«Fette Lesbe»: Schweizer Journalist zu drei Monaten Haft verurteilt
Beim Rechtsextremisten Alain Soral wurde erstmals das neue Schweizer Antidiskriminierungsgesetzt angewandt
Der französisch-schweizerische Journalist und Rechtsextremist Alain Bonnet, bekannt unter dem Namen Soral, ist wegen Verleumdung, homofeindlicher Äusserungen und Anstachelung zum Hass zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt worden.
Wie der Schweizerische Journalist*innen Verband auf seinem Portal Impressum berichtet, hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt Soral per Strafbefehl am Montag für schuldig befunden und verurteilt. Neben der Gefängnisstrafe müsse er zusätzlich eine Geldstrafe von 1.500 Franken zahlen sowie die Verfahrenskosten in Höhe von 1.950 Franken übernehmen, heisst es.
Es geht um Äusserungen, die Soral im Sommer 2021 in einem Video auf seiner Website Egalité et Réconciliation («E&R») gemacht hatte. In dem Video regte er sich über die offen homosexuelle Journalistin Cathy Macherel und deren Artikel über ihn in den Tageszeitungen 24 heures und La Tribune de Genève auf. Er bezeichnete Macherel u. a. als «fette Lesbe». Den Begriff «queer» setzte er im Video mit «gestört» gleich.
In der Schweiz stehen nach einer Volksabstimmung von 2020 Hass auf homo- und bisexuelle Menschen und ihre Diskriminierung unter Strafe (MANNSCHAFT berichtete). Jetzt wurde der entsprechende neue Gesetzesparagraf angewandt und erstmals eine Haftstrafe verhängt.
Angriffe auf Journalist*innen Der Schweizer Journalist*innen Verband begrüsst das Urteil. In einer Stellungnahme heisst es: «Es ist in der Tat nicht hinnehmbar, dass Journalist*innen bei der Ausübung ihres Berufs solchen beleidigenden und unzulässigen Äusserungen ausgesetzt sind. Diese Angriffe auf Journalist*innen müssen von den Gerichten scharf verurteilt werden. Mit diesem Urteil setzt die Waadtländer Justiz ein klares Zeichen gegen Hass, Intoleranz und gegen Straflosigkeit bei Angriffen auf Journalist*innen.»
Auch Pink Cross, die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) sowie Vogay und Lilith äusserten sich am Mittwoch. In einer gemeinsamen Pressemitteilung schreiben sie: «Im Oktober 2021 zeigten die LGBTQ-Organisationen LOS, Pink Cross, Vogay und Lilith den Polemiker Alain Soral wegen Verstosses gegen die erweiterte Antidiskriminierungs-Strafnorm (Art. 261bis StGB) an. Er hatte in einem Video, das auf mehreren Kanälen verbreitet wurden, die Journalistin Cathy Macherel übel beleidigt und öffentlich homofeindlichen Hass geschürt.»
Und weiter: «Die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt hat nun über den Fall entschieden und das Urteil ist eindeutig: Alain Soral wird der Verleumdung und der Verbreitung von homofeindlichem Hass für schuldig befunden und zu drei Monaten Gefängnis ohne Bewährung sowie einer Geldstrafe verurteilt. Die beteiligten Organisationen begrüssen diese Entscheidung, die einen grossen Sieg im Kampf gegen Homofeindlichkeit in der Schweiz darstellt!»
Homofeindiche Hetze anzuprangern «Hass gegen queere Menschen hat in der Schweiz keinen Platz mehr, weder im Internet noch in den Medien. Diese Verurteilung wird auch anderen queeren Menschen helfen, homofeindiche Hetze anzuprangern», betont Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross.
Emmanuelle Anex der Lausanner LGBTIQ-Organisation Vogay ergänzt: «Ich bin erleichtert, dass wir uns mit diesem neuen Gesetz endlich gegen Hassreden wehren können. Doch es stellt sich erneut die Frage, ob dieses Gesetz nicht auch auf den Schutz von trans Personen ausgeweitet werden müsste.»
Gegen die Entscheidung kann Alain Soral innerhalb von zehn Tagen Einspruch einlegen.
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