«Ich wusste schon nach einer Woche: Den will ich heiraten!»
Thomas und Joe betreiben in Wien das «Gayt»
Im 5. Wiener Bezirk befindet sich der Fetischladen «Gayt» von Thomas und Joe. Die beiden sind auch privat ein Paar, und das schon seit zehn Jahren. Angefangen hat alles auf einer Insel.
Im 5. Bezirk befindet sich der Fetischladen von Thomas und Joe. Eröffnet haben sie im Mai 2019, damals noch unter dem Namen der Londoner Dachmarke «Fetch» – aber die beiden wollten unabhängiger sein, ihr eigenes Ding machen. Und das haben sie mit Gayt getan. Eine Art «GayT-way (Tor) zum immer grösser werdenden LGTBIQ-Dorf in Wien», erklärt Joe. Ihre Kundschaft nennen sie Gayters, vor allem bei Instagram.
Am Anfang stand eine Menge Arbeit: Sechs Monate lang haben sie hier renoviert, Decken raus, neue Böden rein, etliche Eimer Farbe drüber. Unter dem Laden befindet sich ein komfortabler Keller, in dem man u.a. den Dungeon mit etlichen Fetisch-Spielereien findet. Sie haben den ersten von mittlerweile vier Lockdowns genutzt, um ihn fertig zu stellen.
Die beiden wissen, was sie tun. Schon vorher haben sie in einem anderen Wiener Laden Fetischmode und Toys verkauft. Ausserdem trug Thomas, Nachname Wucherer, im Jahr 2017 den Titel Mr. Leather Austria, und Mr. Fetish war der heute 38-Jährige in dem Jahr auch.
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Trotz diverser Lockdowns: 2021 war ihr bestes Jahr, sagt der 45-Jährige Joe. «Die Leute haben den Laden sehr gut angenommen.» Und das gilt nicht nur für die Kunden. «Anfangs, wenn hier Leute vorbeigingen und ins Schaufenster schauten, dann ging ihre Nase hoch: ein Sexshop!» Aber die Zeiten sind vorbei, sagt Thomas nicht ohne Stolz. «Selbst ältere Leute kommen und sagen: ‚Ihr habt soviel aus dem Laden gemacht und die Gegend aufgewertet. Es gibt immer was Neues zu sehen, es ist auch nie vulgär.’»
Sie legen Wert auf gute Nachbarschaft. Wenn sie mal wieder eine Ausstellung eröffnen, unten in ihrem grossen hellen Keller, dann wird immer das ganze Haus eingeladen. «Und die kommen auch, trinken etwas und fühlen sich bei uns wohl.»
Kennengelernt haben sich die beiden auf den Cayman Islands im westlichen Karibischen Meer. Bevor sie sich das erste Mal trafen, hatten sie die gleiche Entscheidung getroffen, vor gut zehn Jahren, jeder für sich: Joe aus Detroit, der zuletzt als Masseur gearbeitet hatte, verkaufte alles, was er hatte, und ging auf die Insel. Thomas aus Villach, der zuletzt als in Gastronomie gearbeitet hatte, verkaufte alles und zog auf die Insel. Dort trafen sie sich.
Zwar lebten sie an entgegengesetzten Enden der Insel, aber allzu gross war die nicht. Trotzdem dauerte es noch vier Monate, bis Thomas sich mit Joe verabredete. Und das war eine gute Idee: Seither haben sie nur eine Nacht getrennt verbracht, sagt Joe. Am 2. Februar feiern sie ihren 10. Jahrestag.
Dass er Joe heiraten wollte, war ihm schon früh klar. Betrunken und in Tränen aufgelöst gestand er schon nach einer Woche einem Freund: «Den will ich heiraten.» Dabei wollte Thomas eigentlich nie heiraten. Seinem Ex-Freund gab er dreimal einen Korb.
Joe bekam nur einen, beim ersten Antrag. Den fand Thomas nämlich zu läppisch. Sie waren in Amerika und mit dem Auto unterwegs von L.A. nach Las Vegas. Dort hielt Joe um Thomas’ Hand an – spontan, wenn auch aus tiefstem Herzen. Danach war er tagelang nervös, weil er dachte, Thomas werde ihn nie heiraten. Aber beim 2. Antrag sagte er dann doch Ja.
Nach rund drei Jahren flogen sie nach Wien, um sich zu verpartnern. Bei der Gelegenheit hat sich Joe gleich noch in Österreich verliebt. «Die Cayman Island sind hübsch, aber echt klein – und aber am Ende der Welt.»
Jetzt kommt die Welt zu ihnen in den Laden. Ausgestellt werden queere Künstler*innen aus ganz Europa, Fetisch oder Nicht-Fetisch. Wenn alles weiter so gut läuft wie bisher, soll der Laden noch weiter ausgebaut werden. «Es kommen oft Leute, die hier abhängen, auf ein Bier oder Kaffee», sagt Thomas. Er träumt davon, im Laden ein zweites Stockwerk einzuziehen und dort eine Lounge-Area zu etablieren.
Thomas und Joe beraten ihre Kunden auch, die in den Laden kommen und zum Beispiel wissen wollen, wie man sich richtig spült. «Wo sollst du sowas fragen, wenn nicht hier?», sagt er. «Wenn ich damals jemanden gehabt hätten, wäre vieles leichter gewesen.»
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