Festakt zum 50. Jubiläum von Deutschlands erster LGBTIQ-Demo
Am 29. April 1972 gingen in Münster erstmals in der Bundesrepublik Deutschland Homosexuelle auf die Strasse und protestierten
Es ist ein besonderes Jubiläum: Vor 50 Jahren gingen in Münster erstmals in der Geschichte der BRD homosexuelle Menschen auf die Strasse, um auf ihre gesellschaftliche Ächtung und rechtliche Diskriminierung aufmerksam zu machen.
Am kommenden Wochenende veranstaltet deshalb Münsters LGBTIQ-Community ein Jubiläumswochenende, um offiziell an «Deutschlands erste Homosexuellendemonstration» zu erinnern. Die LGBTIQ-Vereine und Organisationen in der Stadt begehen am 29.4. im historischen Rathaus der Stadt einen Festakt für geladene Gäste. Das Event wird live gestreamt.
«Mit dem Jubiläumsfestakt möchten wir das Engagement der Lesben, Schwulen, bi und trans* Menschen aus der Anfangszeit würdigen», heisst es in einer Pressemitteilung. «Durch ihren Mut haben diese Menschen dazu beigetragen, dass es heute rechtliche Verbesserungen gibt, mehr Akzeptanz und eine facettenreiche queere Community.» (MANNSCHAFT berichtete über das Jubiläum.)
Das Grusswort wird vom wahlkämpfenden NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gesprochen, ein weiteres von der Bürgermeisterin der Stadt Münster, Angela Stähler (ebenfalls CDU).
Am Samstag findet dann ein «queer-geschichtlicher Erinnerungsgang» statt unter dem Titel «Raus aus den Löchern!». Es ist ein Spruch, den Anne Henscheid 1972 auf einem Banner trug. Beim Erinnerungsgang wird die damalige Demoroute nachgelaufen, und es besteht die Möglichkeit «miteinander ins Gespräch zu kommen». Treffpunkt ist vorm Schloss in Münster um 12 Uhr.
Es gibt auch weitere Events, die sich bis in den Mai hineinstrecken.
Auf die Besonderheit der ersten Demo Homosexueller in der BRD ging 2015 auch die Ausstellung «Homosexualität_en» ein, die das Schwule Museum zusammen mit dem Deutschen Historischen Museum in Berlin zeigte. Um die Bedeutung von Münster als zentralem LGBTIQ-Erinnerungsort zu betonen, wanderte die Ausstellung anschliessend weiter nach Münster – und sorgte dort für Schlagzeilen, weil die Deutsche Bahn sich anfangs weigerte, das Ausstellungsplakat (auf dem man den*die kanadische Künstler*in Cassils sieht) auf DB-Werbeflächen aufzuhängen, die das LWL-Museum regulär gebucht hatte. (MANNSCHAFT berichtete darüber, dass auch Facebook das Schwule Museum wegen eines Fotos vorübergehend sperrte.)
In einer Pressemitteilung hiess es damals, das Ausstellungsplakat «spielt mit Uneindeutigkeiten und reflektiert den Ausstellungstitel, der mit dem Unterstrich – auch Gender Gap genannt – auf die Pluralität von geschlechtlichen Identitäten anspielt. Das Motiv zitiert eine aus der Werbung bekannte Ästhetik und zeigt einen durch wochenlanges Krafttraining gestählten Körper. Auf den zweiten Blick entspricht er jedoch keinesfalls den ästhetischen Idealen von Werbung, er durchkreuzt vielmehr alle Normen.» Die Deutsche Bahn lenkte schlussendlich ein und entschuldigte sich nach gewalitgem Medienrummel für das Missverständnis.
Auf der Demo von 1972 konnte man u. a. Plakate und Banner sehen, auf denen zu lesen war: «Brüder und Schwestern, warm oder nicht, Kapitalismus bekämpfen ist unsere Pflicht!» Ein Satz, dem sich auch 50 Jahre später viele heutige radikalere Queeraktivist*innen verschrieben haben. Die entsprechende Fotos von der Demo damals waren in der «Homosexualität_en»-Ausstellung zu sehen und sich auch Teil des nach wie vor erhältlichen Katalogs.
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