einem anderen, um vieles menschlicheren Licht zeigt.

Cherry Petals, 2020 und Prince Emrah at Silver Future, 2018© Samet Durgun
Cherry Petals, 2020 und Prince Emrah at Silver Future, 2018© Samet Durgun
Mother Tattoo, 2020 und Reflection in Museum Island, 2020© Samet Durgun
Mother Tattoo, 2020 und Reflection in Museum Island, 2020© Samet Durgun

Im Vorwort der Bildbands beschreibt Drehbuchautor*in Amrou Al-Kadhi die Relevanz von «Come Get Your Honey». «Ursprünglich in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens aufgewachsen, lebe ich jetzt in London und bezeichne mich als schwul, nicht-binär und muslimisch. Ich lebe in Identitäten, die sich im Kern überschneiden und verschiedene soziale Gruppen überspannen, und ich weiss, wie es ist, im Dazwischen zu leben.»

«Ich spüre den Hunger, akzeptiert zu werden, aber auch den Kampf, nicht assimiliert zu werden; ich schwelge in der Kraft, am Rande der Gesellschaft zu leben, und sehne mich gleichzeitig nach sozialer Sichtbarkeit; ich komme aus einem Umfeld, das mein Queer-Sein nicht toleriert hat, und komme in ein Land, das meine ethnische Identität und mein Erbe ablehnt. Es ist in der Tat so, als würde man für immer auf einer tektonischen Verwerfungslinie leben, die ständig von einem Erdbeben bedroht ist, als würde man in einem Flugzeug fliegen, das nie landen wird», beschreibt Al-Kadhi das «Dazwischen» eindrücklich.

Suryani’s Body, 2020 und View From the 18th Floor, 2020© Samet Durgun
Suryani’s Body, 2020 und View From the 18th Floor, 2020© Samet Durgun
Reenactment of an Arrival, 2019© Samet Durgun
Reenactment of an Arrival, 2019© Samet Durgun

 

Nach dem Motto «Was, wenn es bei Fotografie mehr um Zuhören als um Sehen ginge?» bemühte sich Samet Durgun, den LGBTIQ-Geflüchteten auf Augenhöhe zu begegnen, ihre Geschichten nicht als tragisch oder bemitleidenswert darzustellen, sondern seine Beziehung und seinen Eindruck zu den Porträtierten in ihrer ganzen Komplexität zu zeigen.

«Come Get Your Honey», Kehrer Verlag, 2021

A Penthouse in the Making (At Work), 2020© Samet Durgun
A Penthouse in the Making (At Work), 2020© Samet Durgun
Backyard Flourish I, 2020© Samet Durgun
Backyard Flourish I, 2020© Samet Durgun

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